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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.

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Spiel von Intriguen." Mit allen Mitteln suchte er dem edlen unglücklichen
Kaiser Maximilian entgegenzuarbeiten, dessen natürlicher aufopfernder Beschützer
zu sein, ihn die Politik seines Herrn und seine Soldatenehre gleichermaßen
verpflichteten. Bis zum Abzüge des französischen Heeres trieb er dies ver¬
derbliche Spiel; seine Vermählung mit einer jungen reichen Mexikanerin war
ebensogut eine Karte desselben, als seine geheimen Verbindungen mit allen
Feinden des deutschen Prinzen, denen er sogar wiederholt und an verschiedenen
Orten Kriegsmunition verkaufte.') Daß diese verräterischen Umtriebe des
französischen Marschalls das Ziel verfolgten, den schwachen und unkundigen
Herrscher zu einer baldigen Abdankung zu treiben, um dann selbst, sei es den
Präsidentenstuhl der Republik, sei es den Thron Mexicos zu besteigen -- das
ist kaum zu bezweifeln. Der Plan gelang nicht; schwer aber waren die Opfer,
welche die mexicanische Unternehmung Frankreich auferlegte. Außer 5---6000
Todte, außer einer unglaublichen Erschöpfung seiner militärischen Magazine,
außer dem ganz unschätzbaren politischen Prestige des Kaiserreichs kostete die
Expedition rund 570 Millionen Franken. -- Nach einer halbofficiellen Ueber¬
sicht haben die Kriege und Kriegsoperationen seit der Thronbesteigung des
dritten Napoleon folgende Summen in Anspruch genommen:

der Krimkrieg 2321,000,000 Francs.
der italienische Krieg 450,000,000
der Krieg rin China 200,000.000
die römische Besatzung 150.000.000
die syrische Expedition 28,000,000
Snpvlementärausgciben 89,000,000
Zusammen! 3238.000.000 Francs/') "

Rechnet man hierzu die 570 Millionen der mexikanischen Expedition, so
ergiebt sich, ganz abgesehen von den regelmäßigen Heeresbudgets, bis zum
Jahresanfang 1868 eine Kriegsauögabe von 3808 Millionen. Dabei war
die Armee seit dem Krimkriege von Jahr zu Jahr an innerem Werthe ge¬
sunken.

So lagen die Dinge, als Preußen die Schlacht von Sadowa schlug.






") Der meMnische General Porfirio Diaz Hai öffentlich den Marschall Bazaine beschul¬
digt, ihm sogar t>000 Gewehre zum Verkauf angeboten zu haben.
") Nach A. v. Carnap und Kolb.

Spiel von Intriguen." Mit allen Mitteln suchte er dem edlen unglücklichen
Kaiser Maximilian entgegenzuarbeiten, dessen natürlicher aufopfernder Beschützer
zu sein, ihn die Politik seines Herrn und seine Soldatenehre gleichermaßen
verpflichteten. Bis zum Abzüge des französischen Heeres trieb er dies ver¬
derbliche Spiel; seine Vermählung mit einer jungen reichen Mexikanerin war
ebensogut eine Karte desselben, als seine geheimen Verbindungen mit allen
Feinden des deutschen Prinzen, denen er sogar wiederholt und an verschiedenen
Orten Kriegsmunition verkaufte.') Daß diese verräterischen Umtriebe des
französischen Marschalls das Ziel verfolgten, den schwachen und unkundigen
Herrscher zu einer baldigen Abdankung zu treiben, um dann selbst, sei es den
Präsidentenstuhl der Republik, sei es den Thron Mexicos zu besteigen — das
ist kaum zu bezweifeln. Der Plan gelang nicht; schwer aber waren die Opfer,
welche die mexicanische Unternehmung Frankreich auferlegte. Außer 5—-6000
Todte, außer einer unglaublichen Erschöpfung seiner militärischen Magazine,
außer dem ganz unschätzbaren politischen Prestige des Kaiserreichs kostete die
Expedition rund 570 Millionen Franken. — Nach einer halbofficiellen Ueber¬
sicht haben die Kriege und Kriegsoperationen seit der Thronbesteigung des
dritten Napoleon folgende Summen in Anspruch genommen:

