Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.was an dem kleinen Hofe einer gefallenen Dynastie vorgeht. Schwer läßt Auf dem Schlachtfelds von Waterloo. Wir hatten nun genug gesehen von den "?celles Davaiäks" im Theater was an dem kleinen Hofe einer gefallenen Dynastie vorgeht. Schwer läßt Auf dem Schlachtfelds von Waterloo. Wir hatten nun genug gesehen von den „?celles Davaiäks" im Theater <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0439" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/128893"/> <p xml:id="ID_1421" prev="#ID_1420"> was an dem kleinen Hofe einer gefallenen Dynastie vorgeht. Schwer läßt<lb/> sich eine menschliche Laufbahn vorstellen. die weniger Wohlgefallen und Be¬<lb/> friedigung erweckte, als die des Erben einer entthronten Familie, der fort¬<lb/> während Besucher empfängt, die mit denselben langweiligen und melancholischen<lb/> Schmeicheleien kommen. Wenn der gute Heinrich V. aber Herrn von Ville-<lb/> messant empfängt, so erfreut er sich der Abwechselung einer ganz eignen Sorte<lb/> von hofmännischer Denkart und Rede. Der Redacteur des „Figaro" betet<lb/> den Chef der Bourbonen an, aber er betet ihn mit ganz absonderlicher Frei¬<lb/> müthigkeit an. Er sagt z. B. dem Grafen geradeheraus, was für ein hübsches<lb/> Gesicht er hat, setzt aber sogleich hinzu, wäre er auch so häßlich wie Papa<lb/> Cre'mieux, so würde er, Villemessant, trotzdem seinen legitimistischen Grund¬<lb/> sätzen treu bleiben, und übrigens könne er seinen Henri Cinq mehr leiden<lb/> als er's eigentlich verdiene. Worauf Henri sogleich zu antworten pflegt:<lb/> „Geht mir mit Ihnen ebenso." In der That, kein amerikanischer Interviewer<lb/> h<note type="byline"> —- o —</note> at solche Offenheit bis jetzt überboten. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Auf dem Schlachtfelds von Waterloo.</head><lb/> <p xml:id="ID_1422" next="#ID_1423"> Wir hatten nun genug gesehen von den „?celles Davaiäks" im Theater<lb/> Alhambra, in denen die hochgeschürzten Ballerinen beim Tanzen als Augen¬<lb/> weide für den „süßen" Mob jedesmal durch Reflexstrahlen von bengalischen<lb/> und elektrischem Lichte in allen möglichen Regenbogenfarben colorire wurden,<lb/> wir hatten die Princesse de Trebizonde und den „Re'veillon" in dem Musen¬<lb/> tempel der prachtvollen Galme Se. Hubert, für welche jeder Brüsseler leiden¬<lb/> schaftlich eingenommen ist, ferner im M^aere alö ig, Nonnais die französisch<lb/> singende, aber deutsch fühlende Primadonna Fräulein Edelsberger bewundert,<lb/> wir hatten die Museen Brüssels, selbst Würtz's hypergeniale Compositionen<lb/> im grandiosen Style Ruben's gesehen, hatten täglich unsre Irrfahrten zwischen<lb/> dem Lake ach Rille Oolonnss, im Vergleich zu dem unsre deutschen vaUg<lb/> wahrhafte Troglodyten-Wohnsitze sind, und dem Oak6 an eorele getheilt,<lb/> dessen Name den guten Brüsseler Bürgern eine seltsame Beziehung zu dem<lb/> Preußischen Gesetze „sur les cercles" (Kreisordnung) zu haben schien, —<lb/> und wollten nun endlich „etwas Anderes" genießen, das einen wohl¬<lb/> thätigen Gegensatz zu alledem bildete, und geeignet war, unser ästhetisches<lb/> Gleichgewicht wieder herzustellen. Waterloo war die Parole. Freilich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0439]
was an dem kleinen Hofe einer gefallenen Dynastie vorgeht. Schwer läßt
sich eine menschliche Laufbahn vorstellen. die weniger Wohlgefallen und Be¬
friedigung erweckte, als die des Erben einer entthronten Familie, der fort¬
während Besucher empfängt, die mit denselben langweiligen und melancholischen
Schmeicheleien kommen. Wenn der gute Heinrich V. aber Herrn von Ville-
messant empfängt, so erfreut er sich der Abwechselung einer ganz eignen Sorte
von hofmännischer Denkart und Rede. Der Redacteur des „Figaro" betet
den Chef der Bourbonen an, aber er betet ihn mit ganz absonderlicher Frei¬
müthigkeit an. Er sagt z. B. dem Grafen geradeheraus, was für ein hübsches
Gesicht er hat, setzt aber sogleich hinzu, wäre er auch so häßlich wie Papa
Cre'mieux, so würde er, Villemessant, trotzdem seinen legitimistischen Grund¬
sätzen treu bleiben, und übrigens könne er seinen Henri Cinq mehr leiden
als er's eigentlich verdiene. Worauf Henri sogleich zu antworten pflegt:
„Geht mir mit Ihnen ebenso." In der That, kein amerikanischer Interviewer
h —- o — at solche Offenheit bis jetzt überboten.
Auf dem Schlachtfelds von Waterloo.
Wir hatten nun genug gesehen von den „?celles Davaiäks" im Theater
Alhambra, in denen die hochgeschürzten Ballerinen beim Tanzen als Augen¬
weide für den „süßen" Mob jedesmal durch Reflexstrahlen von bengalischen
und elektrischem Lichte in allen möglichen Regenbogenfarben colorire wurden,
wir hatten die Princesse de Trebizonde und den „Re'veillon" in dem Musen¬
tempel der prachtvollen Galme Se. Hubert, für welche jeder Brüsseler leiden¬
schaftlich eingenommen ist, ferner im M^aere alö ig, Nonnais die französisch
singende, aber deutsch fühlende Primadonna Fräulein Edelsberger bewundert,
wir hatten die Museen Brüssels, selbst Würtz's hypergeniale Compositionen
im grandiosen Style Ruben's gesehen, hatten täglich unsre Irrfahrten zwischen
dem Lake ach Rille Oolonnss, im Vergleich zu dem unsre deutschen vaUg
wahrhafte Troglodyten-Wohnsitze sind, und dem Oak6 an eorele getheilt,
dessen Name den guten Brüsseler Bürgern eine seltsame Beziehung zu dem
Preußischen Gesetze „sur les cercles" (Kreisordnung) zu haben schien, —
und wollten nun endlich „etwas Anderes" genießen, das einen wohl¬
thätigen Gegensatz zu alledem bildete, und geeignet war, unser ästhetisches
Gleichgewicht wieder herzustellen. Waterloo war die Parole. Freilich
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