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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.

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solle. Das aber wirkt auf die öffentliche Meinung immer am schlimmsten.*)
Was den anderen Pater betraf, den fürstlichen Erzieher, so rief dieser vollends
die Intervention des Kaisers von Oestreich an, der als Vormund seiner Zög¬
linge fungirt, und wenn auch Niemand die Dinge kennt, die etwa hinter den
Coulissen vorgingen, das Resultat ist jedenfalls, daß Pater Löffler noch heute
in Regensburg verweilt. Nach seinen eigenen etwas selbstbewußten Aeuße¬
rungen denkt er auch gar nicht daran, die Stadt zu verlassen, das einzige
Zugestä'ndniß, das er der öffentlichen Meinung machte, bestand darin, daß er
die Kleidung der französischen Abbes annahm.

Auch den Altkatholiken blieb die Regierung Vieles schuldig. Der größere
Aufschwung, den die Bewegung seit dem Cölner Congreß genommen hatte,
die tiefen und indignirenden Eindrücke, welche die Fuldaer Denkschrift auch
in Baiern hinterließ, legten es nahe, daß die verschiedenen altkatholischen Ver¬
eine sich neuerlich mit ihren Angelegenheiten an den Minister wandten. Das
Gesuch, welches sie vorlegten, war der einfachsten Art und nur auf die eigenen
Versprechungen des Ministeriums gegründet; man wollte zunächst nichts, als
die Einräumung einer Kirche haben. Das erste Pelidna, das unter Bezug¬
nahme auf die Umgestaltung der Verhältnisse diese Gunst, (man dürfte rich¬
tiger sagen dies Recht) urgirte, ging von Straubing aus, indem das dortige
Nothlokal zu enge ward; allein die betreffende Beschwerde ward einfach abge¬
wiesen, man fand, die bisherige Räumlichkeit sei weit genug. Auch das Gesuch
des Münchner Comite's um endliche Ueberweisung der dem Staate gehörigen
Studien-Kirche, ist bereits in jenes bedenkliche Stadium des Todtschweigens
getreten, womit man die erste derartige Bitte unschädlich zu machen hoffte.

Dieser auffälligen und unklugen Vernachlässigung, womit die Regierung
einen Hebel bei Seite stößt, der ihr die allerwichtigsten Dienste leisten könnte,
steht wenigstens die wachsende Sympathie des Publikums gegenüber. Ohne
jede Demonstration, aber mit stetiger Zunahme wendet sich die Einsicht des
Volkes jenen kleinen mühsam-kämpfenden Gemeinden zu, und dieselben werden
noch an Ansehen gewinnen, je mehr die Demoralisation erkennbar wird, die
sich unter den Fittigen des Pfaffenthums versammelt hat.

In letzterer Hinsicht hat München allerdings ein Beispiel erlebt, das
bislang ohne Beispiel war, und dessen moralische Untiefen erst successive
ergründet werden. Der Leser weiß, welche Angelegenheit wir im Auge haben;
die äußeren biographischen Verhältnisse jener abenteuerlichen Person sind zur
Genüge bekannt geworden und die Sensation, die der Zusammenbruch ihres
Unternehmens hervorrief, fand einen Wiederhall weit über die deutschen
Grenzen. Auf diesen Theil der e-iuso ecMdi'k wollen wir hier nicht zurück-



Nach den neuesten Nachrichten hat das Ministerium die von den Unterinstanzen ver¬
D. Red. fügte Ausweisung des Grafen Fugger bestätigt.

solle. Das aber wirkt auf die öffentliche Meinung immer am schlimmsten.*)
Was den anderen Pater betraf, den fürstlichen Erzieher, so rief dieser vollends
die Intervention des Kaisers von Oestreich an, der als Vormund seiner Zög¬
linge fungirt, und wenn auch Niemand die Dinge kennt, die etwa hinter den
Coulissen vorgingen, das Resultat ist jedenfalls, daß Pater Löffler noch heute
in Regensburg verweilt. Nach seinen eigenen etwas selbstbewußten Aeuße¬
rungen denkt er auch gar nicht daran, die Stadt zu verlassen, das einzige
Zugestä'ndniß, das er der öffentlichen Meinung machte, bestand darin, daß er
die Kleidung der französischen Abbes annahm.

Auch den Altkatholiken blieb die Regierung Vieles schuldig. Der größere
Aufschwung, den die Bewegung seit dem Cölner Congreß genommen hatte,
die tiefen und indignirenden Eindrücke, welche die Fuldaer Denkschrift auch
in Baiern hinterließ, legten es nahe, daß die verschiedenen altkatholischen Ver¬
eine sich neuerlich mit ihren Angelegenheiten an den Minister wandten. Das
Gesuch, welches sie vorlegten, war der einfachsten Art und nur auf die eigenen
Versprechungen des Ministeriums gegründet; man wollte zunächst nichts, als
die Einräumung einer Kirche haben. Das erste Pelidna, das unter Bezug¬
nahme auf die Umgestaltung der Verhältnisse diese Gunst, (man dürfte rich¬
tiger sagen dies Recht) urgirte, ging von Straubing aus, indem das dortige
Nothlokal zu enge ward; allein die betreffende Beschwerde ward einfach abge¬
wiesen, man fand, die bisherige Räumlichkeit sei weit genug. Auch das Gesuch
des Münchner Comite's um endliche Ueberweisung der dem Staate gehörigen
Studien-Kirche, ist bereits in jenes bedenkliche Stadium des Todtschweigens
getreten, womit man die erste derartige Bitte unschädlich zu machen hoffte.

