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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band.

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Ackerbau und dem Gewerbe beschäftigten Subjecte" führen soll. Die Mit¬
glieder des eonseü's werden -- wie könnte man das anders erwarten! -- vom
Staatsminister gewählt und vom Herzoge bestätigt, auch können sie nur vom
Staatsminister zusammenberufen und in ihren Versammlungen geleitet wer¬
den, endlich ist die Mitgliedschaft auch nur ein bloßer Ehrenposten, aber er
ist nach dem Gesetze "einer der geachtetsten im Staate," und es sollen die¬
jenigen besonders ausgezeichnet werden, welche in diesem Conseil der Regierung
mit nützlichen Erfindungen und Rathschlägen an die Hand gehen.

Die Staatszeitung theilt mit, daß am 30. November 1811 die erste
Sitzung stattgefunden, und in dieser der General-Notar Bramigk eine "schöne
Abhandlung über die Mittel, dem gesunkenen Wohlstand der Residenz auf¬
zuhelfen", vorgelesen hat. Künftig soll sich nach dieser officiösen, sehr be¬
glückten, Mittheilung das ganze eonsoil jeden Montag nach dem Ersten des
Monats, und jede Section der Reihe nach Freitags zu einer Session ver¬
sammeln.

Die beabsichtigte Einrichtung einer hohen Schule in Cöthen unterblieb,
weil die Stände erklärten, daß die Mittel dazu nicht zu beschaffen seien.




Wie sich in Frankreich der Staat zur Kirche stellt.

Seitdem Deutschland den großen Kampf gegen Rom aufgenommen hat,
führt Frankreich den Reigen derer, die unsere schwarzen Feinde mit Verwün¬
schungen und Verleumdungen gegen uns unterstützen. Wir sagen Frankreich,
weil zweifellos die Mehrheit des französischen Volkes und der französischen Presse
der Kurie im Kampfe gegen uns beisteht. Keineswegs bloß im Lager der
weißen Fahne der Bourbons oder in den Bureaux der Veuillots zählt das
Papstthum in seinem Kampfe gegen Deutschland seine französischen Bundes¬
genossen. Deutlich klingt aus dieser fast einmüthigen Feindseligkeit und
Bosheit der französischen Presse und Parteien gegen Deutschland der alte
gallische Hochmuth, der uns überhaupt das Recht bestreitet, die Verhältnisse
unseres Staates zur römischen Kirche nach den Bedürfnissen unserer Nation
einzurichten, und einen eigenen Willen zu haben. Diesem albernen Gerede
gegenüber thut wirklich einmal noth, die Stellung, welche in Frankreich
der Staat zur Kirche einnimmt, einer Prüfung zu unterwerfen.

Ganz anders als Deutschland ist Frankreich durch seine Gesetzgebung
gegen die Uebergriffe Roms und gegen kirchliche Anmaßung überhaupt ge¬
schützt. Im Folgenden charakterisiren wir (nach Labarthe, voäes sxöeiaux
Seite 224 ff.) diese Defensivstellung, indem wir im Voraus bemerken, daß
sie in vielen Stücken Nachahmung zu verdienen scheint. Das Grundprincip


Ackerbau und dem Gewerbe beschäftigten Subjecte" führen soll. Die Mit¬
glieder des eonseü's werden — wie könnte man das anders erwarten! — vom
Staatsminister gewählt und vom Herzoge bestätigt, auch können sie nur vom
Staatsminister zusammenberufen und in ihren Versammlungen geleitet wer¬
den, endlich ist die Mitgliedschaft auch nur ein bloßer Ehrenposten, aber er
ist nach dem Gesetze „einer der geachtetsten im Staate," und es sollen die¬
jenigen besonders ausgezeichnet werden, welche in diesem Conseil der Regierung
mit nützlichen Erfindungen und Rathschlägen an die Hand gehen.

Die Staatszeitung theilt mit, daß am 30. November 1811 die erste
Sitzung stattgefunden, und in dieser der General-Notar Bramigk eine „schöne
Abhandlung über die Mittel, dem gesunkenen Wohlstand der Residenz auf¬
zuhelfen", vorgelesen hat. Künftig soll sich nach dieser officiösen, sehr be¬
glückten, Mittheilung das ganze eonsoil jeden Montag nach dem Ersten des
Monats, und jede Section der Reihe nach Freitags zu einer Session ver¬
sammeln.

Die beabsichtigte Einrichtung einer hohen Schule in Cöthen unterblieb,
weil die Stände erklärten, daß die Mittel dazu nicht zu beschaffen seien.




Wie sich in Frankreich der Staat zur Kirche stellt.

