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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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I. Corps. Davout -- Niederelbe.

II. Corps. Victor -- Mittelelbe. Jedes dieses Corps sollte drei Divisionen
stark sein; beide kamen aber vor dem Waffenstillstande nur zum Anfang ihrer Forma¬
tion und konnten nur kurze Zeit in den großen Krieg eingreifen.

III. Corps. Ney, war das erste Observationscorps des Rheins und vier Divi¬
sionen stark, von denen die eine Bayern, die andere Württemberg gestellt hatte,
während die dritte aus Nhcinbundscontingenten und spanischen Sapeurs bestand. Im
Ganzen zählte das Corps 17,000 Nicht-Franzosen.

IV. Corps. Bertrand, war das Observationscorps von Italien, aber auf 2 Di¬
visionen reducirt, von denen die eine aus 13,000 Italienern bestand (vergl. XII. Corps.)

V. Corps. Lauriston, das Observationscorps der Elbe; vier Divisionen stark.

VI. Corps. Marmont, war das zweite Observationscorps des Rheins; vier
Divisionen, wobei ein spanisches Regiment.

VII. Corps. Reynier, bestand augenblicklich nur aus den Trümmern der Division
Durutte. Zwei sächsische Divisionen waren in Aussicht.

VIII. und IX. Corps existirten noch nicht; das eine sollten die Polen, das andere
die Bayern formiren.

X. Corps: die Garnison von Danzig.

XI. Corps. Macdonald, das bisherige corxs ä'avantZarclo, 3 Divisionen
stark.

XII. Corps. Oudinot, 2 Divisionen des Observationscorps von Italien.

Mit aller Energie bestand Napoleon auf beständigem Exerciren im
Feuer, eine Maßregel, die bei seiner so jungen und unerfahrenen Infanterie
und bei dem vollständigen Mangel an Reiterei gegenüber einem mit trefflicher
Cavallerie versehenen Gegner von der höchsten Wichtigkeit war und gute
Früchte getragen hat. -- Mitte April, an demselben Tage, an welchem der
Kaiser Paris verließ, um das Commando zu übernehmen, siebzehn Tage vor
der Schlacht bei Lützen, war übrigens der Effectivbestand von der oben ange¬
gebenen officiellen Rapportzahl (d. h. von 298,000 Mann) sehr weit entfernt
und hat, Roussel's sorgfältigen Untersuchungen zufolge, factisch nicht mehr als
170,000 Mann betragen, von denen 140,000 Franzosen waren. Und dabei
zweifelten die meisten Corpscommandeurs durchaus an der Schlagfertigkeit
ihrer Truppen. Sogar Lauriston spricht sich in diesem Sinne aus, obgleich
die ihm untergebenen Kohorten doch am längsten in festem Truppenverbande
standen, und Marmont bittet geradezu, dem Kaiser zu melden: er könne sein
Corps nicht als en 6tat as eomoattrs betrachten. Es mangele ihm durchaus
an Officieren, seine dritte Division entbehre aller Artillerie, er habe keinen
Mann Reiterei, keine Wundärzte, keinen Kriegscommisfär und nur einen
einzigen Generalstabs-Adjoint. -- Besonders schlimm war der Mangel an
Officieren, zumal die vorhandenen zum großen Theil so schlecht waren, daß


I. Corps. Davout — Niederelbe.

II. Corps. Victor — Mittelelbe. Jedes dieses Corps sollte drei Divisionen
stark sein; beide kamen aber vor dem Waffenstillstande nur zum Anfang ihrer Forma¬
tion und konnten nur kurze Zeit in den großen Krieg eingreifen.

III. Corps. Ney, war das erste Observationscorps des Rheins und vier Divi¬
sionen stark, von denen die eine Bayern, die andere Württemberg gestellt hatte,
während die dritte aus Nhcinbundscontingenten und spanischen Sapeurs bestand. Im
Ganzen zählte das Corps 17,000 Nicht-Franzosen.

IV. Corps. Bertrand, war das Observationscorps von Italien, aber auf 2 Di¬
visionen reducirt, von denen die eine aus 13,000 Italienern bestand (vergl. XII. Corps.)

V. Corps. Lauriston, das Observationscorps der Elbe; vier Divisionen stark.

VI. Corps. Marmont, war das zweite Observationscorps des Rheins; vier
Divisionen, wobei ein spanisches Regiment.

VII. Corps. Reynier, bestand augenblicklich nur aus den Trümmern der Division
Durutte. Zwei sächsische Divisionen waren in Aussicht.

