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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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Bürgerschulen der Parochie, die Anstellung der Lehrer ein denselben sowie der
niederen Kirchendiener. Es übt ferner Kirchenzucht, indem es Mitgliedern,
die eines bürgerlichen Verbrechens überwiesen sind oder ein offenkundiges är¬
gerliches Leben führen, das Stimmrecht und den Zutritt zur Communion
versagt, bis dieselben Kirchenbuße vor der Versammlung der Communicanten
gethan haben, die in einem Bekenntniß des Pönitenten und einer an den
Pönitenten gerichteten Ermahnung bestehen wird. Die Pfarrer werden von
den Gemeinden aus drei Kandidaten gewählt, welche die Synode oder der
Ausschuß derselben vorschlägt. Die Synode ist nur Kreissynode und besteht
aus den Predigern des Kreises, die sich jährlich einmal versammeln. Sitz und
Stimme haben aber nur die Geistlichen, welche bereits drei Jahre tadellos ein
Amt verwaltet haben. In der Zwischenzeit besorgt ein Ausschuß die lau¬
fenden Angelegenheiten zugleich mit dem Probst (Superintendenten). Die Auf¬
sicht über die Kandidaten, die Besprechung von Kirchen- und Schulberichten
der Presbyterien, von Vorschlägen in Bezug auf Veränderungen in Agenten
und Gesangbüchern, von Beschwerden über Geistliche, die Ordnung der finan¬
ziellen Fragen bilden die Thätigkeit dieser Synoden. Der Probst wird aus
drei Kandidaten, welche das Capitel vorschlägt, von der Synode gewählt.
An der Spitze nämlich jeder Provinz steht ein aus sechs angesehenen Theo¬
logen zusammen gesetztes Capitel mit einem Bischof als Vorsteher an der
Spitze, der ohne sein Capitel aber nichts thun kann. Capitel und Bischof
als die ausgezeichnetsten der kirchlichen Corporation müssen eines gewissen
äußern Ansehens und eines sehr anständigen Auskommens sich erfreuen. Sie
werden theils aus Pfarrern theils aus akademischen Theologen gewählt, müssen
aber sämmtlich Doctoren der Theologie sein. Die ersten Ernennungen wären
so zu bewerkstelligen, daß in jeder zum Stift gehörigen Synode der Probst
mit seinein engern Ausschuß vier qualificirte Subjecte vorschlägt. Aus diesen
hätte der Minister mit Zuziehung seines Kirchenrathes zwei zu erwählen.
Dagegen schlüge er ebenfalls vier vor, aus denen die Pröbste mit ihren Aus¬
schüssen durch Stimmenmehrheit zweie zu erwählen hätten. Um den Bischof
zu ernennen, schlägt das Capitel drei qualificirte Subjecte motivirt vor, von
denen aber nur zwei aus seiner Mitte sein dürfen. Nach dem Bericht des
Ministers ernennt dann der König aus diesen dreien den Bischof. Wenn in
Zukunft ein Stiftsherr zu ernennen ist, so schlagen die sämmtlichen Pröbste
mit ihren Ausschüssen ein Subject vor, die Stiftsherren selbst das zweite und
der Bischof das dritte. Aus diesen dreien erwählt dann der Minister mit
Zuziehung seines Kirchenraths. Hier ist offenbar eine Lücke im Entwurf, in¬
dem diese Wahlen doch Versammlungen der Pröbste und Synodalausschüsse
der Provinzen, wenn auch nicht periodisch, so doch aä Koe nöthig machen,
die Schleiermacher nicht erwähnt hat. Oder sollten diese Wahlen schriftlich


Bürgerschulen der Parochie, die Anstellung der Lehrer ein denselben sowie der
niederen Kirchendiener. Es übt ferner Kirchenzucht, indem es Mitgliedern,
die eines bürgerlichen Verbrechens überwiesen sind oder ein offenkundiges är¬
gerliches Leben führen, das Stimmrecht und den Zutritt zur Communion
versagt, bis dieselben Kirchenbuße vor der Versammlung der Communicanten
gethan haben, die in einem Bekenntniß des Pönitenten und einer an den
Pönitenten gerichteten Ermahnung bestehen wird. Die Pfarrer werden von
den Gemeinden aus drei Kandidaten gewählt, welche die Synode oder der
Ausschuß derselben vorschlägt. Die Synode ist nur Kreissynode und besteht
aus den Predigern des Kreises, die sich jährlich einmal versammeln. Sitz und
Stimme haben aber nur die Geistlichen, welche bereits drei Jahre tadellos ein
Amt verwaltet haben. In der Zwischenzeit besorgt ein Ausschuß die lau¬
fenden Angelegenheiten zugleich mit dem Probst (Superintendenten). Die Auf¬
sicht über die Kandidaten, die Besprechung von Kirchen- und Schulberichten
der Presbyterien, von Vorschlägen in Bezug auf Veränderungen in Agenten
und Gesangbüchern, von Beschwerden über Geistliche, die Ordnung der finan¬
ziellen Fragen bilden die Thätigkeit dieser Synoden. Der Probst wird aus
drei Kandidaten, welche das Capitel vorschlägt, von der Synode gewählt.