der Krimkrieg 2321,000,000 Francs.
der italienische Krieg 450,000,000
der Krieg rin China 200,000.000
die römische Besatzung 150.000.000
die syrische Expedition 28,000,000
Snpvlementärausgciben 89,000,000
Zusammen! 3238.000.000 Francs/') "

Rechnet man hierzu die 570 Millionen der mexikanischen Expedition, so
ergiebt sich, ganz abgesehen von den regelmäßigen Heeresbudgets, bis zum
Jahresanfang 1868 eine Kriegsauögabe von 3808 Millionen. Dabei war
die Armee seit dem Krimkriege von Jahr zu Jahr an innerem Werthe ge¬
sunken.

So lagen die Dinge, als Preußen die Schlacht von Sadowa schlug.






") Der meMnische General Porfirio Diaz Hai öffentlich den Marschall Bazaine beschul¬
digt, ihm sogar t>000 Gewehre zum Verkauf angeboten zu haben.
") Nach A. v. Carnap und Kolb.
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[0114] Spiel von Intriguen." Mit allen Mitteln suchte er dem edlen unglücklichen Kaiser Maximilian entgegenzuarbeiten, dessen natürlicher aufopfernder Beschützer zu sein, ihn die Politik seines Herrn und seine Soldatenehre gleichermaßen verpflichteten. Bis zum Abzüge des französischen Heeres trieb er dies ver¬ derbliche Spiel; seine Vermählung mit einer jungen reichen Mexikanerin war ebensogut eine Karte desselben, als seine geheimen Verbindungen mit allen Feinden des deutschen Prinzen, denen er sogar wiederholt und an verschiedenen Orten Kriegsmunition verkaufte.') Daß diese verräterischen Umtriebe des französischen Marschalls das Ziel verfolgten, den schwachen und unkundigen Herrscher zu einer baldigen Abdankung zu treiben, um dann selbst, sei es den Präsidentenstuhl der Republik, sei es den Thron Mexicos zu besteigen — das ist kaum zu bezweifeln. Der Plan gelang nicht; schwer aber waren die Opfer, welche die mexicanische Unternehmung Frankreich auferlegte. Außer 5—-6000 Todte, außer einer unglaublichen Erschöpfung seiner militärischen Magazine, außer dem ganz unschätzbaren politischen Prestige des Kaiserreichs kostete die Expedition rund 570 Millionen Franken. — Nach einer halbofficiellen Ueber¬ sicht haben die Kriege und Kriegsoperationen seit der Thronbesteigung des dritten Napoleon folgende Summen in Anspruch genommen: der Krimkrieg 2321,000,000 Francs. der italienische Krieg 450,000,000 der Krieg rin China 200,000.000 die römische Besatzung 150.000.000 die syrische Expedition 28,000,000 Snpvlementärausgciben 89,000,000 Zusammen! 3238.000.000 Francs/') " Rechnet man hierzu die 570 Millionen der mexikanischen Expedition, so ergiebt sich, ganz abgesehen von den regelmäßigen Heeresbudgets, bis zum Jahresanfang 1868 eine Kriegsauögabe von 3808 Millionen. Dabei war die Armee seit dem Krimkriege von Jahr zu Jahr an innerem Werthe ge¬ sunken. So lagen die Dinge, als Preußen die Schlacht von Sadowa schlug. ") Der meMnische General Porfirio Diaz Hai öffentlich den Marschall Bazaine beschul¬ digt, ihm sogar t>000 Gewehre zum Verkauf angeboten zu haben. ") Nach A. v. Carnap und Kolb.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_128453/114>, abgerufen am 30.06.2024.