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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.

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des römischen Postens damals geeignet gewesen ist. In politischen Aufgaben
war er niemals etwas anderes als ein geistreicher Dilettant.

Für die gesellschaftliche Seite der römischen Stellung, auch daran lassen
die hier vorliegenden Mittheilungen uns wenigstens keinen Zweifel, war er
wie geschaffen, vielleicht passender als irgend ein Anderer, der dazu hätte ge¬
wählt werden können. Seine wissenschaftlichen und künstlerischen Ver¬
dienste um die Deutschen in Rom verdienen das allerunumwundenste Lob.
Viele seiner Zeitgenossen hat er sich dadurch zu Dank verpflichtet und vielen
Dank mit Recht dafür von von Vielen geerntet. Wie schade, daß gerade
damals von dem römischen Gesandten neben gesellschaftlicher Eleganz und
wissenschaftlichen Interessen auch noch staatsmännisches Talent erfordert wurde!


N.


Frankreich und die allgemeine Wehrpflicht
von
Max Jähns.
XI.

Werfen wir einen Blick auf die inneren Verhältnisse des fran¬
zösischen Heerwesens nach Erlaß des Januardecrets von 1801.

Nach der Zählung von 1862 hatte Frankreich 37,400,000 Einwohner,
von denen jährlich 320,000 Jünglinge das dienstpflichtige Alter von 20 Jahren
erreichten. Der Dienst wurde vom 1. Januar an gerechnet, doch berief man
die Heerespflichtigen gewöhnlich erst im Mai zum Aushebungs-Depot, um
körperlich untersucht zu werden. Hierbei ergab sich durchschnittlich ein
Drittel als unbrauchbar. Ein erschreckendes Resultat! -- "Stellen wir
uns vor", sagt A. Consul"), "daß wir zu einem volkstümlichen Feste wie
die des alten Griechenland berufen seien; es ist das Fest der französischen
Jugend. Der Frühling des Vaterlandes soll sich entfalten, so sagte man zu
Athen. Alle Jünglinge, welche Männer geworden, 326,000, ziehen vorüber.
Da kommen als Vorhut zuerst die, welche unter dem militärischen Maaß
geblieben sind; man zählt ihrer 18,100; die zweite Gruppe, die der Brust¬
kranker, umfaßt mit denen, die an allgemeiner Körperschwäche leiden, fast
eine Armee: 30,300 Mann. Dann kommen Verkrüppelte, Blinde, Taube,



') Revue clss veux Nonöes, 18V5.

des römischen Postens damals geeignet gewesen ist. In politischen Aufgaben
war er niemals etwas anderes als ein geistreicher Dilettant.

Für die gesellschaftliche Seite der römischen Stellung, auch daran lassen
die hier vorliegenden Mittheilungen uns wenigstens keinen Zweifel, war er
wie geschaffen, vielleicht passender als irgend ein Anderer, der dazu hätte ge¬
wählt werden können. Seine wissenschaftlichen und künstlerischen Ver¬
dienste um die Deutschen in Rom verdienen das allerunumwundenste Lob.
Viele seiner Zeitgenossen hat er sich dadurch zu Dank verpflichtet und vielen
Dank mit Recht dafür von von Vielen geerntet. Wie schade, daß gerade
damals von dem römischen Gesandten neben gesellschaftlicher Eleganz und
wissenschaftlichen Interessen auch noch staatsmännisches Talent erfordert wurde!


N.


Frankreich und die allgemeine Wehrpflicht
von
Max Jähns.
XI.

Werfen wir einen Blick auf die inneren Verhältnisse des fran¬
zösischen Heerwesens nach Erlaß des Januardecrets von 1801.

Nach der Zählung von 1862 hatte Frankreich 37,400,000 Einwohner,
von denen jährlich 320,000 Jünglinge das dienstpflichtige Alter von 20 Jahren
erreichten. Der Dienst wurde vom 1. Januar an gerechnet, doch berief man
die Heerespflichtigen gewöhnlich erst im Mai zum Aushebungs-Depot, um
körperlich untersucht zu werden. Hierbei ergab sich durchschnittlich ein
Drittel als unbrauchbar. Ein erschreckendes Resultat! — „Stellen wir
uns vor", sagt A. Consul"), „daß wir zu einem volkstümlichen Feste wie
die des alten Griechenland berufen seien; es ist das Fest der französischen
Jugend. Der Frühling des Vaterlandes soll sich entfalten, so sagte man zu
Athen. Alle Jünglinge, welche Männer geworden, 326,000, ziehen vorüber.
Da kommen als Vorhut zuerst die, welche unter dem militärischen Maaß
geblieben sind; man zählt ihrer 18,100; die zweite Gruppe, die der Brust¬
kranker, umfaßt mit denen, die an allgemeiner Körperschwäche leiden, fast
eine Armee: 30,300 Mann. Dann kommen Verkrüppelte, Blinde, Taube,



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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_128453/96>, abgerufen am 22.07.2024.