An der Spitze nämlich jeder Provinz steht ein aus sechs angesehenen Theo¬
logen zusammen gesetztes Capitel mit einem Bischof als Vorsteher an der
Spitze, der ohne sein Capitel aber nichts thun kann. Capitel und Bischof
als die ausgezeichnetsten der kirchlichen Corporation müssen eines gewissen
äußern Ansehens und eines sehr anständigen Auskommens sich erfreuen. Sie
werden theils aus Pfarrern theils aus akademischen Theologen gewählt, müssen
aber sämmtlich Doctoren der Theologie sein. Die ersten Ernennungen wären
so zu bewerkstelligen, daß in jeder zum Stift gehörigen Synode der Probst
mit seinein engern Ausschuß vier qualificirte Subjecte vorschlägt. Aus diesen
hätte der Minister mit Zuziehung seines Kirchenrathes zwei zu erwählen.
Dagegen schlüge er ebenfalls vier vor, aus denen die Pröbste mit ihren Aus¬
schüssen durch Stimmenmehrheit zweie zu erwählen hätten. Um den Bischof
zu ernennen, schlägt das Capitel drei qualificirte Subjecte motivirt vor, von
denen aber nur zwei aus seiner Mitte sein dürfen. Nach dem Bericht des
Ministers ernennt dann der König aus diesen dreien den Bischof. Wenn in
Zukunft ein Stiftsherr zu ernennen ist, so schlagen die sämmtlichen Pröbste
mit ihren Ausschüssen ein Subject vor, die Stiftsherren selbst das zweite und
der Bischof das dritte. Aus diesen dreien erwählt dann der Minister mit
Zuziehung seines Kirchenraths. Hier ist offenbar eine Lücke im Entwurf, in¬
dem diese Wahlen doch Versammlungen der Pröbste und Synodalausschüsse
der Provinzen, wenn auch nicht periodisch, so doch aä Koe nöthig machen,
die Schleiermacher nicht erwähnt hat. Oder sollten diese Wahlen schriftlich


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[0496] Bürgerschulen der Parochie, die Anstellung der Lehrer ein denselben sowie der niederen Kirchendiener. Es übt ferner Kirchenzucht, indem es Mitgliedern, die eines bürgerlichen Verbrechens überwiesen sind oder ein offenkundiges är¬ gerliches Leben führen, das Stimmrecht und den Zutritt zur Communion versagt, bis dieselben Kirchenbuße vor der Versammlung der Communicanten gethan haben, die in einem Bekenntniß des Pönitenten und einer an den Pönitenten gerichteten Ermahnung bestehen wird. Die Pfarrer werden von den Gemeinden aus drei Kandidaten gewählt, welche die Synode oder der Ausschuß derselben vorschlägt. Die Synode ist nur Kreissynode und besteht aus den Predigern des Kreises, die sich jährlich einmal versammeln. Sitz und Stimme haben aber nur die Geistlichen, welche bereits drei Jahre tadellos ein Amt verwaltet haben. In der Zwischenzeit besorgt ein Ausschuß die lau¬ fenden Angelegenheiten zugleich mit dem Probst (Superintendenten). Die Auf¬ sicht über die Kandidaten, die Besprechung von Kirchen- und Schulberichten der Presbyterien, von Vorschlägen in Bezug auf Veränderungen in Agenten und Gesangbüchern, von Beschwerden über Geistliche, die Ordnung der finan¬ ziellen Fragen bilden die Thätigkeit dieser Synoden. Der Probst wird aus drei Kandidaten, welche das Capitel vorschlägt, von der Synode gewählt. An der Spitze nämlich jeder Provinz steht ein aus sechs angesehenen Theo¬ logen zusammen gesetztes Capitel mit einem Bischof als Vorsteher an der Spitze, der ohne sein Capitel aber nichts thun kann. Capitel und Bischof als die ausgezeichnetsten der kirchlichen Corporation müssen eines gewissen äußern Ansehens und eines sehr anständigen Auskommens sich erfreuen. Sie werden theils aus Pfarrern theils aus akademischen Theologen gewählt, müssen aber sämmtlich Doctoren der Theologie sein. Die ersten Ernennungen wären so zu bewerkstelligen, daß in jeder zum Stift gehörigen Synode der Probst mit seinein engern Ausschuß vier qualificirte Subjecte vorschlägt. Aus diesen hätte der Minister mit Zuziehung seines Kirchenrathes zwei zu erwählen. Dagegen schlüge er ebenfalls vier vor, aus denen die Pröbste mit ihren Aus¬ schüssen durch Stimmenmehrheit zweie zu erwählen hätten. Um den Bischof zu ernennen, schlägt das Capitel drei qualificirte Subjecte motivirt vor, von denen aber nur zwei aus seiner Mitte sein dürfen. Nach dem Bericht des Ministers ernennt dann der König aus diesen dreien den Bischof. Wenn in Zukunft ein Stiftsherr zu ernennen ist, so schlagen die sämmtlichen Pröbste mit ihren Ausschüssen ein Subject vor, die Stiftsherren selbst das zweite und der Bischof das dritte. Aus diesen dreien erwählt dann der Minister mit Zuziehung seines Kirchenraths. Hier ist offenbar eine Lücke im Entwurf, in¬ dem diese Wahlen doch Versammlungen der Pröbste und Synodalausschüsse der Provinzen, wenn auch nicht periodisch, so doch aä Koe nöthig machen, die Schleiermacher nicht erwähnt hat. Oder sollten diese Wahlen schriftlich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/496>, abgerufen am 03.07.2024.