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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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nouvelles institutions et Wut ssra oublie, exeeptü votre eouraAs et votre
äiseipliue-- Es hat etwas Ekelhaftes, unmittelbar nach einem so elenden
passiven Treubruch sofort von einem neuen Eidschwur reden zu hören. --
Das Volk handelte anders als die Regierung. In fieberhafter Angst vor
einem nächtlichen Ueberfall durch die Truppen oder einem Bombardement vor
den Forts, warf es sich in wilden Massen gegen die Kasernen, sprengte die
Thore, und nicht zufrieden, die Soldaten zu entwaffnen, beraubte es sie sogar
oftmals der Kleider, mißhandelte und beschimpfte sie und warf durch dies
wahnsinnige Vorgehn in die gleichgiltigen Seelen der Soldaten eine Saat
des Hasses, welche bald furchtbar aufgegangen ist.

In den Stunden der höchsten Krisis hatte die Bürgerwehr sich wie ge¬
wöhnlich unsichtbar gemacht. Wie vorher Krone und Kammer, so war nun
die provisorische Negierung schutzlos. Zwar hatten sich ihr noch in der Nacht
vom 24. zum 26. Februar die Generale und Obersten der Armee zur Ver¬
fügung gestellt; aber konnte man ihnen trauen? Konnte man von ihnen
und ihren Truppen Thaten erwarten? Niemand mochte das bejahen. Schon
aber rüstete sich die ganze Hefe der pariser Plebs zu einem socialistischen
Sturm. Entwaffnung der Nationalgarde, Vertheilung ihrer Waffen an das
"Volk", Gewährleistung des "Rechtes auf Arbeit". Abschaffung des Prole¬
tariats, das waren die principiellen Forderungen dieser unter der rothen Fahne
fechtenden Banden, welche die Tuilerien noch inne hatten und dies Schloß
nur verlassen wollten, wenn jedem einzelnen eine lebenslängliche Rente von
1200 Fras. zugesichert würde.*) Hier galt es, sich zu schützen! Auf Anregung
Lamartine's wurde daher die Anwerbung einer "Mobilgarde" begonnen,
welche vorzugsweise auf die Gamins rechnete, da sie lauter junge Burschen
von 14 bis 20 Jahren umfassen sollte. Das war eine vortreffliche Maßregel;
denn indem man die unternehmungslustigsten und verwegensten Elemente der
Bevölkerung in den Dienst der Regierung nahm, erwarb man sich aus der
Masse wahrscheinlicher und gefährlicher Gegner die tüchtigste Schutzwehr. Etwa
24,000 junge tapfere Menschen wurden als Freiwillige angeworben und in
24 Bataillone, deren je zwei den zwölf Arrondissements von Paris entsprachen,
soldatisch gegliedert und disciplinirt. Uniformirt wie die Nationalgarde, be¬
waffnet wie die Linie, haben sie vortreffliche, hingebende Dienste geleistet.**)




-) v, Rochau a. ->. O,
") ?ssesl- Ilistoirs Ah 1's.russ. 1850.

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Huc fatale eoUisiov a eusanglante 1a eaxitsle... II kaut retadlir 1'nun6
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nouvelles institutions et Wut ssra oublie, exeeptü votre eouraAs et votre
äiseipliue— Es hat etwas Ekelhaftes, unmittelbar nach einem so elenden
passiven Treubruch sofort von einem neuen Eidschwur reden zu hören. —
Das Volk handelte anders als die Regierung. In fieberhafter Angst vor
einem nächtlichen Ueberfall durch die Truppen oder einem Bombardement vor
den Forts, warf es sich in wilden Massen gegen die Kasernen, sprengte die
Thore, und nicht zufrieden, die Soldaten zu entwaffnen, beraubte es sie sogar
oftmals der Kleider, mißhandelte und beschimpfte sie und warf durch dies
wahnsinnige Vorgehn in die gleichgiltigen Seelen der Soldaten eine Saat
des Hasses, welche bald furchtbar aufgegangen ist.

