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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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in dem Capitel über Handel, Verkehr und Industrie eine vortreffliche
Uebersicht der Handels- und Verkehrsgeschichte Aegyptens von den ältesten
Zeiten an bis zur Gegenwart, verbunden mit instructiven Rückblicken auf
die Phasen, welche die Bewegung des Welthandels nach und von Indien,
bei der Aegypten von jeher eine wichtige Rolle spielte, im Laufe von Jahr¬
tausenden durchgemacht hat. Widerlegt wird aus den alten Denkmälern
die sonstige allgemeine Annahme, daß die Aegypter die See gehaßt hätten,
also schlechte Seefahrer gewesen wären. Im Allgemeinen steht es fest,
daß die Aegypter einen directen Schiffsverkehr mit Indien nicht unter¬
hielten, solchen vielmehr den Arabern überlassen haben. Mit den Phöniziern,
Syrern bestand lebhafte Handelsverbindung über die Völkerbrücke (El Kan-
töra), die Erdschwelle zwischen dem Menzaleh- und Ballahsee auf der Land¬
enge von Suez; ebenso war ein regelmäßiger Verkehr mit Westafrika auf der
schon von Herodot beschriebenen uralten Karawanenstraße von Theben aus
über Siwah (Ammons Oase) nach Garama und Jnnerafrika, endlich mit dem
vielleicht früher als Aegypten cultivirt gewesenen Meroö über Syene (Assuahn)
eingerichtet. Eine interessante Episode bildet die Schilderung der Pilgerkara¬
wanen, die nach Mekka ziehen, sowie des Karawanenbetriebs überhaupt, der
im Wesentlichen noch heute wie vor Tausenden von Jahren das wichtigste
Communicationsmittel in der ungeheuren Wüste Afrika's ausmacht, und nur
auf wenigen Strecken von Post, Eisenbahn und Dampfschiff verdrängt ist.
Neuerdings sind von der Aegyptischen Gesellschaft Azizich directe Dampfschiffs¬
verbindungen zwischen Kairo und Assuan auf dem Nil, ebenso aus dem rothen
Meere zwischen Suez, Jemseh, Kossähr, Suakim und Massawa eingerichtet.

Auch der überseeische, meist in den Händen von Fremden befindliche Ver¬
kehr ist nicht unwichtig. 1870 liefen 1929 Segelschiffe, 937 Dampfer in
Alexandrien, in Damiette: 478 Segelschiffe und zwei Dampfer ein. Die Zahl
der Seehandelsschiffe Aegyptens beträgt etwa 1S00, diejenige der Nilbarken
mehr als 10,000. Das Postwesen Aegyptens ist seit 1863 in die Staatsver¬
waltung übergegangen; ebenso sind Eisenbahnen und Telegraphen Staatsan¬
stalten. Ueber den Umfang der Import- und Exportbewegung enthält das
Capitel genaues und reichhaltiges Material.

Der siebente Abschnitt ist, wie bereits erwähnt, dem Suez-Canal ge¬
widmet, dessen Geschichte wir als bekannt voraussetzen und daher hier nicht
weiter berühren, obwohl zahlreiche neue Momente in der Darstellung bei¬
gebracht sind, ^die zum ersten Male ein genaueres Bild von der Bedeutung,
Leistungsfähigkeit und den Chancen des Canals für die Zukunft geben.

Möchte das Werk, dessen Silhouette wir in Vorstehendem unsern Lesern
gezeichnet haben, für das herrliche Nilland denjenigen Erfolg haben, welchen
der Verfasser wohl vorwiegend im Auge hatte: der Gegenwart den Spiegel
vorgehalten zu haben, damit sie die Fehler der Vergangenheit nicht in die Zu¬
kunft hineintrage.


