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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band.

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Zinsen der Kammerschulden pünktlich aus der Landescreditkafse gezahlt und
später, vom März 1812 ab, leistete der Tod der Mutter des Herzogs durch
Vacantwerden ihrer Appanage von 10,000 Thlr. den Finanzbemühungen der
Stände nach weitern Vorschub. Aber eine gründliche Heilung konnte freilich
nicht beginnen, solange der stets neue Krankheitsstoff nicht beseitigt wurde,
der aus dem Mißverhältniß zwischen der Höhe der Civilliste und dem stets
sinkenden Ertrage der Domänen, aus der zunehmenden Uneinziehbarkeit der
Steuern, aus dem hartnäckigen Festhalten des Herzogs an seinen Liebhabereien
und vermeintlichen Rechten sich stets vermehrte. Außerdem kamen im Laufe
der Zeit noch bedeutende Posten älterer Schulden, an welche Niemand gedacht,
Z- B. in der Baukasse 40 bis 80.000 Thlr.. zum Vorschein! Und bald genug
war ein neuer, merkwürdiger Streit zwischen dem Herzog und den Ständen
entbrannt.

Statt einer Quelle des Friedens war nämlich der Vertrag des Herzogs
mit den Ständen durch Dabelow's kühne Auslegungskünste eine unerschöpfliche
Quelle des Streites geworden. Bald sollte die Staatskasse Bauten auf den Re¬
servaten des Herzogs ausführen, bald bestand der Herzog darauf, daß bei Neuver¬
pachtung von Domänen, nach Ansicht der Stände gegen seinVersprechen,
große Getreidedeputate ausbedungen wurden, die nicht die Kasse des Staats,
sondern den Kornboden des Herzogs füllten, dann wieder verweigerte der
Herzog die versprochenen Holzschläge, und alle Bitten und Protestationen
der Stände erlangten nur den Bescheid, man solle den Herzog bei seinen
Gerichten verklagen. Durch Alles dieses wurde aber die durch Verarmung
einer Anzahl von Domänenpächtern ohnehin bedrängte Kasse, nicht in den
Zustand versetzt, der für die monatlichen, pünktlich für den 20. jedes Monats
befohlenen Raten der Civilliste wünschenswert!) war. Da schrieb Dabelow
im Auftrage des Herzogs am 10. April 1812:

-- "Meine Herren Präsident und Stände! Die Generalkasse ist in so
schlechten Umständen, daß sie für den Monat März den Etat Lsreriissmü
nicht ganz hat auszahlen können, sondern darauf noch 1100 Thlr. rückständig sind.
Es nahet der 20. dieses Monats heran und es ist abzusehen, daß sie überall
nicht wird Mestaväg, prästiren können. An die Auszahlung der Gehalte ist
gar nicht zu denken, sowie an die übrigen Leistungen, die der Landesetat be¬
sagt. Ich fordere Sie demnach auf, da Sie die Verpflichtung übernommen
haben, diese Etats zu erfüllen, Anstalten zu treffen, daß Geld in die Kassen
kommt, entweder durch Anleihe^ oder wie Sie es sonst möglich zu machen
gedenken. Ich habe Befehl, Ihnen so lange Erecutionzu
geben, bis Sie Ihre Verpflichtungen erfüllen, und
diese Execution mit jedem dritten Tage zu verdop¬
peln. Ich versichere Ihnen meine vorzüglichste Hochachtung."


Zinsen der Kammerschulden pünktlich aus der Landescreditkafse gezahlt und
später, vom März 1812 ab, leistete der Tod der Mutter des Herzogs durch
Vacantwerden ihrer Appanage von 10,000 Thlr. den Finanzbemühungen der
Stände nach weitern Vorschub. Aber eine gründliche Heilung konnte freilich
nicht beginnen, solange der stets neue Krankheitsstoff nicht beseitigt wurde,
der aus dem Mißverhältniß zwischen der Höhe der Civilliste und dem stets
sinkenden Ertrage der Domänen, aus der zunehmenden Uneinziehbarkeit der
Steuern, aus dem hartnäckigen Festhalten des Herzogs an seinen Liebhabereien
und vermeintlichen Rechten sich stets vermehrte. Außerdem kamen im Laufe
der Zeit noch bedeutende Posten älterer Schulden, an welche Niemand gedacht,
Z- B. in der Baukasse 40 bis 80.000 Thlr.. zum Vorschein! Und bald genug
war ein neuer, merkwürdiger Streit zwischen dem Herzog und den Ständen
entbrannt.

