Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.Staatsmann, der politisch denkt und politisch handelt, ein einziger deutscher Das ist Moritz von Sachsen. Vergleicht man ihn mit seinen fürstlichen Berufsgenossen, so berührt So bewegt sein politisches Thun sich in jähem Wechsel. Auf realen Wer dagegen die politische Natur dieses Mannes betont, wer aus > ") Eine nähere Ausführung und Begründung dieses Vertrages findet sich lheils in meinem
Buche <Karl V. und die dentschen Protestanten is45 -1555. -- Düsseldorf 1865) theils in einer größeren Abhandlung "Zur Beurtheilung des Kurfürsten Moritz von Sachsen", welche in der Historischen Zeitschrift Bd. XX S. 271 -- 337 (18<i8) abge¬ druckt ist. Staatsmann, der politisch denkt und politisch handelt, ein einziger deutscher Das ist Moritz von Sachsen. Vergleicht man ihn mit seinen fürstlichen Berufsgenossen, so berührt So bewegt sein politisches Thun sich in jähem Wechsel. Auf realen Wer dagegen die politische Natur dieses Mannes betont, wer aus > ") Eine nähere Ausführung und Begründung dieses Vertrages findet sich lheils in meinem
Buche <Karl V. und die dentschen Protestanten is45 -1555. — Düsseldorf 1865) theils in einer größeren Abhandlung „Zur Beurtheilung des Kurfürsten Moritz von Sachsen", welche in der Historischen Zeitschrift Bd. XX S. 271 — 337 (18<i8) abge¬ druckt ist. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0452" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/128906"/> <p xml:id="ID_1456" prev="#ID_1455"> Staatsmann, der politisch denkt und politisch handelt, ein einziger deutscher<lb/> Landesfürst, der den großen Politikern seiner Zeit ebenbürtig ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1457"> Das ist Moritz von Sachsen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1458"> Vergleicht man ihn mit seinen fürstlichen Berufsgenossen, so berührt<lb/> seine Erscheinung wie ein fremdartiges Wesen. Er, ein Protestant, hat im<lb/> Kriege des katholischen Kaisers gegen die deutschen Protestanten auf der Seite<lb/> des Kaisers gestanden: er hat redlich dazu mitgeholfen dem Kaiser die<lb/> Protestanten unter die Füße zu werfen. Nachdem er seinen Lohn dafür weg¬<lb/> hatte, — die sächsische Kur — hat er eine Empörung der Protestanten gegen<lb/> Kaiser Karl eingeleitet, vorbereitet, durchgesetzt: ihm fast ausschließlich ist<lb/> die öffentliche Anerkennung des Protestantismus im Reiche, der Religionsfriede,<lb/> zu verdanken.</p><lb/> <p xml:id="ID_1459"> So bewegt sein politisches Thun sich in jähem Wechsel. Auf realen<lb/> Machterwerb hatte er immer sein Auge gerichtet, um politische Macht war<lb/> es ihm zu thun und fast scheint es, als ob ideale Interessen ihn wenig er¬<lb/> faßt hätten. Die religiösen Impulse der Reformationszeit haben auf ihn<lb/> wenig gewirkt. Theologische Streitfragen, die Lieblingsthemata seiner Zeit¬<lb/> genossen, sind ihm ziemlich gleichgiltig: kühl und nüchtern steht er den<lb/> kirchlichen Dingen gegenüber. So ist es gekommen, daß der Retter des<lb/> Protestantismus in Deutschland nicht einmal den Protestanten ein sehr warmes<lb/> Andenken hinterlassen: der erste „Verrath" wird ihm nicht vergessen, für die<lb/> spätere Errettung ist man ihm wider Willen dankbar. Grade sein Mangel<lb/> an persönlicher Wärme, das Deficit religiöser Begeisterung ist bei einem<lb/> Fürsten der Reformationszeit eine Sünde, für die man keine Verge¬<lb/> bung hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1460"> Wer dagegen die politische Natur dieses Mannes betont, wer aus<lb/> den Voraussetzungen der Lage, den Eigenschaften dieses Charakters die Politik<lb/> dieses Fürsten zu erklären unternimmt, kann sehr leicht in die Gefahr kommen,<lb/> für einen unbedingten Bewunderer einer sehr verrufenen Sache oder einen<lb/> Advocaten politischer Treulosigkeit und Selbstsucht angesehen zu werden.<lb/> Das ist die Klippe, an welcher der Historiker des Kurfürsten Moritz leicht<lb/> scheitern kann. Versuchen wir sie zu umgehen!*)</p><lb/> <p xml:id="ID_1461"> ><lb/> Es wird nöthig sein, die politische und territoriale Situation kurz zu<lb/> zeichnen, in welche Moritz als sächsischer Kleinfürst eingetreten ist.</p><lb/> <note xml:id="FID_180" place="foot"> ") Eine nähere Ausführung und Begründung dieses Vertrages findet sich lheils in meinem<lb/> Buche <Karl V. und die dentschen Protestanten is45 -1555. — Düsseldorf 1865)<lb/> theils in einer größeren Abhandlung „Zur Beurtheilung des Kurfürsten Moritz von<lb/> Sachsen", welche in der Historischen Zeitschrift Bd. XX S. 271 — 337 (18<i8) abge¬<lb/> druckt ist.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0452]
Staatsmann, der politisch denkt und politisch handelt, ein einziger deutscher
Landesfürst, der den großen Politikern seiner Zeit ebenbürtig ist.
