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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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duckte Eigenthum vertheidigt hätten. Er mag dabei in gutem Glauben ge¬
handelt haben. Aber einer seiner Gegner auf dem Brüsseler Congreß, der
belgische Communist Paepe, hatte dort doch sehr richtig bemerkt: "Wir dehnen
nur aus das agrarische Eigenthum aus, was Tolain und die übrigen Gegner
des Collectio-Eigenthums am Grund und Boden sehr bereitwillig in Betreff
der Bergwerke, Eisenbahnen, Canäle, Straßen und dergl. zugestehen. Es gibt
also hier durchaus keine unbedingten Anhänger des individuellen Eigenthums.
Wir sind folglich alle mehr oder weniger Communisten, wenn die Betrach¬
tungen der Commission als Communismus betrachtet werden können. In
der That verlangen wir nicht, daß der Staat Ackerbauer werde oder die länd¬
lichen Arbeiter in Lohn nehme, wir verlangen das eben so wenig, als daß der
Staat Bergmann werde und die Arbeiter in den Minen in Lohn nehme,
sondern wir wollen, daß der Grund und Boden großen Ackerbauer-Gesell¬
schaften abgetreten werde, wie die Bergwerke, Eisenbahnen und dergl. großen
Arbeiter-Gesellschaften. Warum mit dem Bergwerk, dem unterirdischen Felde
anders verfahren als mit dem eigentlichen Felde, welches nur ein Bergwerk
an der Oberfläche des Bodens ist, ein Bergwerk, wo man Vegetabilien gewinnt,
statt daraus Steine, Metalle, Kohlen zu gewinnen?"

Noch mehr aber wird Tolains Behauptung vor der Nationalversamm¬
lung durch das Folgende widerlegt. In einer Sitzung des Congresses zu
Basel hatte der Delegirte Robim in einer Rede zu Gunsten des Collecti-
vismus, wie der Communismus sich jetzt nannte, vorgebracht, daß die
Bauern demselben keineswegs feindlich gesinnt seien, wie die Individuali¬
sten annehmen. Sofort beeilte sich Tolain, der mit dem letzteren Ausdruck
gemeint war, zu erklären, daß er diese Bezeichnung als eine Beleidigung und
Verleumdung betrachte, er und seine Freunde seien Mutualisten. Wir
suchen nicht nach dem genauen Sinne dieses neuen Wortes, dessen sich die
Socialdemokraten in ihren Streitigkeiten seitdem häufig bedienen. Aber wir
finden in dem Bericht Mollins über den Baseler Congreß das System, welches
die Schule Tolains, der ein Freund des individuellen Eigenthums sein wollte,
aufstellt. Tolain selbst schlug am 10. September 1869 dem Congresse vor,
zu erklären, daß "es für die Verwirklichung der Befreiung der Arbeiter noth¬
wendig sei, alle Pachtverträge in Kaufvertrage zu verwandeln, weil dann das
fortwährend im Umlauf begriffene Eigenthum schon dadurch aufhören würde,
ein Mißstand zu sein." -

Nun aber zeigen die vorausgegangenen Erörterungen was diese mutua-
listische Schule unter der Verwandlung der Pachtverträge in Kaufvertrage
versteht. Es ist ganz einfach eine Anwendung der Lehre, welche das Zins¬
nehmen von Capitalien verdammt, einer Lehre, welche der ganzen Internatio¬
nale theuer ist. Nach Tolains System muß jeder Zins und jede andere Ent-


duckte Eigenthum vertheidigt hätten. Er mag dabei in gutem Glauben ge¬
handelt haben. Aber einer seiner Gegner auf dem Brüsseler Congreß, der
belgische Communist Paepe, hatte dort doch sehr richtig bemerkt: „Wir dehnen
nur aus das agrarische Eigenthum aus, was Tolain und die übrigen Gegner
des Collectio-Eigenthums am Grund und Boden sehr bereitwillig in Betreff
der Bergwerke, Eisenbahnen, Canäle, Straßen und dergl. zugestehen. Es gibt
also hier durchaus keine unbedingten Anhänger des individuellen Eigenthums.
Wir sind folglich alle mehr oder weniger Communisten, wenn die Betrach¬
tungen der Commission als Communismus betrachtet werden können. In
der That verlangen wir nicht, daß der Staat Ackerbauer werde oder die länd¬
lichen Arbeiter in Lohn nehme, wir verlangen das eben so wenig, als daß der
Staat Bergmann werde und die Arbeiter in den Minen in Lohn nehme,
sondern wir wollen, daß der Grund und Boden großen Ackerbauer-Gesell¬
schaften abgetreten werde, wie die Bergwerke, Eisenbahnen und dergl. großen
Arbeiter-Gesellschaften. Warum mit dem Bergwerk, dem unterirdischen Felde
anders verfahren als mit dem eigentlichen Felde, welches nur ein Bergwerk
an der Oberfläche des Bodens ist, ein Bergwerk, wo man Vegetabilien gewinnt,
statt daraus Steine, Metalle, Kohlen zu gewinnen?"