In den Stunden der höchsten Krisis hatte die Bürgerwehr sich wie ge¬
wöhnlich unsichtbar gemacht. Wie vorher Krone und Kammer, so war nun
die provisorische Negierung schutzlos. Zwar hatten sich ihr noch in der Nacht
vom 24. zum 26. Februar die Generale und Obersten der Armee zur Ver¬
fügung gestellt; aber konnte man ihnen trauen? Konnte man von ihnen
und ihren Truppen Thaten erwarten? Niemand mochte das bejahen. Schon
aber rüstete sich die ganze Hefe der pariser Plebs zu einem socialistischen
Sturm. Entwaffnung der Nationalgarde, Vertheilung ihrer Waffen an das
„Volk", Gewährleistung des „Rechtes auf Arbeit". Abschaffung des Prole¬
tariats, das waren die principiellen Forderungen dieser unter der rothen Fahne
fechtenden Banden, welche die Tuilerien noch inne hatten und dies Schloß
nur verlassen wollten, wenn jedem einzelnen eine lebenslängliche Rente von
1200 Fras. zugesichert würde.*) Hier galt es, sich zu schützen! Auf Anregung
Lamartine's wurde daher die Anwerbung einer „Mobilgarde" begonnen,
welche vorzugsweise auf die Gamins rechnete, da sie lauter junge Burschen
von 14 bis 20 Jahren umfassen sollte. Das war eine vortreffliche Maßregel;
denn indem man die unternehmungslustigsten und verwegensten Elemente der
Bevölkerung in den Dienst der Regierung nahm, erwarb man sich aus der
Masse wahrscheinlicher und gefährlicher Gegner die tüchtigste Schutzwehr. Etwa
24,000 junge tapfere Menschen wurden als Freiwillige angeworben und in
24 Bataillone, deren je zwei den zwölf Arrondissements von Paris entsprachen,
soldatisch gegliedert und disciplinirt. Uniformirt wie die Nationalgarde, be¬
waffnet wie die Linie, haben sie vortreffliche, hingebende Dienste geleistet.**)




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[0508] voir, xar ses Attentats eoutrs 1^ liberte, le xeuple as?aris par sa vietoirs, out aeneus 1a aunes co gouvernement, ane^uel vous avie? xröte serment. Huc fatale eoUisiov a eusanglante 1a eaxitsle... II kaut retadlir 1'nun6 ac I'armee et An peuple. . . ^ures amour an xeuple, jure?: üäelite' a ees nouvelles institutions et Wut ssra oublie, exeeptü votre eouraAs et votre äiseipliue— Es hat etwas Ekelhaftes, unmittelbar nach einem so elenden passiven Treubruch sofort von einem neuen Eidschwur reden zu hören. — Das Volk handelte anders als die Regierung. In fieberhafter Angst vor einem nächtlichen Ueberfall durch die Truppen oder einem Bombardement vor den Forts, warf es sich in wilden Massen gegen die Kasernen, sprengte die Thore, und nicht zufrieden, die Soldaten zu entwaffnen, beraubte es sie sogar oftmals der Kleider, mißhandelte und beschimpfte sie und warf durch dies wahnsinnige Vorgehn in die gleichgiltigen Seelen der Soldaten eine Saat des Hasses, welche bald furchtbar aufgegangen ist. In den Stunden der höchsten Krisis hatte die Bürgerwehr sich wie ge¬ wöhnlich unsichtbar gemacht. Wie vorher Krone und Kammer, so war nun die provisorische Negierung schutzlos. Zwar hatten sich ihr noch in der Nacht vom 24. zum 26. Februar die Generale und Obersten der Armee zur Ver¬ fügung gestellt; aber konnte man ihnen trauen? Konnte man von ihnen und ihren Truppen Thaten erwarten? Niemand mochte das bejahen. Schon aber rüstete sich die ganze Hefe der pariser Plebs zu einem socialistischen Sturm. Entwaffnung der Nationalgarde, Vertheilung ihrer Waffen an das „Volk", Gewährleistung des „Rechtes auf Arbeit". Abschaffung des Prole¬ tariats, das waren die principiellen Forderungen dieser unter der rothen Fahne fechtenden Banden, welche die Tuilerien noch inne hatten und dies Schloß nur verlassen wollten, wenn jedem einzelnen eine lebenslängliche Rente von 1200 Fras. zugesichert würde.*) Hier galt es, sich zu schützen! Auf Anregung Lamartine's wurde daher die Anwerbung einer „Mobilgarde" begonnen, welche vorzugsweise auf die Gamins rechnete, da sie lauter junge Burschen von 14 bis 20 Jahren umfassen sollte. Das war eine vortreffliche Maßregel; denn indem man die unternehmungslustigsten und verwegensten Elemente der Bevölkerung in den Dienst der Regierung nahm, erwarb man sich aus der Masse wahrscheinlicher und gefährlicher Gegner die tüchtigste Schutzwehr. Etwa 24,000 junge tapfere Menschen wurden als Freiwillige angeworben und in 24 Bataillone, deren je zwei den zwölf Arrondissements von Paris entsprachen, soldatisch gegliedert und disciplinirt. Uniformirt wie die Nationalgarde, be¬ waffnet wie die Linie, haben sie vortreffliche, hingebende Dienste geleistet.**) -) v, Rochau a. ->. O, ") ?ssesl- Ilistoirs Ah 1's.russ. 1850.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/508>, abgerufen am 23.07.2024.