Seitdem Deutschland den großen Kampf gegen Rom aufgenommen hat,
führt Frankreich den Reigen derer, die unsere schwarzen Feinde mit Verwün¬
schungen und Verleumdungen gegen uns unterstützen. Wir sagen Frankreich,
weil zweifellos die Mehrheit des französischen Volkes und der französischen Presse
der Kurie im Kampfe gegen uns beisteht. Keineswegs bloß im Lager der
weißen Fahne der Bourbons oder in den Bureaux der Veuillots zählt das
Papstthum in seinem Kampfe gegen Deutschland seine französischen Bundes¬
genossen. Deutlich klingt aus dieser fast einmüthigen Feindseligkeit und
Bosheit der französischen Presse und Parteien gegen Deutschland der alte
gallische Hochmuth, der uns überhaupt das Recht bestreitet, die Verhältnisse
unseres Staates zur römischen Kirche nach den Bedürfnissen unserer Nation
einzurichten, und einen eigenen Willen zu haben. Diesem albernen Gerede
gegenüber thut wirklich einmal noth, die Stellung, welche in Frankreich
der Staat zur Kirche einnimmt, einer Prüfung zu unterwerfen.

Ganz anders als Deutschland ist Frankreich durch seine Gesetzgebung
gegen die Uebergriffe Roms und gegen kirchliche Anmaßung überhaupt ge¬
schützt. Im Folgenden charakterisiren wir (nach Labarthe, voäes sxöeiaux
Seite 224 ff.) diese Defensivstellung, indem wir im Voraus bemerken, daß
sie in vielen Stücken Nachahmung zu verdienen scheint. Das Grundprincip


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[0356] Ackerbau und dem Gewerbe beschäftigten Subjecte" führen soll. Die Mit¬ glieder des eonseü's werden — wie könnte man das anders erwarten! — vom Staatsminister gewählt und vom Herzoge bestätigt, auch können sie nur vom Staatsminister zusammenberufen und in ihren Versammlungen geleitet wer¬ den, endlich ist die Mitgliedschaft auch nur ein bloßer Ehrenposten, aber er ist nach dem Gesetze „einer der geachtetsten im Staate," und es sollen die¬ jenigen besonders ausgezeichnet werden, welche in diesem Conseil der Regierung mit nützlichen Erfindungen und Rathschlägen an die Hand gehen. Die Staatszeitung theilt mit, daß am 30. November 1811 die erste Sitzung stattgefunden, und in dieser der General-Notar Bramigk eine „schöne Abhandlung über die Mittel, dem gesunkenen Wohlstand der Residenz auf¬ zuhelfen", vorgelesen hat. Künftig soll sich nach dieser officiösen, sehr be¬ glückten, Mittheilung das ganze eonsoil jeden Montag nach dem Ersten des Monats, und jede Section der Reihe nach Freitags zu einer Session ver¬ sammeln. Die beabsichtigte Einrichtung einer hohen Schule in Cöthen unterblieb, weil die Stände erklärten, daß die Mittel dazu nicht zu beschaffen seien. Wie sich in Frankreich der Staat zur Kirche stellt. Seitdem Deutschland den großen Kampf gegen Rom aufgenommen hat, führt Frankreich den Reigen derer, die unsere schwarzen Feinde mit Verwün¬ schungen und Verleumdungen gegen uns unterstützen. Wir sagen Frankreich, weil zweifellos die Mehrheit des französischen Volkes und der französischen Presse der Kurie im Kampfe gegen uns beisteht. Keineswegs bloß im Lager der weißen Fahne der Bourbons oder in den Bureaux der Veuillots zählt das Papstthum in seinem Kampfe gegen Deutschland seine französischen Bundes¬ genossen. Deutlich klingt aus dieser fast einmüthigen Feindseligkeit und Bosheit der französischen Presse und Parteien gegen Deutschland der alte gallische Hochmuth, der uns überhaupt das Recht bestreitet, die Verhältnisse unseres Staates zur römischen Kirche nach den Bedürfnissen unserer Nation einzurichten, und einen eigenen Willen zu haben. Diesem albernen Gerede gegenüber thut wirklich einmal noth, die Stellung, welche in Frankreich der Staat zur Kirche einnimmt, einer Prüfung zu unterwerfen. Ganz anders als Deutschland ist Frankreich durch seine Gesetzgebung gegen die Uebergriffe Roms und gegen kirchliche Anmaßung überhaupt ge¬ schützt. Im Folgenden charakterisiren wir (nach Labarthe, voäes sxöeiaux Seite 224 ff.) diese Defensivstellung, indem wir im Voraus bemerken, daß sie in vielen Stücken Nachahmung zu verdienen scheint. Das Grundprincip

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_128991/356>, abgerufen am 24.08.2024.