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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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Dalhousie überlieferte sich Rapp, der seine Begnadigung erwirkte.*) -- Dieser
Soldatenaufstand mahnt durchaus an die Landsknechtszeiten, wo solche
Meutereien um Sold ja an der Tagesordnung waren, und wenn man dies
Straßburger Ereigniß in Beziehung setzt zu den Auftritten in Paris, welche
Lafittes Geld stillte, so fällt leider auch auf den einzigen versöhnenden Zug
in der französischen Armee-Geschichte des Jahres 18 l5, auf die ausdauernde
Anhänglichkeit des Heeres an die Person Napoleons, ein zweifelerregender
häßlicher Schatten. Immerhin bleibt aber noch viel Glut und Licht davon
übrig, und wenn das auch nicht ausreicht, um diese Kette schwerer Thaten,
in der sich Treubruch an Treubruch reiht, zu vergolden, so liegt dock) eine
goldene Lehre darin. Es ist die, daß der Fürst eines Volkes auch dessen
Kriegsherr sein muß, und zwar nicht nur der Verfassung, sondern der That
und der Wahrheit nach. Das haben die Bourbonen versäumt von Louis XV.
an, und darum hatten die Franzosen verlernt, in dem höchsten Vertreter des
Staats auch den geborenen Vorfechter ihrer Waffenehre zu sehn. Napoleon
war ihnen beides in großartigster Weise geworden, und darum fesselte er das
Heer fester an sich als irgend einer der französischen Herrscher nach ihm und
vor ihm seit Louis XIV- Aber er war ein Fremdling und ein Neuling; es
fehlte ihm der historische Hintergrund, es fehlte ihm jener geheimnißvolle ver¬
wandtschaftliche Bezug, der zwischen Fürsten und Völkern zwischen Kriegsherrn
und Heeren wirkt, die mit einander jahrhundertelang gewachsen und groß
geworden sind. Napoleon konnte blenden, bezaubern, fortreißen; aber sein
kometengleicher Lauf ließ einen sternenleerem Himmel zurück und Heer und
Volk der Franzosen waren arm geworden an dem besten Schatze der Nationen
-- an der Treue.




Ile HraWtten der Aassenstädter.
von
O. Schwebel. (Schluß.)
Der Dom zu Havelberg.

Wir fahren auf einer der alltäglichsten Kunststraßen der Mark Branden¬
burg, -- schnurgerade Pappelreihen, grau-weißer Staub, der sich rechts und
links weithin über die junge grüne Saat deckt, ab und zu eine Gruppe ver-



") llnitii: Ltrassboui'A xeuäiwt s"s clonx bloous ot Jos vont Mu-s.
Grenzboten III. 1872. LZ

Dalhousie überlieferte sich Rapp, der seine Begnadigung erwirkte.*) — Dieser
Soldatenaufstand mahnt durchaus an die Landsknechtszeiten, wo solche
Meutereien um Sold ja an der Tagesordnung waren, und wenn man dies
Straßburger Ereigniß in Beziehung setzt zu den Auftritten in Paris, welche
Lafittes Geld stillte, so fällt leider auch auf den einzigen versöhnenden Zug
in der französischen Armee-Geschichte des Jahres 18 l5, auf die ausdauernde
Anhänglichkeit des Heeres an die Person Napoleons, ein zweifelerregender
häßlicher Schatten. Immerhin bleibt aber noch viel Glut und Licht davon
übrig, und wenn das auch nicht ausreicht, um diese Kette schwerer Thaten,
in der sich Treubruch an Treubruch reiht, zu vergolden, so liegt dock) eine
goldene Lehre darin. Es ist die, daß der Fürst eines Volkes auch dessen
Kriegsherr sein muß, und zwar nicht nur der Verfassung, sondern der That
und der Wahrheit nach. Das haben die Bourbonen versäumt von Louis XV.
an, und darum hatten die Franzosen verlernt, in dem höchsten Vertreter des
Staats auch den geborenen Vorfechter ihrer Waffenehre zu sehn. Napoleon
war ihnen beides in großartigster Weise geworden, und darum fesselte er das
Heer fester an sich als irgend einer der französischen Herrscher nach ihm und
vor ihm seit Louis XIV- Aber er war ein Fremdling und ein Neuling; es
fehlte ihm der historische Hintergrund, es fehlte ihm jener geheimnißvolle ver¬
wandtschaftliche Bezug, der zwischen Fürsten und Völkern zwischen Kriegsherrn
und Heeren wirkt, die mit einander jahrhundertelang gewachsen und groß
geworden sind. Napoleon konnte blenden, bezaubern, fortreißen; aber sein
kometengleicher Lauf ließ einen sternenleerem Himmel zurück und Heer und
Volk der Franzosen waren arm geworden an dem besten Schatze der Nationen
— an der Treue.




