Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

den Kreisen, sondern auch im großen Publicum wegen der dabei erzielten,
überaus hohen Preise -- besonders hervorgebracht durch die Concurrenz des
Germanischen Museums mit dem IZiitii-Il Unsinn -- gerechtes Aufsehen er¬
regt. Der Gesammterlös beträgt mehr als 82.000 Thaler, übersteigt also die
Forderung, welche der Besitzer kurz vorher dem Berliner Museum gestellt hatte,
um mehr als 32,000 Thlr. Diese hohen Preise bei dem geringen Kunstwerth
der betreffenden Blätter erklären sich daraus, daß es sich hier um Urkunden
handelte, welche den Beweis liefern, daß die wichtige und in ihren Folgen so
weittragende Erfindung der Druckerkunst von Deutschen gemacht und aus¬
gebildet worden ist. Ein eingehender, sehr interessanter Bericht über die
Auction ist von einem Betheiligten in Ur. 258 der (Berliner) National-Zeitung
erstattet worden.

In Folge des in den Grenzboten enthaltenen, auch in verschiedenen an-
deren Zeitschriften abgedruckten, nachdrücklichen Hinweises auf die Wichtigkeit
der T. O. Weigel'schen Sammlung als Denkmäler deutscher Cultur
und darauf, daß es eine Ehrensache für Deutschland sei, dieselbe nicht ins
Ausland gehen zu lassen, beschloß nämlich der deutsche Reichstag in seiner
Sitzung vom 14. Mai unter besonderem Hinweis auf den in wenigen Tagen
stattfindenden Verkauf dieser Sammlung, dem Germanischen National-Museum
zu Nürnberg, welches vor allen andern Anstalten ähnlicher Art die Aufgabe
hat, durch seine Sammlungen die Geschichte der deutschen Cultur nach allen
Richtungen hin möglichst klar darzulegen, sofort eine ansehnliche Summe zur
Disposition zu stellen, um es dadurch in den Stand zu setzen mehr und wich¬
tigere Stücke zu kaufen, als es sonst wahrscheinlich möglich gewesen wäre.

Daher begaben sich Dr. A. Essen wein, erster Director des Germani¬
schen Museums, und Dr. A. v. C'pe, Vorstand der Kunstsammlung derselben
Anstalt, nach Leipzig, prüften die Weigel'sche Sammlung in ihrem ganzen
Umfange sehr eingehend, bezeichneten sich diejenigen Stücke, welche sie als die
für die Erfindung und erste Ausbildung der Druckerkunst wichtigsten und zur
Ergänzung der im Museum schon vorhandenen Sammlung am meisten wün-
schenswerth erachteten und kauften dann im Verlaufe der Auction etwa fünfzig
Nummern, nämlich ü Metallschnitte '), darunter die nachweisbar ältesten
Drucke. 19 Holzschnitte, einen unter den Holzschnitten (Ur. 232) aufgeführten
Probetrunk eines Modells für den Zeugdruck. 4 xylographische Werke, darunter
der Todtentanz von 1489 (Ur. 296) um 810 Thlr.. 2 typographische Werke,
darunter die Bamberger Ausgabe des Belial (Ur, 620) um 2000 Thlr., 10



") Erst nach erneuter genauer Untersuchung wird sich definitiv feststellen lassen, ob der
Unterschied von Metallschnitt und Holzschnitt fortan beizubehalten ist, ob man wirklich
in Metallplatten geschnitten hat oder ob die sogenannten Meiallschnittc. falls sie wirtlich Ab¬
drucke von Metallplatten sind, nicht vielmehr nur Clichös von geschnittene" Holzstöcken sind.

den Kreisen, sondern auch im großen Publicum wegen der dabei erzielten,
überaus hohen Preise — besonders hervorgebracht durch die Concurrenz des
Germanischen Museums mit dem IZiitii-Il Unsinn — gerechtes Aufsehen er¬
regt. Der Gesammterlös beträgt mehr als 82.000 Thaler, übersteigt also die
Forderung, welche der Besitzer kurz vorher dem Berliner Museum gestellt hatte,
um mehr als 32,000 Thlr. Diese hohen Preise bei dem geringen Kunstwerth
der betreffenden Blätter erklären sich daraus, daß es sich hier um Urkunden
handelte, welche den Beweis liefern, daß die wichtige und in ihren Folgen so
weittragende Erfindung der Druckerkunst von Deutschen gemacht und aus¬
gebildet worden ist. Ein eingehender, sehr interessanter Bericht über die
Auction ist von einem Betheiligten in Ur. 258 der (Berliner) National-Zeitung
erstattet worden.

