der Sachsenherzöge. Es ist ziemlich groß und sortificiret. Der Ort lieget sehr lustig und ist gut leben vor die Studenten, die sich in einer ziemlichen Anzahl daselbst aufhalten. . Nicht weit von der Stadt wachsen schöne Trauben auf den kleinen Bergen, welches gar angenehm zu sehen. Von Wittenberg kommt man durch Kopstedt nach Treuenbrietzen, vier Meilen. Bei die- sem Ort fanget das Preußische wieder an und hat seinen Namen von Treue, weil es vor diesen allemal getreu bei seinen Herren gehalten, wie solches noch am Rathhause in lateinischer Inschrift zu lesen. Von Brietzen gingen wir auf Belitz und Sarmand, zwei Meilen und dann nach Berlin vier Meilen.
Es war naturgemäß, daß nach dem Schlüsse des Landtags eine gewisse Pause in Sachen der bayerischen Politik entstand. Denn die großen Fragen waren sämmtlich erledigt und nur die Verwaltung ging ihren stillen ein¬ tönigen Schritt in alter Regelmäßigkeit dahin, um die zahlreichen Ergebnisse der jüngsten Session in die Wirklichkeit einzuführen. Aus dieser Epoche ist selbstverständlich wenig zu berichten.
Ein Wendepunkt, der tiefere Erregung brachte, lag erst in dem Tode des Grafen von Hegnenberg, mit dem alle möglichen Fragen und Combinationen heraufbeschworen wurden und für dessen Nachlaß sich bis zur Stunde noch kein Erbe gefunden hat.
Der Tod des Grafen von Hegnenberg war für Bayern ein schwerer Schlag und wenn man die Frage der Wiedervergebung seines Portefeuilles mit dem geläufigen Namen einer "Ministerkrise" bezeichnete, so war wirklich nicht allein der Name, sondern auch die Sache damit richtig getroffen. Denn eine Krisis lag vor allem darin, daß bei den anomalen parlamentarischen Verhältnissen, in welchen Bayern lebt, die Erledigung des leitenden Portefeuilles stets wieder die Frage nach dem System erneuert. Daß man dabei an eine principielle Umkehr dachte, soll hiemit natürlich nicht gemeint sein, aber Zuge¬ ständnisse nach rechts oder links werden doch von beiden Theilen in's Auge gesaßt und betrieben. Allein auch die Personenfrage an sich scheint kritisch genug, denn wenn die Stellung eines bayerischen Ministers auch nicht mehr so einflußreich in sachlicher Beziehung ist, wie sie vor 1870 war, so bleibt sie doch noch immerhin eine ungemein complicirte, in der sich alle erdenklichen Rücksichten zusammenfinden. Einen ausgesprochenen Parteiminister will die Regierung nicht ernennen, nachdem sich beide Parteien in der Kammer vollkommen die Wag/ halten, und ein Mann,
der Sachsenherzöge. Es ist ziemlich groß und sortificiret. Der Ort lieget sehr lustig und ist gut leben vor die Studenten, die sich in einer ziemlichen Anzahl daselbst aufhalten. . Nicht weit von der Stadt wachsen schöne Trauben auf den kleinen Bergen, welches gar angenehm zu sehen. Von Wittenberg kommt man durch Kopstedt nach Treuenbrietzen, vier Meilen. Bei die- sem Ort fanget das Preußische wieder an und hat seinen Namen von Treue, weil es vor diesen allemal getreu bei seinen Herren gehalten, wie solches noch am Rathhause in lateinischer Inschrift zu lesen. Von Brietzen gingen wir auf Belitz und Sarmand, zwei Meilen und dann nach Berlin vier Meilen.
Es war naturgemäß, daß nach dem Schlüsse des Landtags eine gewisse Pause in Sachen der bayerischen Politik entstand. Denn die großen Fragen waren sämmtlich erledigt und nur die Verwaltung ging ihren stillen ein¬ tönigen Schritt in alter Regelmäßigkeit dahin, um die zahlreichen Ergebnisse der jüngsten Session in die Wirklichkeit einzuführen. Aus dieser Epoche ist selbstverständlich wenig zu berichten.
