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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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Aufpackung der Bagage ließ sich das alte Weib gelüsten, unsern Toback zu
stehlen. Nachdem wir nun eine halbe Meile gefahren waren, befunden wir
gut ein Pfeifchen zu schmauchen, aber da wurden wir erst gewahr, daß der
Toback weg war. Ob wir gleich nicht gesehen, daß die Frau denselbigen ge¬
nommen, so ließen wir ihr doch durch den Fuhrmann sagen, sie möchte diesen,
den wir ihr gelehnet, wiedergeben, worauf sie ihn auch gleich wieder heraus¬
gab, in der Meinung, daß wir es wohl gewußt, daß sie ihn hätte wegge^
nommer. Endlich kamen wir zu Langewedel an und nachdem wir Wagen
und Pferde bestellet, tranken wir beim Zollverwalter einen Thee, bei dem wir
solange eingekehret waren. Unterdessen kam Papa, nachdem er des Morgens
frühe, aus Bremen geritten, mit dem Engländer*) an und nachdem der Wagen
gekommen, packten wir unser Gut darauf und fuhren darauf weiter. Weil
nun Cousin Nauman so nahe an Veerden war, so schickte ihn Mr. Papa
dahin. Er schickte von Langewedel das Pferd wieder nach Bremen zurück.
Wir exercirten inzwischen bis Kämpen, fanden allda die auf unserer Zelli¬
schen Reise so wunderlich gewesene Wirthin ganz modest, der Wirth dagegen
hatte inzwischen das Podagra bekommen.

Darauf ging die Reise weiter nach Haemstorf. Daselbst kehrten wir
nicht im PostHause ein, sondern in dem gegenüberstehenden alten Kruge, wo¬
selbst wir auf der Zellischen Reise schon einmal gewesen, bestellten darauf
einen andern Fuhrmann, mußten aber des Postmeisters Knecht annehmen.
Nachdem wir nun etliche Stunden geschlafen hatten, fuhren wir Morgens vor
Tage weg, und kamen nach neun Uhr nach Zelle. Aber das war, da es
eben Sonntags gewesen, schon geschlossen; als man aber von einem Trinkgeld
hörte und daß wir nicht nach Zelle hinein wollten, so ließen sie uns durch,
denn man kann von da nach der Portna kommen, daß man nicht nöthig hat
durch die Stadt zu fahren. Unterdeß ich nun dahin fuhr, ging Mr. Papa
nach der Frau Commissionsräthin Smith Hause, um allda vorzusprechen, fand
aber Niemand zu Hause. Darauf kamen Mr. Kretschmar und Knittel, welchen
wir unsere Ankunft zu wissen gethan, mit dem bestellten Fuhrmann zu uns.
Inzwischen dieser Alles zurecht machte, aßen wir ein wenig von unserer mit¬
genommenen kalten Küche und fuhren darauf nach genommenen Abschied um
Mittag des 27. wieder weiter, und kamen auf Breukel, zwei Meilen,
Mos off, drei Meilen. Indem wir hier ein wenig stille gehalten, auf daß
die Pferde etwas fressen könnten, und eben wieder wegfahren wollten, und
Papa ein wenig vorausgegangen war. da kommt ein Bauer auf einem hüb¬
schen weißen Pferd geritten und tummelt es auf dem Hof herum. Darauf
fraget der Hospes, was er davor haben wolle? Der Bauer verlangt zwanzig



Reitpferd.

Aufpackung der Bagage ließ sich das alte Weib gelüsten, unsern Toback zu
stehlen. Nachdem wir nun eine halbe Meile gefahren waren, befunden wir
gut ein Pfeifchen zu schmauchen, aber da wurden wir erst gewahr, daß der
Toback weg war. Ob wir gleich nicht gesehen, daß die Frau denselbigen ge¬
nommen, so ließen wir ihr doch durch den Fuhrmann sagen, sie möchte diesen,
den wir ihr gelehnet, wiedergeben, worauf sie ihn auch gleich wieder heraus¬
gab, in der Meinung, daß wir es wohl gewußt, daß sie ihn hätte wegge^
nommer. Endlich kamen wir zu Langewedel an und nachdem wir Wagen
und Pferde bestellet, tranken wir beim Zollverwalter einen Thee, bei dem wir
solange eingekehret waren. Unterdessen kam Papa, nachdem er des Morgens
frühe, aus Bremen geritten, mit dem Engländer*) an und nachdem der Wagen
gekommen, packten wir unser Gut darauf und fuhren darauf weiter. Weil
nun Cousin Nauman so nahe an Veerden war, so schickte ihn Mr. Papa
dahin. Er schickte von Langewedel das Pferd wieder nach Bremen zurück.
Wir exercirten inzwischen bis Kämpen, fanden allda die auf unserer Zelli¬
schen Reise so wunderlich gewesene Wirthin ganz modest, der Wirth dagegen
hatte inzwischen das Podagra bekommen.

