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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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Schrotblätter, sämmtliche in der Sammlung vorhandene (nur 2, darunter ein
H. Gury (Ur, 40 l um 551 Thlr.) Teigdrucke, einen Probetrunk dazu (Ur.
405), einen Kupferstich, Mariae Verkündigung, von M. Schongauer (Ur. 4es)
um 445 Thlr. und einiges andere.

In Folge dieser höchst werthvollen Erwerbungen ist das Germanische
Museum nun im Stande, im Verein mit denjenigen Blättern, welche es schon
besaß -- und wozu binnen kurzer Zeit hoffentlich noch eine andere bedeutende
Sammlung von Jneunabeln des Buchdrucks kommen wird -- eine Samm¬
lung frühester Erzeugnisse der Druckerkunst zu bilden, welche die Weigel'sche
Sammlung an Reichhaltigkeit zwar nicht erreicht, derselben an Vollständigkeit
der für die Erfindung und Ausbildung wichtigsten Denkmäler jedoch nahe
kommt. Denn für die Darlegung der Geschichte der Druckerkunst ist es na¬
türlich von Wichtigkeit die nach jeder Richtung hin ersten Erzeugnisse zu
kennen, während alle anderen und späteren Blätter, welche in Betreff der
Technik nichts Neues bieten, -- wenn auch für Kunstgeschichte, Ikonographie,
Costümkunde ?c. oft von Wichtigkeit -- nur von untergeordnetem Interesse
sind. Die letztbezeichneten Blätter kann, obgleich sie ihren Werth stets behalten,
eine nach Grundsätzen der Wissenschaft angelegte Sammlung leicht ent¬
behren. Getreue Copiecn derselben leisten meist denselben Dienst. Daher ist
es z. B. durchaus gerechtfertigt, daß das Germanische Museum von den 149
Schrotblättern, obgleich meist Unica, welche zum größten Theil mit hohen
Preisen (bis 200 Thlr. und mehr, ja eins (Ur.' 357) 505 Thlr.) bezahlt
wurden, nur verhältnißmäßig wenige gekauft hat. Besitzt das Museum doch
die vortrefflichen Copieen der größten bekannten Schrotblätter in der Marien¬
kirche zu Danzig, welche Stadtrath I. C. Block in Danzig auf photolithogra-
Wschem Wege hat anfertigen lassen.

Auf einige höchst interessante und für die Sammlung des Germanischen
Museums wichtige Blätter mußte dasselbe leider verzichten, weil die Preise
derselben zu hoch hinauf getrieben wurden. Für deutsche Verhältnisse wurde
die Grenze des Vernünftigen zuweilen überschritten. So gingen der so weit
jetzt bekannt dem Datum nach älteste Kupferstich, die Madonna des Meisters
?. vom Jahre 1451 (Ur. 406) für 3950 Thaler und der sogenannte Metall¬
schnitt Ur. 11, angeblich aus dem 11. Jahrhundert, um 1125 Thaler in den
Besitz eines reichen Leipziger Kunstfreundes, E. Felix*) über und fast alle
Zeugdrucke wurden dem Vernehmen nach für eine Dame in Prag erstanden.
Ein eifriger, überaus mächtiger und sehr hartnäckiger Concurrent des Ger¬
manischen Museum war, wie schon erwähnt, das Lritisd Nuseum, welches mit



^) Derselbe besitzt u. N. auch den Regensburger Silbcrfund (abgebildet Stuttgarter Ge¬
werbehatte 180V, Seite 1S2--SS), welcher seiner Zeit viel Aussehen gemacht hat.

Schrotblätter, sämmtliche in der Sammlung vorhandene (nur 2, darunter ein
H. Gury (Ur, 40 l um 551 Thlr.) Teigdrucke, einen Probetrunk dazu (Ur.
405), einen Kupferstich, Mariae Verkündigung, von M. Schongauer (Ur. 4es)
um 445 Thlr. und einiges andere.

In Folge dieser höchst werthvollen Erwerbungen ist das Germanische
Museum nun im Stande, im Verein mit denjenigen Blättern, welche es schon
besaß — und wozu binnen kurzer Zeit hoffentlich noch eine andere bedeutende
Sammlung von Jneunabeln des Buchdrucks kommen wird — eine Samm¬
lung frühester Erzeugnisse der Druckerkunst zu bilden, welche die Weigel'sche
Sammlung an Reichhaltigkeit zwar nicht erreicht, derselben an Vollständigkeit
der für die Erfindung und Ausbildung wichtigsten Denkmäler jedoch nahe
kommt. Denn für die Darlegung der Geschichte der Druckerkunst ist es na¬
türlich von Wichtigkeit die nach jeder Richtung hin ersten Erzeugnisse zu
kennen, während alle anderen und späteren Blätter, welche in Betreff der
Technik nichts Neues bieten, — wenn auch für Kunstgeschichte, Ikonographie,
Costümkunde ?c. oft von Wichtigkeit — nur von untergeordnetem Interesse
sind. Die letztbezeichneten Blätter kann, obgleich sie ihren Werth stets behalten,
eine nach Grundsätzen der Wissenschaft angelegte Sammlung leicht ent¬
behren. Getreue Copiecn derselben leisten meist denselben Dienst. Daher ist
es z. B. durchaus gerechtfertigt, daß das Germanische Museum von den 149
Schrotblättern, obgleich meist Unica, welche zum größten Theil mit hohen
Preisen (bis 200 Thlr. und mehr, ja eins (Ur.' 357) 505 Thlr.) bezahlt
wurden, nur verhältnißmäßig wenige gekauft hat. Besitzt das Museum doch
die vortrefflichen Copieen der größten bekannten Schrotblätter in der Marien¬
kirche zu Danzig, welche Stadtrath I. C. Block in Danzig auf photolithogra-
Wschem Wege hat anfertigen lassen.

Auf einige höchst interessante und für die Sammlung des Germanischen
Museums wichtige Blätter mußte dasselbe leider verzichten, weil die Preise
derselben zu hoch hinauf getrieben wurden. Für deutsche Verhältnisse wurde
die Grenze des Vernünftigen zuweilen überschritten. So gingen der so weit
jetzt bekannt dem Datum nach älteste Kupferstich, die Madonna des Meisters
?. vom Jahre 1451 (Ur. 406) für 3950 Thaler und der sogenannte Metall¬
schnitt Ur. 11, angeblich aus dem 11. Jahrhundert, um 1125 Thaler in den
Besitz eines reichen Leipziger Kunstfreundes, E. Felix*) über und fast alle
Zeugdrucke wurden dem Vernehmen nach für eine Dame in Prag erstanden.
Ein eifriger, überaus mächtiger und sehr hartnäckiger Concurrent des Ger¬
manischen Museum war, wie schon erwähnt, das Lritisd Nuseum, welches mit



^) Derselbe besitzt u. N. auch den Regensburger Silbcrfund (abgebildet Stuttgarter Ge¬
werbehatte 180V, Seite 1S2—SS), welcher seiner Zeit viel Aussehen gemacht hat.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/78>, abgerufen am 29.06.2024.