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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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(in dieser deutsch, nicht in Uebersetzung herausgekommenen Schrift) sich noch
unverhohlener aussprechen? Dieß ist der uns feindliche Geist der Jesuitenschule.
Der Verlagshandlung nach weilt der Verfasser wahrscheinlich in Regensburg,
und wie geeignet sind derlei Wundervorträge für Missionspredigten!"

Zu solchen miraeulösen Erscheinungen, die auf politische Prophezeiungen
hinauslaufen, treten dann allerlei Weissagungen von frommen Nonnen und
Eremiten, die mehr auf dem Gebiet der Dogmatik spielen und zum Theil schon
vor langer Zeit verkündet haben, was die Jesuitenpartei in den letzten Jahren
zu Rom durchgesetzt hat.

In einem ihrer Pariser Briefe erwähnte die "Times" vor einigen Monaten
des in den Kreisen der französischen Legitimisten noch weit und hoch hinauf
verbreiteten Glaubens an derartige Weissagungen, und wir wissen aus der
Geschichte der Jesuiten, welchen Einfluß dieser Orden seit der Restauration
auf diese Partei geübt hat, die ihm unter Karl X. sogar in seinen Affiliirten
Ministerportefeuilles in die Hände spielte, und welche ihm von den schönen
Tagen von Se. Achnul an bis heute mit einer an Vergötterung grenzenden
Verehrung zugethan gewesen ist.*) Der Specialcorrespondent des Londoner
Blattes kam später auf die Sache zurück, weil er in ihr ein Hauptcharakter¬
merkmal der Legitimisten erkannt zu haben glaubte, und wir geben hier einen
Theil dessen wieder, was er darüber zu berichten hat.

Mit den ultramontanen Bestrebungen der Legitimisten sind wir bekannt.
Was aber nicht so allgemein bekannt ist, das ist der Einfluß, den mehr als
hundert Prophezeiungen theils aus der Laienwelt, theils aus der Geistlichkeit
herstammend, auf die Meinungen von Hunderttausenden braver Männer und
Frauen im ganzen Lande üben, und mit welcher unbeschränkten Zuversicht
namentlich der weibliche Theil der legitimistischen Partei an deren vollständige
Erfüllung glaubt. Alle diese Weissagungen laufen auf zwei Dinge hinaus:
auf die Restauration der Bourbonen in Frankreich und auf die Wiederher¬
stellung der päpstlichen Allgewalt, welche in der ganzen Welt die Ketzer und
Republikaner vernichten wird. Auch über den Lauf der Ereignisse, welche
Frankreich durchmachen muß, bevor es jener "Segnungen" theilhaftig wird,
herrscht in diesen Prophetien eine gewisse Uebereinstimmung. Fast in allen
spielt der Untergang von Paris eine wichtige Rolle. Dieses neue Babel muß
erst dem Erdboden gleich gemacht sein, kein Stein desselben darf auf dem an¬
dern bleiben, wenn eine reinere und heiligere Stadt sich hier erheben soll.

Ein großer Theil dieser Prophezeiungen wurde 1830 bald nach dem Sturze



") Gilt auch von einem großen Theil der österreichischen Aristokratie bis in die höchsten
Hofkreise hinauf, auf welche der jetzige Provinzial in Oesterreich den auffallendsten Ein¬
fluß hat.

(in dieser deutsch, nicht in Uebersetzung herausgekommenen Schrift) sich noch
unverhohlener aussprechen? Dieß ist der uns feindliche Geist der Jesuitenschule.
Der Verlagshandlung nach weilt der Verfasser wahrscheinlich in Regensburg,
und wie geeignet sind derlei Wundervorträge für Missionspredigten!"

Zu solchen miraeulösen Erscheinungen, die auf politische Prophezeiungen
hinauslaufen, treten dann allerlei Weissagungen von frommen Nonnen und
Eremiten, die mehr auf dem Gebiet der Dogmatik spielen und zum Theil schon
vor langer Zeit verkündet haben, was die Jesuitenpartei in den letzten Jahren
zu Rom durchgesetzt hat.

In einem ihrer Pariser Briefe erwähnte die „Times" vor einigen Monaten
des in den Kreisen der französischen Legitimisten noch weit und hoch hinauf
verbreiteten Glaubens an derartige Weissagungen, und wir wissen aus der
Geschichte der Jesuiten, welchen Einfluß dieser Orden seit der Restauration
auf diese Partei geübt hat, die ihm unter Karl X. sogar in seinen Affiliirten
Ministerportefeuilles in die Hände spielte, und welche ihm von den schönen
Tagen von Se. Achnul an bis heute mit einer an Vergötterung grenzenden
Verehrung zugethan gewesen ist.*) Der Specialcorrespondent des Londoner
Blattes kam später auf die Sache zurück, weil er in ihr ein Hauptcharakter¬
merkmal der Legitimisten erkannt zu haben glaubte, und wir geben hier einen
Theil dessen wieder, was er darüber zu berichten hat.

Mit den ultramontanen Bestrebungen der Legitimisten sind wir bekannt.
Was aber nicht so allgemein bekannt ist, das ist der Einfluß, den mehr als
hundert Prophezeiungen theils aus der Laienwelt, theils aus der Geistlichkeit
herstammend, auf die Meinungen von Hunderttausenden braver Männer und
Frauen im ganzen Lande üben, und mit welcher unbeschränkten Zuversicht
namentlich der weibliche Theil der legitimistischen Partei an deren vollständige
Erfüllung glaubt. Alle diese Weissagungen laufen auf zwei Dinge hinaus:
auf die Restauration der Bourbonen in Frankreich und auf die Wiederher¬
stellung der päpstlichen Allgewalt, welche in der ganzen Welt die Ketzer und
Republikaner vernichten wird. Auch über den Lauf der Ereignisse, welche
Frankreich durchmachen muß, bevor es jener „Segnungen" theilhaftig wird,
herrscht in diesen Prophetien eine gewisse Uebereinstimmung. Fast in allen
spielt der Untergang von Paris eine wichtige Rolle. Dieses neue Babel muß
erst dem Erdboden gleich gemacht sein, kein Stein desselben darf auf dem an¬
dern bleiben, wenn eine reinere und heiligere Stadt sich hier erheben soll.

Ein großer Theil dieser Prophezeiungen wurde 1830 bald nach dem Sturze



") Gilt auch von einem großen Theil der österreichischen Aristokratie bis in die höchsten
Hofkreise hinauf, auf welche der jetzige Provinzial in Oesterreich den auffallendsten Ein¬
fluß hat.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/171>, abgerufen am 22.12.2024.