Ein Wendepunkt, der tiefere Erregung brachte, lag erst in dem Tode des Grafen von Hegnenberg, mit dem alle möglichen Fragen und Combinationen heraufbeschworen wurden und für dessen Nachlaß sich bis zur Stunde noch kein Erbe gefunden hat.
Der Tod des Grafen von Hegnenberg war für Bayern ein schwerer Schlag und wenn man die Frage der Wiedervergebung seines Portefeuilles mit dem geläufigen Namen einer „Ministerkrise" bezeichnete, so war wirklich nicht allein der Name, sondern auch die Sache damit richtig getroffen. Denn eine Krisis lag vor allem darin, daß bei den anomalen parlamentarischen Verhältnissen, in welchen Bayern lebt, die Erledigung des leitenden Portefeuilles stets wieder die Frage nach dem System erneuert. Daß man dabei an eine principielle Umkehr dachte, soll hiemit natürlich nicht gemeint sein, aber Zuge¬ ständnisse nach rechts oder links werden doch von beiden Theilen in's Auge gesaßt und betrieben. Allein auch die Personenfrage an sich scheint kritisch genug, denn wenn die Stellung eines bayerischen Ministers auch nicht mehr so einflußreich in sachlicher Beziehung ist, wie sie vor 1870 war, so bleibt sie doch noch immerhin eine ungemein complicirte, in der sich alle erdenklichen Rücksichten zusammenfinden. Einen ausgesprochenen Parteiminister will die Regierung nicht ernennen, nachdem sich beide Parteien in der Kammer vollkommen die Wag/ halten, und ein Mann,
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Anzahl daselbst aufhalten. . Nicht weit von der Stadt wachsen schöne Trauben
auf den kleinen Bergen, welches gar angenehm zu sehen. Von Wittenberg
kommt man durch Kopstedt nach Treuenbrietzen, vier Meilen. Bei die-
sem Ort fanget das Preußische wieder an und hat seinen Namen von Treue,
weil es vor diesen allemal getreu bei seinen Herren gehalten, wie solches noch
am Rathhause in lateinischer Inschrift zu lesen. Von Brietzen gingen wir
auf Belitz und Sarmand, zwei Meilen und dann nach Berlin vier
Meilen.
Es war naturgemäß, daß nach dem Schlüsse des Landtags eine gewisse
Pause in Sachen der bayerischen Politik entstand. Denn die großen Fragen
waren sämmtlich erledigt und nur die Verwaltung ging ihren stillen ein¬
tönigen Schritt in alter Regelmäßigkeit dahin, um die zahlreichen Ergebnisse
der jüngsten Session in die Wirklichkeit einzuführen. Aus dieser Epoche ist
selbstverständlich wenig zu berichten.
Ein Wendepunkt, der tiefere Erregung brachte, lag erst in dem Tode
des Grafen von Hegnenberg, mit dem alle möglichen Fragen und Combinationen
heraufbeschworen wurden und für dessen Nachlaß sich bis zur Stunde noch
kein Erbe gefunden hat.
Der Tod des Grafen von Hegnenberg war für Bayern ein schwerer
Schlag und wenn man die Frage der Wiedervergebung seines Portefeuilles
mit dem geläufigen Namen einer „Ministerkrise" bezeichnete, so war wirklich
nicht allein der Name, sondern auch die Sache damit richtig getroffen. Denn
eine Krisis lag vor allem darin, daß bei den anomalen parlamentarischen
Verhältnissen, in welchen Bayern lebt, die Erledigung des leitenden Portefeuilles
stets wieder die Frage nach dem System erneuert. Daß man dabei an eine
principielle Umkehr dachte, soll hiemit natürlich nicht gemeint sein, aber Zuge¬
ständnisse nach rechts oder links werden doch von beiden Theilen in's Auge gesaßt
und betrieben. Allein auch die Personenfrage an sich scheint kritisch genug, denn
wenn die Stellung eines bayerischen Ministers auch nicht mehr so einflußreich in
sachlicher Beziehung ist, wie sie vor 1870 war, so bleibt sie doch noch immerhin eine
ungemein complicirte, in der sich alle erdenklichen Rücksichten zusammenfinden.
Einen ausgesprochenen Parteiminister will die Regierung nicht ernennen, nachdem
sich beide Parteien in der Kammer vollkommen die Wag/ halten, und ein Mann,
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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/155>, abgerufen am 29.12.2024.
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