In Folge des in den Grenzboten enthaltenen, auch in verschiedenen an-
deren Zeitschriften abgedruckten, nachdrücklichen Hinweises auf die Wichtigkeit
der T. O. Weigel'schen Sammlung als Denkmäler deutscher Cultur
und darauf, daß es eine Ehrensache für Deutschland sei, dieselbe nicht ins
Ausland gehen zu lassen, beschloß nämlich der deutsche Reichstag in seiner
Sitzung vom 14. Mai unter besonderem Hinweis auf den in wenigen Tagen
stattfindenden Verkauf dieser Sammlung, dem Germanischen National-Museum
zu Nürnberg, welches vor allen andern Anstalten ähnlicher Art die Aufgabe
hat, durch seine Sammlungen die Geschichte der deutschen Cultur nach allen
Richtungen hin möglichst klar darzulegen, sofort eine ansehnliche Summe zur
Disposition zu stellen, um es dadurch in den Stand zu setzen mehr und wich¬
tigere Stücke zu kaufen, als es sonst wahrscheinlich möglich gewesen wäre.

Daher begaben sich Dr. A. Essen wein, erster Director des Germani¬
schen Museums, und Dr. A. v. C'pe, Vorstand der Kunstsammlung derselben
Anstalt, nach Leipzig, prüften die Weigel'sche Sammlung in ihrem ganzen
Umfange sehr eingehend, bezeichneten sich diejenigen Stücke, welche sie als die
für die Erfindung und erste Ausbildung der Druckerkunst wichtigsten und zur
Ergänzung der im Museum schon vorhandenen Sammlung am meisten wün-
schenswerth erachteten und kauften dann im Verlaufe der Auction etwa fünfzig
Nummern, nämlich ü Metallschnitte '), darunter die nachweisbar ältesten
Drucke. 19 Holzschnitte, einen unter den Holzschnitten (Ur. 232) aufgeführten
Probetrunk eines Modells für den Zeugdruck. 4 xylographische Werke, darunter
der Todtentanz von 1489 (Ur. 296) um 810 Thlr.. 2 typographische Werke,
darunter die Bamberger Ausgabe des Belial (Ur, 620) um 2000 Thlr., 10



