Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.daß Robert Blum schon im Jahre 1848 aufs Bielersee verurtheilte jede der republi¬ Wir beginnen mit dem Urtheil Blums über den Socialismus und Communis¬ Hierbei ist indessen noch zu berücksichtigen, daß Robert Blum unter Communis- daß Robert Blum schon im Jahre 1848 aufs Bielersee verurtheilte jede der republi¬ Wir beginnen mit dem Urtheil Blums über den Socialismus und Communis¬ Hierbei ist indessen noch zu berücksichtigen, daß Robert Blum unter Communis- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0210" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/128138"/> <p xml:id="ID_685" prev="#ID_684"> daß Robert Blum schon im Jahre 1848 aufs Bielersee verurtheilte jede der republi¬<lb/> kanischen Schilderhebungen, welche noch heute in den Organen der deutschen Demo¬<lb/> kratie und Socialdemokratie mit den begeistertsten Worten gefeiert worden;<lb/> daß er sich stets frei hielt von der Schwärmerei für die Protection des Hauses<lb/> Habsburg über Deutschland; daß er feine parlamentarische und politische Stellung<lb/> mit der rührendsten Selbstlosigkeit und Opferwilligkeit bekleidete, und daß seine<lb/> national deutsche Gesinnung außer Zweifel steht.</p><lb/> <p xml:id="ID_686"> Wir beginnen mit dem Urtheil Blums über den Socialismus und Communis¬<lb/> mus. Dieses entnehmen wir einem Vortrag desselben, welchen er im Winter<lb/> 1847/48 im Saale der Leipziger Buchhändlerbörse gehalten, und später, wesent¬<lb/> lich gekürzt, in seinem „Staatslexicon für das Volk" in dem Artikel „Gesellschaft,"<lb/> „Gesellschaftswissenschaft" abgedruckt hat. Das letztere Manuscript ist theilweise<lb/> aus die weiße Rückseite von Flugschriften oder Briefcouverts aus dem Februar<lb/> 1848 geschrieben, gehört also unzweifelhaft der oben begränzten Periode an. Ueber<lb/> den Communismus gelangt Blum, nachdem er alle einzelnen Theorieen<lb/> und Apostel desselben vorgeführt und bekämpft hat, zu folgendem Schlu߬<lb/> urtheil: „Die Communisten bauen mehr Systeme auf, als daß sie sich an die<lb/> Zustände und ihre Bedürfnisse anschließen. Jedes System weicht vom andern<lb/> ab und doch behauptet jedes das alleinrichtige zu sein, wie die römische<lb/> Kirche von der ihrigen. Wir haben bereits unter „Eigenthum" ausgesprochen,<lb/> daß wir den Communismus für naturwidrig und unmöglich halten."</p><lb/> <p xml:id="ID_687" next="#ID_688"> Hierbei ist indessen noch zu berücksichtigen, daß Robert Blum unter Communis-<lb/> mus nach Ausweis seines Artikels in seinem Staatslexicon, (Seite 421—25)<lb/> eine Reihe von Bestrebungen mit verstanden und mit verurtheilt hat,<lb/> welche die Socialisten heut zu Tage als integrirende Bestandtheile des<lb/> Socialismus auszugeben pflegen, seitdem sie das Publicum gegen die<lb/> Ideen und Zweigideen des Communismus verschlossen und mißtrauisch ge¬<lb/> funden haben. Dieser Ausspruch Blums über den Communismus wird<lb/> für die Socialisten auch nicht günstiger durch seinen scheinbar wohlwollenderen<lb/> Ausspruch über den Socialismus. Denn wie sich sogleich zeigen wird,<lb/> versteht Blum unter Socialismus etwas ganz Andres als die Socialisten von<lb/> heute. Vielmehr erblickt er vorahnend die beste Lösung der socialen Schäden seiner<lb/> Tage in solchen Bestrebungen, wie sie Schulze-Delitzsch nach der Revolution<lb/> mit so großem Erfolge durchgeführt hat, und in solchen gesellschaftlich be¬<lb/> freienden Gesetzen, wie sie Deutschland seit derselben Zeit, namentlich,<lb/> aber seit dem Jahre 1867 errungen hat. Er sagt nämlich Seite 427: „da¬<lb/> gegen müssen Vereinigungen" (Genossenschaften) „nach Fourier's Andeu¬<lb/> tungen zu glänzenden Ergebnissen führen. Es ist auffallend, daß unter<lb/> den mächtigen Fortschritten des menschlichen Wissens in jeder denkbaren<lb/> Sphäre die Gesellschaft in ihrem fast ursprünglichen Zustand geblieben ist</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0210]
daß Robert Blum schon im Jahre 1848 aufs Bielersee verurtheilte jede der republi¬
kanischen Schilderhebungen, welche noch heute in den Organen der deutschen Demo¬
kratie und Socialdemokratie mit den begeistertsten Worten gefeiert worden;
daß er sich stets frei hielt von der Schwärmerei für die Protection des Hauses
Habsburg über Deutschland; daß er feine parlamentarische und politische Stellung
mit der rührendsten Selbstlosigkeit und Opferwilligkeit bekleidete, und daß seine
national deutsche Gesinnung außer Zweifel steht.