Das ist Moritz von Sachsen.
Vergleicht man ihn mit seinen fürstlichen Berufsgenossen, so berührt
seine Erscheinung wie ein fremdartiges Wesen. Er, ein Protestant, hat im
Kriege des katholischen Kaisers gegen die deutschen Protestanten auf der Seite
des Kaisers gestanden: er hat redlich dazu mitgeholfen dem Kaiser die
Protestanten unter die Füße zu werfen. Nachdem er seinen Lohn dafür weg¬
hatte, — die sächsische Kur — hat er eine Empörung der Protestanten gegen
Kaiser Karl eingeleitet, vorbereitet, durchgesetzt: ihm fast ausschließlich ist
die öffentliche Anerkennung des Protestantismus im Reiche, der Religionsfriede,
zu verdanken.
So bewegt sein politisches Thun sich in jähem Wechsel. Auf realen
Machterwerb hatte er immer sein Auge gerichtet, um politische Macht war
es ihm zu thun und fast scheint es, als ob ideale Interessen ihn wenig er¬
faßt hätten. Die religiösen Impulse der Reformationszeit haben auf ihn
wenig gewirkt. Theologische Streitfragen, die Lieblingsthemata seiner Zeit¬
genossen, sind ihm ziemlich gleichgiltig: kühl und nüchtern steht er den
kirchlichen Dingen gegenüber. So ist es gekommen, daß der Retter des
Protestantismus in Deutschland nicht einmal den Protestanten ein sehr warmes
Andenken hinterlassen: der erste „Verrath" wird ihm nicht vergessen, für die
spätere Errettung ist man ihm wider Willen dankbar. Grade sein Mangel
an persönlicher Wärme, das Deficit religiöser Begeisterung ist bei einem
Fürsten der Reformationszeit eine Sünde, für die man keine Verge¬
bung hat.
Wer dagegen die politische Natur dieses Mannes betont, wer aus
den Voraussetzungen der Lage, den Eigenschaften dieses Charakters die Politik
dieses Fürsten zu erklären unternimmt, kann sehr leicht in die Gefahr kommen,
für einen unbedingten Bewunderer einer sehr verrufenen Sache oder einen
Advocaten politischer Treulosigkeit und Selbstsucht angesehen zu werden.
Das ist die Klippe, an welcher der Historiker des Kurfürsten Moritz leicht
scheitern kann. Versuchen wir sie zu umgehen!*)
>
Es wird nöthig sein, die politische und territoriale Situation kurz zu
zeichnen, in welche Moritz als sächsischer Kleinfürst eingetreten ist.
") Eine nähere Ausführung und Begründung dieses Vertrages findet sich lheils in meinem
Buche <Karl V. und die dentschen Protestanten is45 -1555. — Düsseldorf 1865)
theils in einer größeren Abhandlung „Zur Beurtheilung des Kurfürsten Moritz von
Sachsen", welche in der Historischen Zeitschrift Bd. XX S. 271 — 337 (18<i8) abge¬
druckt ist.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt). |