Ile HraWtten der Aassenstädter.
von
O. Schwebel. (Schluß.)
Der Dom zu Havelberg.

Wir fahren auf einer der alltäglichsten Kunststraßen der Mark Branden¬
burg, — schnurgerade Pappelreihen, grau-weißer Staub, der sich rechts und
links weithin über die junge grüne Saat deckt, ab und zu eine Gruppe ver-



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[0417] Dalhousie überlieferte sich Rapp, der seine Begnadigung erwirkte.*) — Dieser Soldatenaufstand mahnt durchaus an die Landsknechtszeiten, wo solche Meutereien um Sold ja an der Tagesordnung waren, und wenn man dies Straßburger Ereigniß in Beziehung setzt zu den Auftritten in Paris, welche Lafittes Geld stillte, so fällt leider auch auf den einzigen versöhnenden Zug in der französischen Armee-Geschichte des Jahres 18 l5, auf die ausdauernde Anhänglichkeit des Heeres an die Person Napoleons, ein zweifelerregender häßlicher Schatten. Immerhin bleibt aber noch viel Glut und Licht davon übrig, und wenn das auch nicht ausreicht, um diese Kette schwerer Thaten, in der sich Treubruch an Treubruch reiht, zu vergolden, so liegt dock) eine goldene Lehre darin. Es ist die, daß der Fürst eines Volkes auch dessen Kriegsherr sein muß, und zwar nicht nur der Verfassung, sondern der That und der Wahrheit nach. Das haben die Bourbonen versäumt von Louis XV. an, und darum hatten die Franzosen verlernt, in dem höchsten Vertreter des Staats auch den geborenen Vorfechter ihrer Waffenehre zu sehn. Napoleon war ihnen beides in großartigster Weise geworden, und darum fesselte er das Heer fester an sich als irgend einer der französischen Herrscher nach ihm und vor ihm seit Louis XIV- Aber er war ein Fremdling und ein Neuling; es fehlte ihm der historische Hintergrund, es fehlte ihm jener geheimnißvolle ver¬ wandtschaftliche Bezug, der zwischen Fürsten und Völkern zwischen Kriegsherrn und Heeren wirkt, die mit einander jahrhundertelang gewachsen und groß geworden sind. Napoleon konnte blenden, bezaubern, fortreißen; aber sein kometengleicher Lauf ließ einen sternenleerem Himmel zurück und Heer und Volk der Franzosen waren arm geworden an dem besten Schatze der Nationen — an der Treue. Ile HraWtten der Aassenstädter. von O. Schwebel. (Schluß.) Der Dom zu Havelberg. Wir fahren auf einer der alltäglichsten Kunststraßen der Mark Branden¬ burg, — schnurgerade Pappelreihen, grau-weißer Staub, der sich rechts und links weithin über die junge grüne Saat deckt, ab und zu eine Gruppe ver- ") llnitii: Ltrassboui'A xeuäiwt s«s clonx bloous ot Jos vont Mu-s. Grenzboten III. 1872. LZ

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/417>, abgerufen am 22.12.2024.