Noch mehr aber wird Tolains Behauptung vor der Nationalversamm¬
lung durch das Folgende widerlegt. In einer Sitzung des Congresses zu
Basel hatte der Delegirte Robim in einer Rede zu Gunsten des Collecti-
vismus, wie der Communismus sich jetzt nannte, vorgebracht, daß die
Bauern demselben keineswegs feindlich gesinnt seien, wie die Individuali¬
sten annehmen. Sofort beeilte sich Tolain, der mit dem letzteren Ausdruck
gemeint war, zu erklären, daß er diese Bezeichnung als eine Beleidigung und
Verleumdung betrachte, er und seine Freunde seien Mutualisten. Wir
suchen nicht nach dem genauen Sinne dieses neuen Wortes, dessen sich die
Socialdemokraten in ihren Streitigkeiten seitdem häufig bedienen. Aber wir
finden in dem Bericht Mollins über den Baseler Congreß das System, welches
die Schule Tolains, der ein Freund des individuellen Eigenthums sein wollte,
aufstellt. Tolain selbst schlug am 10. September 1869 dem Congresse vor,
zu erklären, daß „es für die Verwirklichung der Befreiung der Arbeiter noth¬
wendig sei, alle Pachtverträge in Kaufvertrage zu verwandeln, weil dann das
fortwährend im Umlauf begriffene Eigenthum schon dadurch aufhören würde,
ein Mißstand zu sein." -

Nun aber zeigen die vorausgegangenen Erörterungen was diese mutua-
listische Schule unter der Verwandlung der Pachtverträge in Kaufvertrage
versteht. Es ist ganz einfach eine Anwendung der Lehre, welche das Zins¬
nehmen von Capitalien verdammt, einer Lehre, welche der ganzen Internatio¬
nale theuer ist. Nach Tolains System muß jeder Zins und jede andere Ent-


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[0066] duckte Eigenthum vertheidigt hätten. Er mag dabei in gutem Glauben ge¬ handelt haben. Aber einer seiner Gegner auf dem Brüsseler Congreß, der belgische Communist Paepe, hatte dort doch sehr richtig bemerkt: „Wir dehnen nur aus das agrarische Eigenthum aus, was Tolain und die übrigen Gegner des Collectio-Eigenthums am Grund und Boden sehr bereitwillig in Betreff der Bergwerke, Eisenbahnen, Canäle, Straßen und dergl. zugestehen. Es gibt also hier durchaus keine unbedingten Anhänger des individuellen Eigenthums. Wir sind folglich alle mehr oder weniger Communisten, wenn die Betrach¬ tungen der Commission als Communismus betrachtet werden können. In der That verlangen wir nicht, daß der Staat Ackerbauer werde oder die länd¬ lichen Arbeiter in Lohn nehme, wir verlangen das eben so wenig, als daß der Staat Bergmann werde und die Arbeiter in den Minen in Lohn nehme, sondern wir wollen, daß der Grund und Boden großen Ackerbauer-Gesell¬ schaften abgetreten werde, wie die Bergwerke, Eisenbahnen und dergl. großen Arbeiter-Gesellschaften. Warum mit dem Bergwerk, dem unterirdischen Felde anders verfahren als mit dem eigentlichen Felde, welches nur ein Bergwerk an der Oberfläche des Bodens ist, ein Bergwerk, wo man Vegetabilien gewinnt, statt daraus Steine, Metalle, Kohlen zu gewinnen?" Noch mehr aber wird Tolains Behauptung vor der Nationalversamm¬ lung durch das Folgende widerlegt. In einer Sitzung des Congresses zu Basel hatte der Delegirte Robim in einer Rede zu Gunsten des Collecti- vismus, wie der Communismus sich jetzt nannte, vorgebracht, daß die Bauern demselben keineswegs feindlich gesinnt seien, wie die Individuali¬ sten annehmen. Sofort beeilte sich Tolain, der mit dem letzteren Ausdruck gemeint war, zu erklären, daß er diese Bezeichnung als eine Beleidigung und Verleumdung betrachte, er und seine Freunde seien Mutualisten. Wir suchen nicht nach dem genauen Sinne dieses neuen Wortes, dessen sich die Socialdemokraten in ihren Streitigkeiten seitdem häufig bedienen. Aber wir finden in dem Bericht Mollins über den Baseler Congreß das System, welches die Schule Tolains, der ein Freund des individuellen Eigenthums sein wollte, aufstellt. Tolain selbst schlug am 10. September 1869 dem Congresse vor, zu erklären, daß „es für die Verwirklichung der Befreiung der Arbeiter noth¬ wendig sei, alle Pachtverträge in Kaufvertrage zu verwandeln, weil dann das fortwährend im Umlauf begriffene Eigenthum schon dadurch aufhören würde, ein Mißstand zu sein." - Nun aber zeigen die vorausgegangenen Erörterungen was diese mutua- listische Schule unter der Verwandlung der Pachtverträge in Kaufvertrage versteht. Es ist ganz einfach eine Anwendung der Lehre, welche das Zins¬ nehmen von Capitalien verdammt, einer Lehre, welche der ganzen Internatio¬ nale theuer ist. Nach Tolains System muß jeder Zins und jede andere Ent-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/66>, abgerufen am 22.12.2024.