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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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Lindau ab, welche" uns dann bei Sr. hochfürstlichen Durchlaucht anmeldete,
welche dann auch alsbald Befehl ertheileten, unsere Aufwartung abzustatten.
Wir wurden sehr gnädig von Jhro hochfürstlichen Durchlaucht empfangen
und rühmten dieselben noch, daß es ihm so wohl in Bremen gefallen und
nachdem wir abermals unterthänigst ersucheten, uns die Gnade zu thun und
bei Ihrer Rückreise Ihren Abtritt in unserem Garten zu nehmen, acceptirten
es Jhro Durchlaucht insoweit es sich schicken wollte. Wir präsentirten auch
unsere Dienste in Holland, worauf auch Jhro Durchlaucht uns nachgehends
noch einige Commissionen von Büchern, Thee, Caffee und einigen Galanterie¬
waaren, welches Sie mit eigener Hand ausgesetzet, uns geben ließen, ordinirten
auch, daß wir des Abends mit zu Hof speisen sollten. Zuvor legten wir aber
auch unsere unterthänige Aufwartung ab bei Jhro Durchlaucht Herzog Jo¬
hann Adolph, wie auch bei Jhro Durchlaucht dem Erbprinzen, wo wir dann
auch ebenfalls sehr gnädig empfangen wurden und gleichfalls allerhand Com¬
missionen nach Holland empfingen. Nachdem gaben wir Jhro Excellenz dem
Herrn Canzler von Schönleben die Visite, welcher, wie auch Herr Oberland-
drost von Doria sehr höflich gegen uns war. Weil es noch ein wenig zu
früh war an Tafel zu gehen, gingen wir mit Herrn Consul Schubart nach
Herrn Assessor und Rentmeister Günther, den wir zwar durch die lange Cor-
respondenz kannten, aber sonst noch nicht gesprochen hatten. Sein Sohn sollte
andern Tags als Secretarius vorgestellet werden, sonst hätte er sich vielleicht
resolviret, mit nach Holland zu gehen. Darauf wurde an Tafel geblasen,
weshalb wir uns wieder nach Hofe machten, da denn Papa die Gnade hatte,
in einem Gemach mit der Herrschaft zu speisen, meine Wenigkeit aber aß mit
den Bedienten") in einem andern Gemach, wo uns große Ehre angethan
wurde und ein Jeder sich bemühte, seine Geneigtheit sehen zu lassen, sowohl
die Frauens- als auch Mannspersonen. Nach der Mahlzeit, als ich mit
Einigen so ungespeiset, auf dem Wall spatzieren ging, traf ich Mr. Papa bei
den vornehmsten Cavaliers und Dames an und indem ich da vorbeipassirte,
sagte der Herr Hofmarschall: warum sie mir nicht die Logements, wo Sie ge¬
speiset, besehen ließen und ein Fäßchen Wein auf Sr. hochfürstliche Durchlaucht
Wohlsein zu brächten? Diesem kamen sie denn auch getreulich nach, weshalb
ich einen braven Solus mit nach Hause brachte. Weil es aber schöner Rhein¬
wein war, ineommodirte er mich eben gar nicht und war des Morgens frisch
und gesund.

Der Herr Cousin Schubart ließ uns des Morgens in sein Quartier auf
ein Cöppjen Wasser nöthigen, welches wir auch acceptirten und in Gesellschaft



Bekanntlich wurden sonst auch höhere Hofdiener, selbst Adelige, "Hofbediente" genannt.
Der Sohn des Bremensers speiste somit an einer Art Marschallstafel.
Grenzboten III. 1872. 33

Lindau ab, welche« uns dann bei Sr. hochfürstlichen Durchlaucht anmeldete,
welche dann auch alsbald Befehl ertheileten, unsere Aufwartung abzustatten.
Wir wurden sehr gnädig von Jhro hochfürstlichen Durchlaucht empfangen
und rühmten dieselben noch, daß es ihm so wohl in Bremen gefallen und
nachdem wir abermals unterthänigst ersucheten, uns die Gnade zu thun und
bei Ihrer Rückreise Ihren Abtritt in unserem Garten zu nehmen, acceptirten
es Jhro Durchlaucht insoweit es sich schicken wollte. Wir präsentirten auch
unsere Dienste in Holland, worauf auch Jhro Durchlaucht uns nachgehends
noch einige Commissionen von Büchern, Thee, Caffee und einigen Galanterie¬
waaren, welches Sie mit eigener Hand ausgesetzet, uns geben ließen, ordinirten
auch, daß wir des Abends mit zu Hof speisen sollten. Zuvor legten wir aber
auch unsere unterthänige Aufwartung ab bei Jhro Durchlaucht Herzog Jo¬
hann Adolph, wie auch bei Jhro Durchlaucht dem Erbprinzen, wo wir dann
auch ebenfalls sehr gnädig empfangen wurden und gleichfalls allerhand Com¬
missionen nach Holland empfingen. Nachdem gaben wir Jhro Excellenz dem
Herrn Canzler von Schönleben die Visite, welcher, wie auch Herr Oberland-
drost von Doria sehr höflich gegen uns war. Weil es noch ein wenig zu
früh war an Tafel zu gehen, gingen wir mit Herrn Consul Schubart nach
Herrn Assessor und Rentmeister Günther, den wir zwar durch die lange Cor-
respondenz kannten, aber sonst noch nicht gesprochen hatten. Sein Sohn sollte
andern Tags als Secretarius vorgestellet werden, sonst hätte er sich vielleicht
resolviret, mit nach Holland zu gehen. Darauf wurde an Tafel geblasen,
weshalb wir uns wieder nach Hofe machten, da denn Papa die Gnade hatte,
in einem Gemach mit der Herrschaft zu speisen, meine Wenigkeit aber aß mit
den Bedienten") in einem andern Gemach, wo uns große Ehre angethan
wurde und ein Jeder sich bemühte, seine Geneigtheit sehen zu lassen, sowohl
die Frauens- als auch Mannspersonen. Nach der Mahlzeit, als ich mit
Einigen so ungespeiset, auf dem Wall spatzieren ging, traf ich Mr. Papa bei
den vornehmsten Cavaliers und Dames an und indem ich da vorbeipassirte,
sagte der Herr Hofmarschall: warum sie mir nicht die Logements, wo Sie ge¬
speiset, besehen ließen und ein Fäßchen Wein auf Sr. hochfürstliche Durchlaucht
Wohlsein zu brächten? Diesem kamen sie denn auch getreulich nach, weshalb
ich einen braven Solus mit nach Hause brachte. Weil es aber schöner Rhein¬
wein war, ineommodirte er mich eben gar nicht und war des Morgens frisch
und gesund.

Der Herr Cousin Schubart ließ uns des Morgens in sein Quartier auf
ein Cöppjen Wasser nöthigen, welches wir auch acceptirten und in Gesellschaft



Bekanntlich wurden sonst auch höhere Hofdiener, selbst Adelige, „Hofbediente" genannt.
Der Sohn des Bremensers speiste somit an einer Art Marschallstafel.
Grenzboten III. 1872. 33
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/261>, abgerufen am 22.07.2024.