VIII. und IX. Corps existirten noch nicht; das eine sollten die Polen, das andere
die Bayern formiren.

X. Corps: die Garnison von Danzig.

XI. Corps. Macdonald, das bisherige corxs ä'avantZarclo, 3 Divisionen
stark.

XII. Corps. Oudinot, 2 Divisionen des Observationscorps von Italien.

Mit aller Energie bestand Napoleon auf beständigem Exerciren im
Feuer, eine Maßregel, die bei seiner so jungen und unerfahrenen Infanterie
und bei dem vollständigen Mangel an Reiterei gegenüber einem mit trefflicher
Cavallerie versehenen Gegner von der höchsten Wichtigkeit war und gute
Früchte getragen hat. — Mitte April, an demselben Tage, an welchem der
Kaiser Paris verließ, um das Commando zu übernehmen, siebzehn Tage vor
der Schlacht bei Lützen, war übrigens der Effectivbestand von der oben ange¬
gebenen officiellen Rapportzahl (d. h. von 298,000 Mann) sehr weit entfernt
und hat, Roussel's sorgfältigen Untersuchungen zufolge, factisch nicht mehr als
170,000 Mann betragen, von denen 140,000 Franzosen waren. Und dabei
zweifelten die meisten Corpscommandeurs durchaus an der Schlagfertigkeit
ihrer Truppen. Sogar Lauriston spricht sich in diesem Sinne aus, obgleich
die ihm untergebenen Kohorten doch am längsten in festem Truppenverbande
standen, und Marmont bittet geradezu, dem Kaiser zu melden: er könne sein
Corps nicht als en 6tat as eomoattrs betrachten. Es mangele ihm durchaus
an Officieren, seine dritte Division entbehre aller Artillerie, er habe keinen
Mann Reiterei, keine Wundärzte, keinen Kriegscommisfär und nur einen
einzigen Generalstabs-Adjoint. — Besonders schlimm war der Mangel an
Officieren, zumal die vorhandenen zum großen Theil so schlecht waren, daß


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[0334] I. Corps. Davout — Niederelbe. II. Corps. Victor — Mittelelbe. Jedes dieses Corps sollte drei Divisionen stark sein; beide kamen aber vor dem Waffenstillstande nur zum Anfang ihrer Forma¬ tion und konnten nur kurze Zeit in den großen Krieg eingreifen. III. Corps. Ney, war das erste Observationscorps des Rheins und vier Divi¬ sionen stark, von denen die eine Bayern, die andere Württemberg gestellt hatte, während die dritte aus Nhcinbundscontingenten und spanischen Sapeurs bestand. Im Ganzen zählte das Corps 17,000 Nicht-Franzosen. IV. Corps. Bertrand, war das Observationscorps von Italien, aber auf 2 Di¬ visionen reducirt, von denen die eine aus 13,000 Italienern bestand (vergl. XII. Corps.) V. Corps. Lauriston, das Observationscorps der Elbe; vier Divisionen stark. VI. Corps. Marmont, war das zweite Observationscorps des Rheins; vier Divisionen, wobei ein spanisches Regiment. VII. Corps. Reynier, bestand augenblicklich nur aus den Trümmern der Division Durutte. Zwei sächsische Divisionen waren in Aussicht. VIII. und IX. Corps existirten noch nicht; das eine sollten die Polen, das andere die Bayern formiren. X. Corps: die Garnison von Danzig. XI. Corps. Macdonald, das bisherige corxs ä'avantZarclo, 3 Divisionen stark. XII. Corps. Oudinot, 2 Divisionen des Observationscorps von Italien. Mit aller Energie bestand Napoleon auf beständigem Exerciren im Feuer, eine Maßregel, die bei seiner so jungen und unerfahrenen Infanterie und bei dem vollständigen Mangel an Reiterei gegenüber einem mit trefflicher Cavallerie versehenen Gegner von der höchsten Wichtigkeit war und gute Früchte getragen hat. — Mitte April, an demselben Tage, an welchem der Kaiser Paris verließ, um das Commando zu übernehmen, siebzehn Tage vor der Schlacht bei Lützen, war übrigens der Effectivbestand von der oben ange¬ gebenen officiellen Rapportzahl (d. h. von 298,000 Mann) sehr weit entfernt und hat, Roussel's sorgfältigen Untersuchungen zufolge, factisch nicht mehr als 170,000 Mann betragen, von denen 140,000 Franzosen waren. Und dabei zweifelten die meisten Corpscommandeurs durchaus an der Schlagfertigkeit ihrer Truppen. Sogar Lauriston spricht sich in diesem Sinne aus, obgleich die ihm untergebenen Kohorten doch am längsten in festem Truppenverbande standen, und Marmont bittet geradezu, dem Kaiser zu melden: er könne sein Corps nicht als en 6tat as eomoattrs betrachten. Es mangele ihm durchaus an Officieren, seine dritte Division entbehre aller Artillerie, er habe keinen Mann Reiterei, keine Wundärzte, keinen Kriegscommisfär und nur einen einzigen Generalstabs-Adjoint. — Besonders schlimm war der Mangel an Officieren, zumal die vorhandenen zum großen Theil so schlecht waren, daß

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/334>, abgerufen am 22.12.2024.