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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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Sonstige Curiosttäten haben sich besser verkauft. Für das Sevres-Porcellan
z. B. hat man dem Kaiser selbst zwei Millionen bezahlt. Soviel war es
freilich auch werth. Seine Pferde und seine Wagen haben auch keine außer¬
ordentlichen Preise erzielt, und es ist spaßhaft, heute Kaufleute und Private
im Lois 60 LouIoMö mit kaiserlicher Livree herumfahren zu sehen, an der nur
die Cocarde fehlt.

Chocoladen-Fabrikanten und reichgewordene Wirthe, die ihre Schlösser oder
Häuser mit theuren Bildern versehen wollen, sind keine competenten Richter
von Gemälden, und fremde Liebhaber, die mehr Geld, wie Kenntniß haben, und
nur von sich reden lassen wollen, wetteifern unter sich auf Auctionen, um ge¬
wissen Damen zu gefallen. Einen rationellen Handel mit Dingen, die keinen
bestimmten Preis haben, und nur einen conventionellen Werth besitzen, kann
man mit solchen Elementen nicht erzielen. Dazu kommen die Commissionär-
Provisionen, die Is Prozent von ihren Operationen bekommen und ein natür¬
liches Interesse daran haben, die Preise hinaufzutreiben. Die Controle über
sie ist bei Weitem nicht hinreichend und der Mißbräuche geschehen nur zu
viele. Es gibt mehr wie 6000 Kaufleute, die in Paris vom Bilderhandel
leben, aber regelmäßig kann der Handel nicht werden. Heute verkauft sich ein
Bild zu diesem Preis, morgen zu einem anderen.

Mit den Mäklern (Lxxsrts) ist es besonders schlecht beschaffen. Herr
Petit hat eine leichte Aufgabe, insofern er nur mit modernen Bildern zu
thun hat. Die anderen aber haben andere Handwerke zuvor getrieben, sind
Glaser oder Farbenhändler gewesen und in diesen Berufs-Zweigen haben sie
ihre Kenntnisse von Kunstgeschichte gesammelt, und zwar in einer so bedenk¬
lichen Weise, daß sie z. B. Bon Bologne in die Bolognesische Schule ver¬
setzen, und sich den Louvre zur Richtschnur nehmen, und da dieses Museum weder
einen Michel Angelo, noch einen Albrecht Dürer besitzt, so verwechseln sie
den Einen mit dem Anderen und können auch eine Copie von Raphael von
dem Original kaum unterscheiden.

Die Herren Liebhaber sind wol so ziemlich überall sonderbar beschaffen.
Denjenigen von ihnen, die Geld haben, fehlt es an den Kenntnissen, und
umgekehrt. Qudry, der sich selbst nie getraute ein Bild auf sein eignes Ur¬
theil hin zu kaufen, ist in Neapel verstorben, und Duclos, der 3000 Gemälde
besaß, ist verschieden, ohne daß seine Erbin -- die Tochter einer Wäscherin --
sich entschlossen hätte, die nachgelassenen Schätze zu veräußern. Auch in dieser
Sammlung ist nicht Alles ächt. Der Rembrandt soll ein Van Hals sein,
über den Watteau habe ich schon von Meffre Zweifel aussprechen hören und
die Greuze sind entschieden Nachahmungen. An die Existenz von Collot's
in dieser Sammlung glaube ich nicht -- aber das macht keine 30 Bilder, die man
bestreiten könnte in der Zahl von 3000.


Sonstige Curiosttäten haben sich besser verkauft. Für das Sevres-Porcellan
z. B. hat man dem Kaiser selbst zwei Millionen bezahlt. Soviel war es
freilich auch werth. Seine Pferde und seine Wagen haben auch keine außer¬
ordentlichen Preise erzielt, und es ist spaßhaft, heute Kaufleute und Private
im Lois 60 LouIoMö mit kaiserlicher Livree herumfahren zu sehen, an der nur
die Cocarde fehlt.

Chocoladen-Fabrikanten und reichgewordene Wirthe, die ihre Schlösser oder
Häuser mit theuren Bildern versehen wollen, sind keine competenten Richter
von Gemälden, und fremde Liebhaber, die mehr Geld, wie Kenntniß haben, und
nur von sich reden lassen wollen, wetteifern unter sich auf Auctionen, um ge¬
wissen Damen zu gefallen. Einen rationellen Handel mit Dingen, die keinen
bestimmten Preis haben, und nur einen conventionellen Werth besitzen, kann
man mit solchen Elementen nicht erzielen. Dazu kommen die Commissionär-
Provisionen, die Is Prozent von ihren Operationen bekommen und ein natür¬
liches Interesse daran haben, die Preise hinaufzutreiben. Die Controle über
sie ist bei Weitem nicht hinreichend und der Mißbräuche geschehen nur zu
viele. Es gibt mehr wie 6000 Kaufleute, die in Paris vom Bilderhandel
leben, aber regelmäßig kann der Handel nicht werden. Heute verkauft sich ein
Bild zu diesem Preis, morgen zu einem anderen.

Mit den Mäklern (Lxxsrts) ist es besonders schlecht beschaffen. Herr
Petit hat eine leichte Aufgabe, insofern er nur mit modernen Bildern zu
thun hat. Die anderen aber haben andere Handwerke zuvor getrieben, sind
Glaser oder Farbenhändler gewesen und in diesen Berufs-Zweigen haben sie
ihre Kenntnisse von Kunstgeschichte gesammelt, und zwar in einer so bedenk¬
lichen Weise, daß sie z. B. Bon Bologne in die Bolognesische Schule ver¬
setzen, und sich den Louvre zur Richtschnur nehmen, und da dieses Museum weder
einen Michel Angelo, noch einen Albrecht Dürer besitzt, so verwechseln sie
den Einen mit dem Anderen und können auch eine Copie von Raphael von
dem Original kaum unterscheiden.

Die Herren Liebhaber sind wol so ziemlich überall sonderbar beschaffen.
Denjenigen von ihnen, die Geld haben, fehlt es an den Kenntnissen, und
umgekehrt. Qudry, der sich selbst nie getraute ein Bild auf sein eignes Ur¬
theil hin zu kaufen, ist in Neapel verstorben, und Duclos, der 3000 Gemälde
besaß, ist verschieden, ohne daß seine Erbin — die Tochter einer Wäscherin —
sich entschlossen hätte, die nachgelassenen Schätze zu veräußern. Auch in dieser
Sammlung ist nicht Alles ächt. Der Rembrandt soll ein Van Hals sein,
über den Watteau habe ich schon von Meffre Zweifel aussprechen hören und
die Greuze sind entschieden Nachahmungen. An die Existenz von Collot's
in dieser Sammlung glaube ich nicht — aber das macht keine 30 Bilder, die man
bestreiten könnte in der Zahl von 3000.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/234>, abgerufen am 22.07.2024.