Wir beginnen mit dem Urtheil Blums über den Socialismus und Communis¬
mus. Dieses entnehmen wir einem Vortrag desselben, welchen er im Winter
1847/48 im Saale der Leipziger Buchhändlerbörse gehalten, und später, wesent¬
lich gekürzt, in seinem „Staatslexicon für das Volk" in dem Artikel „Gesellschaft,"
„Gesellschaftswissenschaft" abgedruckt hat. Das letztere Manuscript ist theilweise
aus die weiße Rückseite von Flugschriften oder Briefcouverts aus dem Februar
1848 geschrieben, gehört also unzweifelhaft der oben begränzten Periode an. Ueber
den Communismus gelangt Blum, nachdem er alle einzelnen Theorieen
und Apostel desselben vorgeführt und bekämpft hat, zu folgendem Schlu߬
urtheil: „Die Communisten bauen mehr Systeme auf, als daß sie sich an die
Zustände und ihre Bedürfnisse anschließen. Jedes System weicht vom andern
ab und doch behauptet jedes das alleinrichtige zu sein, wie die römische
Kirche von der ihrigen. Wir haben bereits unter „Eigenthum" ausgesprochen,
daß wir den Communismus für naturwidrig und unmöglich halten."
Hierbei ist indessen noch zu berücksichtigen, daß Robert Blum unter Communis-
mus nach Ausweis seines Artikels in seinem Staatslexicon, (Seite 421—25)
eine Reihe von Bestrebungen mit verstanden und mit verurtheilt hat,
welche die Socialisten heut zu Tage als integrirende Bestandtheile des
Socialismus auszugeben pflegen, seitdem sie das Publicum gegen die
Ideen und Zweigideen des Communismus verschlossen und mißtrauisch ge¬
funden haben. Dieser Ausspruch Blums über den Communismus wird
für die Socialisten auch nicht günstiger durch seinen scheinbar wohlwollenderen
Ausspruch über den Socialismus. Denn wie sich sogleich zeigen wird,
versteht Blum unter Socialismus etwas ganz Andres als die Socialisten von
heute. Vielmehr erblickt er vorahnend die beste Lösung der socialen Schäden seiner
Tage in solchen Bestrebungen, wie sie Schulze-Delitzsch nach der Revolution
mit so großem Erfolge durchgeführt hat, und in solchen gesellschaftlich be¬
freienden Gesetzen, wie sie Deutschland seit derselben Zeit, namentlich,
aber seit dem Jahre 1867 errungen hat. Er sagt nämlich Seite 427: „da¬
gegen müssen Vereinigungen" (Genossenschaften) „nach Fourier's Andeu¬
tungen zu glänzenden Ergebnissen führen. Es ist auffallend, daß unter
den mächtigen Fortschritten des menschlichen Wissens in jeder denkbaren
Sphäre die Gesellschaft in ihrem fast ursprünglichen Zustand geblieben ist
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