Statt einer Quelle des Friedens war nämlich der Vertrag des Herzogs
mit den Ständen durch Dabelow's kühne Auslegungskünste eine unerschöpfliche
Quelle des Streites geworden. Bald sollte die Staatskasse Bauten auf den Re¬
servaten des Herzogs ausführen, bald bestand der Herzog darauf, daß bei Neuver¬
pachtung von Domänen, nach Ansicht der Stände gegen seinVersprechen,
große Getreidedeputate ausbedungen wurden, die nicht die Kasse des Staats,
sondern den Kornboden des Herzogs füllten, dann wieder verweigerte der
Herzog die versprochenen Holzschläge, und alle Bitten und Protestationen
der Stände erlangten nur den Bescheid, man solle den Herzog bei seinen
Gerichten verklagen. Durch Alles dieses wurde aber die durch Verarmung
einer Anzahl von Domänenpächtern ohnehin bedrängte Kasse, nicht in den
Zustand versetzt, der für die monatlichen, pünktlich für den 20. jedes Monats
befohlenen Raten der Civilliste wünschenswert!) war. Da schrieb Dabelow
im Auftrage des Herzogs am 10. April 1812:

— „Meine Herren Präsident und Stände! Die Generalkasse ist in so
schlechten Umständen, daß sie für den Monat März den Etat Lsreriissmü
nicht ganz hat auszahlen können, sondern darauf noch 1100 Thlr. rückständig sind.
Es nahet der 20. dieses Monats heran und es ist abzusehen, daß sie überall
nicht wird Mestaväg, prästiren können. An die Auszahlung der Gehalte ist
gar nicht zu denken, sowie an die übrigen Leistungen, die der Landesetat be¬
sagt. Ich fordere Sie demnach auf, da Sie die Verpflichtung übernommen
haben, diese Etats zu erfüllen, Anstalten zu treffen, daß Geld in die Kassen
kommt, entweder durch Anleihe^ oder wie Sie es sonst möglich zu machen
gedenken. Ich habe Befehl, Ihnen so lange Erecutionzu
geben, bis Sie Ihre Verpflichtungen erfüllen, und
diese Execution mit jedem dritten Tage zu verdop¬
peln. Ich versichere Ihnen meine vorzüglichste Hochachtung."


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[0389] Zinsen der Kammerschulden pünktlich aus der Landescreditkafse gezahlt und später, vom März 1812 ab, leistete der Tod der Mutter des Herzogs durch Vacantwerden ihrer Appanage von 10,000 Thlr. den Finanzbemühungen der Stände nach weitern Vorschub. Aber eine gründliche Heilung konnte freilich nicht beginnen, solange der stets neue Krankheitsstoff nicht beseitigt wurde, der aus dem Mißverhältniß zwischen der Höhe der Civilliste und dem stets sinkenden Ertrage der Domänen, aus der zunehmenden Uneinziehbarkeit der Steuern, aus dem hartnäckigen Festhalten des Herzogs an seinen Liebhabereien und vermeintlichen Rechten sich stets vermehrte. Außerdem kamen im Laufe der Zeit noch bedeutende Posten älterer Schulden, an welche Niemand gedacht, Z- B. in der Baukasse 40 bis 80.000 Thlr.. zum Vorschein! Und bald genug war ein neuer, merkwürdiger Streit zwischen dem Herzog und den Ständen entbrannt. Statt einer Quelle des Friedens war nämlich der Vertrag des Herzogs mit den Ständen durch Dabelow's kühne Auslegungskünste eine unerschöpfliche Quelle des Streites geworden. Bald sollte die Staatskasse Bauten auf den Re¬ servaten des Herzogs ausführen, bald bestand der Herzog darauf, daß bei Neuver¬ pachtung von Domänen, nach Ansicht der Stände gegen seinVersprechen, große Getreidedeputate ausbedungen wurden, die nicht die Kasse des Staats, sondern den Kornboden des Herzogs füllten, dann wieder verweigerte der Herzog die versprochenen Holzschläge, und alle Bitten und Protestationen der Stände erlangten nur den Bescheid, man solle den Herzog bei seinen Gerichten verklagen. Durch Alles dieses wurde aber die durch Verarmung einer Anzahl von Domänenpächtern ohnehin bedrängte Kasse, nicht in den Zustand versetzt, der für die monatlichen, pünktlich für den 20. jedes Monats befohlenen Raten der Civilliste wünschenswert!) war. Da schrieb Dabelow im Auftrage des Herzogs am 10. April 1812: — „Meine Herren Präsident und Stände! Die Generalkasse ist in so schlechten Umständen, daß sie für den Monat März den Etat Lsreriissmü nicht ganz hat auszahlen können, sondern darauf noch 1100 Thlr. rückständig sind. Es nahet der 20. dieses Monats heran und es ist abzusehen, daß sie überall nicht wird Mestaväg, prästiren können. An die Auszahlung der Gehalte ist gar nicht zu denken, sowie an die übrigen Leistungen, die der Landesetat be¬ sagt. Ich fordere Sie demnach auf, da Sie die Verpflichtung übernommen haben, diese Etats zu erfüllen, Anstalten zu treffen, daß Geld in die Kassen kommt, entweder durch Anleihe^ oder wie Sie es sonst möglich zu machen gedenken. Ich habe Befehl, Ihnen so lange Erecutionzu geben, bis Sie Ihre Verpflichtungen erfüllen, und diese Execution mit jedem dritten Tage zu verdop¬ peln. Ich versichere Ihnen meine vorzüglichste Hochachtung."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_128991/389>, abgerufen am 24.08.2024.