") Erst nach erneuter genauer Untersuchung wird sich definitiv feststellen lassen, ob der
Unterschied von Metallschnitt und Holzschnitt fortan beizubehalten ist, ob man wirklich
in Metallplatten geschnitten hat oder ob die sogenannten Meiallschnittc. falls sie wirtlich Ab¬
drucke von Metallplatten sind, nicht vielmehr nur Clichös von geschnittene» Holzstöcken sind.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0077" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/128005"/>
          <p xml:id="ID_203" prev="#ID_202"> den Kreisen, sondern auch im großen Publicum wegen der dabei erzielten,<lb/>
überaus hohen Preise &#x2014; besonders hervorgebracht durch die Concurrenz des<lb/>
Germanischen Museums mit dem IZiitii-Il Unsinn &#x2014; gerechtes Aufsehen er¬<lb/>
regt. Der Gesammterlös beträgt mehr als 82.000 Thaler, übersteigt also die<lb/>
Forderung, welche der Besitzer kurz vorher dem Berliner Museum gestellt hatte,<lb/>
um mehr als 32,000 Thlr. Diese hohen Preise bei dem geringen Kunstwerth<lb/>
der betreffenden Blätter erklären sich daraus, daß es sich hier um Urkunden<lb/>
handelte, welche den Beweis liefern, daß die wichtige und in ihren Folgen so<lb/>
weittragende Erfindung der Druckerkunst von Deutschen gemacht und aus¬<lb/>
gebildet worden ist. Ein eingehender, sehr interessanter Bericht über die<lb/>
Auction ist von einem Betheiligten in Ur. 258 der (Berliner) National-Zeitung<lb/>
erstattet worden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_204"> In Folge des in den Grenzboten enthaltenen, auch in verschiedenen an-<lb/>
deren Zeitschriften abgedruckten, nachdrücklichen Hinweises auf die Wichtigkeit<lb/>
der T. O. Weigel'schen Sammlung als Denkmäler deutscher Cultur<lb/>
und darauf, daß es eine Ehrensache für Deutschland sei, dieselbe nicht ins<lb/>
Ausland gehen zu lassen, beschloß nämlich der deutsche Reichstag in seiner<lb/>
Sitzung vom 14. Mai unter besonderem Hinweis auf den in wenigen Tagen<lb/>
stattfindenden Verkauf dieser Sammlung, dem Germanischen National-Museum<lb/>
zu Nürnberg, welches vor allen andern Anstalten ähnlicher Art die Aufgabe<lb/>
hat, durch seine Sammlungen die Geschichte der deutschen Cultur nach allen<lb/>
Richtungen hin möglichst klar darzulegen, sofort eine ansehnliche Summe zur<lb/>
Disposition zu stellen, um es dadurch in den Stand zu setzen mehr und wich¬<lb/>
tigere Stücke zu kaufen, als es sonst wahrscheinlich möglich gewesen wäre.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_205" next="#ID_206"> Daher begaben sich Dr. A. Essen wein, erster Director des Germani¬<lb/>
schen Museums, und Dr. A. v. C'pe, Vorstand der Kunstsammlung derselben<lb/>
Anstalt, nach Leipzig, prüften die Weigel'sche Sammlung in ihrem ganzen<lb/>
Umfange sehr eingehend, bezeichneten sich diejenigen Stücke, welche sie als die<lb/>
für die Erfindung und erste Ausbildung der Druckerkunst wichtigsten und zur<lb/>
Ergänzung der im Museum schon vorhandenen Sammlung am meisten wün-<lb/>
schenswerth erachteten und kauften dann im Verlaufe der Auction etwa fünfzig<lb/>
Nummern, nämlich ü Metallschnitte '), darunter die nachweisbar ältesten<lb/>
Drucke. 19 Holzschnitte, einen unter den Holzschnitten (Ur. 232) aufgeführten<lb/>
Probetrunk eines Modells für den Zeugdruck. 4 xylographische Werke, darunter<lb/>
der Todtentanz von 1489 (Ur. 296) um 810 Thlr.. 2 typographische Werke,<lb/>
darunter die Bamberger Ausgabe des Belial (Ur, 620) um 2000 Thlr., 10</p><lb/>
          <note xml:id="FID_16" place="foot"> ") Erst nach erneuter genauer Untersuchung wird sich definitiv feststellen lassen, ob der<lb/>
Unterschied von Metallschnitt und Holzschnitt fortan beizubehalten ist, ob man wirklich<lb/>
in Metallplatten geschnitten hat oder ob die sogenannten Meiallschnittc. falls sie wirtlich Ab¬<lb/>
drucke von Metallplatten sind, nicht vielmehr nur Clichös von geschnittene» Holzstöcken sind.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0077] den Kreisen, sondern auch im großen Publicum wegen der dabei erzielten, überaus hohen Preise — besonders hervorgebracht durch die Concurrenz des Germanischen Museums mit dem IZiitii-Il Unsinn — gerechtes Aufsehen er¬ regt. Der Gesammterlös beträgt mehr als 82.000 Thaler, übersteigt also die Forderung, welche der Besitzer kurz vorher dem Berliner Museum gestellt hatte, um mehr als 32,000 Thlr. Diese hohen Preise bei dem geringen Kunstwerth der betreffenden Blätter erklären sich daraus, daß es sich hier um Urkunden handelte, welche den Beweis liefern, daß die wichtige und in ihren Folgen so weittragende Erfindung der Druckerkunst von Deutschen gemacht und aus¬ gebildet worden ist. Ein eingehender, sehr interessanter Bericht über die Auction ist von einem Betheiligten in Ur. 258 der (Berliner) National-Zeitung erstattet worden. In Folge des in den Grenzboten enthaltenen, auch in verschiedenen an- deren Zeitschriften abgedruckten, nachdrücklichen Hinweises auf die Wichtigkeit der T. O. Weigel'schen Sammlung als Denkmäler deutscher Cultur und darauf, daß es eine Ehrensache für Deutschland sei, dieselbe nicht ins Ausland gehen zu lassen, beschloß nämlich der deutsche Reichstag in seiner Sitzung vom 14. Mai unter besonderem Hinweis auf den in wenigen Tagen stattfindenden Verkauf dieser Sammlung, dem Germanischen National-Museum zu Nürnberg, welches vor allen andern Anstalten ähnlicher Art die Aufgabe hat, durch seine Sammlungen die Geschichte der deutschen Cultur nach allen Richtungen hin möglichst klar darzulegen, sofort eine ansehnliche Summe zur Disposition zu stellen, um es dadurch in den Stand zu setzen mehr und wich¬ tigere Stücke zu kaufen, als es sonst wahrscheinlich möglich gewesen wäre. Daher begaben sich Dr. A. Essen wein, erster Director des Germani¬ schen Museums, und Dr. A. v. C'pe, Vorstand der Kunstsammlung derselben Anstalt, nach Leipzig, prüften die Weigel'sche Sammlung in ihrem ganzen Umfange sehr eingehend, bezeichneten sich diejenigen Stücke, welche sie als die für die Erfindung und erste Ausbildung der Druckerkunst wichtigsten und zur Ergänzung der im Museum schon vorhandenen Sammlung am meisten wün- schenswerth erachteten und kauften dann im Verlaufe der Auction etwa fünfzig Nummern, nämlich ü Metallschnitte '), darunter die nachweisbar ältesten Drucke. 19 Holzschnitte, einen unter den Holzschnitten (Ur. 232) aufgeführten Probetrunk eines Modells für den Zeugdruck. 4 xylographische Werke, darunter der Todtentanz von 1489 (Ur. 296) um 810 Thlr.. 2 typographische Werke, darunter die Bamberger Ausgabe des Belial (Ur, 620) um 2000 Thlr., 10 ") Erst nach erneuter genauer Untersuchung wird sich definitiv feststellen lassen, ob der Unterschied von Metallschnitt und Holzschnitt fortan beizubehalten ist, ob man wirklich in Metallplatten geschnitten hat oder ob die sogenannten Meiallschnittc. falls sie wirtlich Ab¬ drucke von Metallplatten sind, nicht vielmehr nur Clichös von geschnittene» Holzstöcken sind.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/77
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/77>, abgerufen am 01.07.2024.