Darauf ging die Reise weiter nach Haemstorf. Daselbst kehrten wir
nicht im PostHause ein, sondern in dem gegenüberstehenden alten Kruge, wo¬
selbst wir auf der Zellischen Reise schon einmal gewesen, bestellten darauf
einen andern Fuhrmann, mußten aber des Postmeisters Knecht annehmen.
Nachdem wir nun etliche Stunden geschlafen hatten, fuhren wir Morgens vor
Tage weg, und kamen nach neun Uhr nach Zelle. Aber das war, da es
eben Sonntags gewesen, schon geschlossen; als man aber von einem Trinkgeld
hörte und daß wir nicht nach Zelle hinein wollten, so ließen sie uns durch,
denn man kann von da nach der Portna kommen, daß man nicht nöthig hat
durch die Stadt zu fahren. Unterdeß ich nun dahin fuhr, ging Mr. Papa
nach der Frau Commissionsräthin Smith Hause, um allda vorzusprechen, fand
aber Niemand zu Hause. Darauf kamen Mr. Kretschmar und Knittel, welchen
wir unsere Ankunft zu wissen gethan, mit dem bestellten Fuhrmann zu uns.
Inzwischen dieser Alles zurecht machte, aßen wir ein wenig von unserer mit¬
genommenen kalten Küche und fuhren darauf nach genommenen Abschied um
Mittag des 27. wieder weiter, und kamen auf Breukel, zwei Meilen,
Mos off, drei Meilen. Indem wir hier ein wenig stille gehalten, auf daß
die Pferde etwas fressen könnten, und eben wieder wegfahren wollten, und
Papa ein wenig vorausgegangen war. da kommt ein Bauer auf einem hüb¬
schen weißen Pferd geritten und tummelt es auf dem Hof herum. Darauf
fraget der Hospes, was er davor haben wolle? Der Bauer verlangt zwanzig



Reitpferd.
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[0147] Aufpackung der Bagage ließ sich das alte Weib gelüsten, unsern Toback zu stehlen. Nachdem wir nun eine halbe Meile gefahren waren, befunden wir gut ein Pfeifchen zu schmauchen, aber da wurden wir erst gewahr, daß der Toback weg war. Ob wir gleich nicht gesehen, daß die Frau denselbigen ge¬ nommen, so ließen wir ihr doch durch den Fuhrmann sagen, sie möchte diesen, den wir ihr gelehnet, wiedergeben, worauf sie ihn auch gleich wieder heraus¬ gab, in der Meinung, daß wir es wohl gewußt, daß sie ihn hätte wegge^ nommer. Endlich kamen wir zu Langewedel an und nachdem wir Wagen und Pferde bestellet, tranken wir beim Zollverwalter einen Thee, bei dem wir solange eingekehret waren. Unterdessen kam Papa, nachdem er des Morgens frühe, aus Bremen geritten, mit dem Engländer*) an und nachdem der Wagen gekommen, packten wir unser Gut darauf und fuhren darauf weiter. Weil nun Cousin Nauman so nahe an Veerden war, so schickte ihn Mr. Papa dahin. Er schickte von Langewedel das Pferd wieder nach Bremen zurück. Wir exercirten inzwischen bis Kämpen, fanden allda die auf unserer Zelli¬ schen Reise so wunderlich gewesene Wirthin ganz modest, der Wirth dagegen hatte inzwischen das Podagra bekommen. Darauf ging die Reise weiter nach Haemstorf. Daselbst kehrten wir nicht im PostHause ein, sondern in dem gegenüberstehenden alten Kruge, wo¬ selbst wir auf der Zellischen Reise schon einmal gewesen, bestellten darauf einen andern Fuhrmann, mußten aber des Postmeisters Knecht annehmen. Nachdem wir nun etliche Stunden geschlafen hatten, fuhren wir Morgens vor Tage weg, und kamen nach neun Uhr nach Zelle. Aber das war, da es eben Sonntags gewesen, schon geschlossen; als man aber von einem Trinkgeld hörte und daß wir nicht nach Zelle hinein wollten, so ließen sie uns durch, denn man kann von da nach der Portna kommen, daß man nicht nöthig hat durch die Stadt zu fahren. Unterdeß ich nun dahin fuhr, ging Mr. Papa nach der Frau Commissionsräthin Smith Hause, um allda vorzusprechen, fand aber Niemand zu Hause. Darauf kamen Mr. Kretschmar und Knittel, welchen wir unsere Ankunft zu wissen gethan, mit dem bestellten Fuhrmann zu uns. Inzwischen dieser Alles zurecht machte, aßen wir ein wenig von unserer mit¬ genommenen kalten Küche und fuhren darauf nach genommenen Abschied um Mittag des 27. wieder weiter, und kamen auf Breukel, zwei Meilen, Mos off, drei Meilen. Indem wir hier ein wenig stille gehalten, auf daß die Pferde etwas fressen könnten, und eben wieder wegfahren wollten, und Papa ein wenig vorausgegangen war. da kommt ein Bauer auf einem hüb¬ schen weißen Pferd geritten und tummelt es auf dem Hof herum. Darauf fraget der Hospes, was er davor haben wolle? Der Bauer verlangt zwanzig Reitpferd.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/147>, abgerufen am 22.07.2024.