Dieser auffälligen und unklugen Vernachlässigung, womit die Regierung
einen Hebel bei Seite stößt, der ihr die allerwichtigsten Dienste leisten könnte,
steht wenigstens die wachsende Sympathie des Publikums gegenüber. Ohne
jede Demonstration, aber mit stetiger Zunahme wendet sich die Einsicht des
Volkes jenen kleinen mühsam-kämpfenden Gemeinden zu, und dieselben werden
noch an Ansehen gewinnen, je mehr die Demoralisation erkennbar wird, die
sich unter den Fittigen des Pfaffenthums versammelt hat.

In letzterer Hinsicht hat München allerdings ein Beispiel erlebt, das
bislang ohne Beispiel war, und dessen moralische Untiefen erst successive
ergründet werden. Der Leser weiß, welche Angelegenheit wir im Auge haben;
die äußeren biographischen Verhältnisse jener abenteuerlichen Person sind zur
Genüge bekannt geworden und die Sensation, die der Zusammenbruch ihres
Unternehmens hervorrief, fand einen Wiederhall weit über die deutschen
Grenzen. Auf diesen Theil der e-iuso ecMdi'k wollen wir hier nicht zurück-



Nach den neuesten Nachrichten hat das Ministerium die von den Unterinstanzen ver¬
D. Red. fügte Ausweisung des Grafen Fugger bestätigt.
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[0399] solle. Das aber wirkt auf die öffentliche Meinung immer am schlimmsten.*) Was den anderen Pater betraf, den fürstlichen Erzieher, so rief dieser vollends die Intervention des Kaisers von Oestreich an, der als Vormund seiner Zög¬ linge fungirt, und wenn auch Niemand die Dinge kennt, die etwa hinter den Coulissen vorgingen, das Resultat ist jedenfalls, daß Pater Löffler noch heute in Regensburg verweilt. Nach seinen eigenen etwas selbstbewußten Aeuße¬ rungen denkt er auch gar nicht daran, die Stadt zu verlassen, das einzige Zugestä'ndniß, das er der öffentlichen Meinung machte, bestand darin, daß er die Kleidung der französischen Abbes annahm. Auch den Altkatholiken blieb die Regierung Vieles schuldig. Der größere Aufschwung, den die Bewegung seit dem Cölner Congreß genommen hatte, die tiefen und indignirenden Eindrücke, welche die Fuldaer Denkschrift auch in Baiern hinterließ, legten es nahe, daß die verschiedenen altkatholischen Ver¬ eine sich neuerlich mit ihren Angelegenheiten an den Minister wandten. Das Gesuch, welches sie vorlegten, war der einfachsten Art und nur auf die eigenen Versprechungen des Ministeriums gegründet; man wollte zunächst nichts, als die Einräumung einer Kirche haben. Das erste Pelidna, das unter Bezug¬ nahme auf die Umgestaltung der Verhältnisse diese Gunst, (man dürfte rich¬ tiger sagen dies Recht) urgirte, ging von Straubing aus, indem das dortige Nothlokal zu enge ward; allein die betreffende Beschwerde ward einfach abge¬ wiesen, man fand, die bisherige Räumlichkeit sei weit genug. Auch das Gesuch des Münchner Comite's um endliche Ueberweisung der dem Staate gehörigen Studien-Kirche, ist bereits in jenes bedenkliche Stadium des Todtschweigens getreten, womit man die erste derartige Bitte unschädlich zu machen hoffte. Dieser auffälligen und unklugen Vernachlässigung, womit die Regierung einen Hebel bei Seite stößt, der ihr die allerwichtigsten Dienste leisten könnte, steht wenigstens die wachsende Sympathie des Publikums gegenüber. Ohne jede Demonstration, aber mit stetiger Zunahme wendet sich die Einsicht des Volkes jenen kleinen mühsam-kämpfenden Gemeinden zu, und dieselben werden noch an Ansehen gewinnen, je mehr die Demoralisation erkennbar wird, die sich unter den Fittigen des Pfaffenthums versammelt hat. In letzterer Hinsicht hat München allerdings ein Beispiel erlebt, das bislang ohne Beispiel war, und dessen moralische Untiefen erst successive ergründet werden. Der Leser weiß, welche Angelegenheit wir im Auge haben; die äußeren biographischen Verhältnisse jener abenteuerlichen Person sind zur Genüge bekannt geworden und die Sensation, die der Zusammenbruch ihres Unternehmens hervorrief, fand einen Wiederhall weit über die deutschen Grenzen. Auf diesen Theil der e-iuso ecMdi'k wollen wir hier nicht zurück- Nach den neuesten Nachrichten hat das Ministerium die von den Unterinstanzen ver¬ D. Red. fügte Ausweisung des Grafen Fugger bestätigt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_128453/399>, abgerufen am 02.07.2024.