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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.

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Delairours narisiens, die Oaralzinicirs xarisiens, die Lelaireurs ein; la Karclo
nationale, die Lavaliörs as 1a Kövudliqns u. a. in. Auch bei den Special-
waffen zeichneten sich mehrere und zwar tüchtige Frcmctireur-Corps aus, so:
Joch Latteriss l'Levis pol^tkelinic^no, Iss Lsrvants 6es NitraiUeuses und
bei dem Genie: 1a livFiou ass Volonwires und ig Lataillon ach Ninours
auxiliaires. Alle zusammen waren es wohl 15 bis 18 Tausend Mann. Als
Paris blockirt war, erschienen die Frcmctireurs des Fußvolks, welche sich speciell
dem Parteigängerkriege hatten widmen wollen, als solche überflüssig, und es
war im Kriegsrathe die Rede davon, die schon bestehenden Corps mit der
regulären Armee zu vereinen. Aber hierin, wie in andern Dingen, konnte
man sich nicht entscheiden. Man wagte nicht, diese Bataillone anzurühren,
weil sie hoch in der Gunst des Publicums standen, dessen Phantasie sie be¬
schäftigten, und weil sie durch ihren Eifer, der in der regelmäßigen Armee
rasch erkaltet wäre, Soldaten wie Mohne zur Nachahmung aufforderten. Man
ließ sie also bestehen, raubte ihnen aber die Initiative und zog sie so viel
als möglich in die Rahmen der projectirten Operationen hinein. Vielleicht
wäre es besser gewesen, ihre Neigung zu kühnen Handstreichen, bei welchen
es mehr auf Verwegenheit als auf Disciplin ankommt, zu fördern und aus¬
zubeuten.

Die Pariser Mobilgarden, welche nach den abscheulichen Ausschrei¬
tungen im Lager bei Chalons in die Hauptstadt zurückgeschickt worden waren,
wollten auch hier nicht gut thun. Sie machten Trochu sehr viel zu schaffen
und er überhäufte sie mit Proclamationen. Mannszucht und militärischer
Geist gingen ihnen völlig ab; sie waren nach Zufall in die neuernchteten
Cadres eingereiht und ihre Offiziere, meist reiche junge Leute aus guten Fa¬
milien, doch völlig unwissend in militärischen Dingen, hatten nicht den ge¬
ringsten militärischen Einfluß auf sie. Endlich schickte man sie auf die Forts
-- einen Ehrenposten, wie man ihnen, um die Pille zu verzuckern, sagte.
Aber auch dort setzten sie ihre gewohnte Unordnung fort. So wählten sie,
um nur ein Beispiel anzuführen, den einzigen Brunnen eines Forts, der gutes
Trinkwasser hatte, um in ihn das zu entleeren, was Moliere im "Arzt wider
Willen" den Ueberfluß des Getränkes nennt*). Gassenbubenstreiche, die im
Lager, dem Feinde gegenüber, Verbrechen sind.

Mehr Vertrauen flößten die Mobilen der Provinz ein. Es wären
das an 100,000 Mann: Leute aus der Bretagne, welche dem Rufe Trochu's,
ihres Landmannes, in großen Massen gefolgt waren, Bewohner von Berry,
der Franche-Comte', der Champagne, der Normandie und Pikardie, von Au-
vergne und von Burgund. Diese junge Mannschaft wußte zwar ebensowenig
vom militärischen Leben als die Pariser; aber auf ihren braven, kräftigen



") SarccY a. a. O.

Delairours narisiens, die Oaralzinicirs xarisiens, die Lelaireurs ein; la Karclo
nationale, die Lavaliörs as 1a Kövudliqns u. a. in. Auch bei den Special-
waffen zeichneten sich mehrere und zwar tüchtige Frcmctireur-Corps aus, so:
Joch Latteriss l'Levis pol^tkelinic^no, Iss Lsrvants 6es NitraiUeuses und
bei dem Genie: 1a livFiou ass Volonwires und ig Lataillon ach Ninours
auxiliaires. Alle zusammen waren es wohl 15 bis 18 Tausend Mann. Als
Paris blockirt war, erschienen die Frcmctireurs des Fußvolks, welche sich speciell
dem Parteigängerkriege hatten widmen wollen, als solche überflüssig, und es
war im Kriegsrathe die Rede davon, die schon bestehenden Corps mit der
regulären Armee zu vereinen. Aber hierin, wie in andern Dingen, konnte
man sich nicht entscheiden. Man wagte nicht, diese Bataillone anzurühren,
weil sie hoch in der Gunst des Publicums standen, dessen Phantasie sie be¬
schäftigten, und weil sie durch ihren Eifer, der in der regelmäßigen Armee
rasch erkaltet wäre, Soldaten wie Mohne zur Nachahmung aufforderten. Man
ließ sie also bestehen, raubte ihnen aber die Initiative und zog sie so viel
als möglich in die Rahmen der projectirten Operationen hinein. Vielleicht
wäre es besser gewesen, ihre Neigung zu kühnen Handstreichen, bei welchen
es mehr auf Verwegenheit als auf Disciplin ankommt, zu fördern und aus¬
zubeuten.

Die Pariser Mobilgarden, welche nach den abscheulichen Ausschrei¬
tungen im Lager bei Chalons in die Hauptstadt zurückgeschickt worden waren,
wollten auch hier nicht gut thun. Sie machten Trochu sehr viel zu schaffen
und er überhäufte sie mit Proclamationen. Mannszucht und militärischer
Geist gingen ihnen völlig ab; sie waren nach Zufall in die neuernchteten
Cadres eingereiht und ihre Offiziere, meist reiche junge Leute aus guten Fa¬
milien, doch völlig unwissend in militärischen Dingen, hatten nicht den ge¬
ringsten militärischen Einfluß auf sie. Endlich schickte man sie auf die Forts
— einen Ehrenposten, wie man ihnen, um die Pille zu verzuckern, sagte.
Aber auch dort setzten sie ihre gewohnte Unordnung fort. So wählten sie,
um nur ein Beispiel anzuführen, den einzigen Brunnen eines Forts, der gutes
Trinkwasser hatte, um in ihn das zu entleeren, was Moliere im „Arzt wider
Willen" den Ueberfluß des Getränkes nennt*). Gassenbubenstreiche, die im
Lager, dem Feinde gegenüber, Verbrechen sind.

Mehr Vertrauen flößten die Mobilen der Provinz ein. Es wären
das an 100,000 Mann: Leute aus der Bretagne, welche dem Rufe Trochu's,
ihres Landmannes, in großen Massen gefolgt waren, Bewohner von Berry,
der Franche-Comte', der Champagne, der Normandie und Pikardie, von Au-
vergne und von Burgund. Diese junge Mannschaft wußte zwar ebensowenig
vom militärischen Leben als die Pariser; aber auf ihren braven, kräftigen



") SarccY a. a. O.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_128453/221>, abgerufen am 22.07.2024.