G. T.


Verantwortlicher Redacteur: Dr. Haus Blum.
Verlag von K. L. Hervig. -- Druck von Hüthel ", Segler in Leipzig.

in dem Capitel über Handel, Verkehr und Industrie eine vortreffliche
Uebersicht der Handels- und Verkehrsgeschichte Aegyptens von den ältesten
Zeiten an bis zur Gegenwart, verbunden mit instructiven Rückblicken auf
die Phasen, welche die Bewegung des Welthandels nach und von Indien,
bei der Aegypten von jeher eine wichtige Rolle spielte, im Laufe von Jahr¬
tausenden durchgemacht hat. Widerlegt wird aus den alten Denkmälern
die sonstige allgemeine Annahme, daß die Aegypter die See gehaßt hätten,
also schlechte Seefahrer gewesen wären. Im Allgemeinen steht es fest,
daß die Aegypter einen directen Schiffsverkehr mit Indien nicht unter¬
hielten, solchen vielmehr den Arabern überlassen haben. Mit den Phöniziern,
Syrern bestand lebhafte Handelsverbindung über die Völkerbrücke (El Kan-
töra), die Erdschwelle zwischen dem Menzaleh- und Ballahsee auf der Land¬
enge von Suez; ebenso war ein regelmäßiger Verkehr mit Westafrika auf der
schon von Herodot beschriebenen uralten Karawanenstraße von Theben aus
über Siwah (Ammons Oase) nach Garama und Jnnerafrika, endlich mit dem
vielleicht früher als Aegypten cultivirt gewesenen Meroö über Syene (Assuahn)
eingerichtet. Eine interessante Episode bildet die Schilderung der Pilgerkara¬
wanen, die nach Mekka ziehen, sowie des Karawanenbetriebs überhaupt, der
im Wesentlichen noch heute wie vor Tausenden von Jahren das wichtigste
Communicationsmittel in der ungeheuren Wüste Afrika's ausmacht, und nur
auf wenigen Strecken von Post, Eisenbahn und Dampfschiff verdrängt ist.
Neuerdings sind von der Aegyptischen Gesellschaft Azizich directe Dampfschiffs¬
verbindungen zwischen Kairo und Assuan auf dem Nil, ebenso aus dem rothen
Meere zwischen Suez, Jemseh, Kossähr, Suakim und Massawa eingerichtet.

Auch der überseeische, meist in den Händen von Fremden befindliche Ver¬
kehr ist nicht unwichtig. 1870 liefen 1929 Segelschiffe, 937 Dampfer in
Alexandrien, in Damiette: 478 Segelschiffe und zwei Dampfer ein. Die Zahl
der Seehandelsschiffe Aegyptens beträgt etwa 1S00, diejenige der Nilbarken
mehr als 10,000. Das Postwesen Aegyptens ist seit 1863 in die Staatsver¬
waltung übergegangen; ebenso sind Eisenbahnen und Telegraphen Staatsan¬
stalten. Ueber den Umfang der Import- und Exportbewegung enthält das
Capitel genaues und reichhaltiges Material.

Der siebente Abschnitt ist, wie bereits erwähnt, dem Suez-Canal ge¬
widmet, dessen Geschichte wir als bekannt voraussetzen und daher hier nicht
weiter berühren, obwohl zahlreiche neue Momente in der Darstellung bei¬
gebracht sind, ^die zum ersten Male ein genaueres Bild von der Bedeutung,
Leistungsfähigkeit und den Chancen des Canals für die Zukunft geben.

Möchte das Werk, dessen Silhouette wir in Vorstehendem unsern Lesern
gezeichnet haben, für das herrliche Nilland denjenigen Erfolg haben, welchen
der Verfasser wohl vorwiegend im Auge hatte: der Gegenwart den Spiegel
vorgehalten zu haben, damit sie die Fehler der Vergangenheit nicht in die Zu¬
kunft hineintrage.


G. T.


Verantwortlicher Redacteur: Dr. Haus Blum.
Verlag von K. L. Hervig. — Druck von Hüthel «, Segler in Leipzig.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/168>, abgerufen am 29.06.2024.