Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.verräth der Autor, daß er irgendwie die Absicht hätte, zu einer solchen Ge¬ Wir heben noch ein drittes Merkmal dieser historischen Aufsätze hervor, Und zu den historischen Aufsätzen, die mehr wissenschaftlichen Werth haben Ärmzboren II. 1872. 7
verräth der Autor, daß er irgendwie die Absicht hätte, zu einer solchen Ge¬ Wir heben noch ein drittes Merkmal dieser historischen Aufsätze hervor, Und zu den historischen Aufsätzen, die mehr wissenschaftlichen Werth haben Ärmzboren II. 1872. 7
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0057" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/127453"/> <p xml:id="ID_188" prev="#ID_187"> verräth der Autor, daß er irgendwie die Absicht hätte, zu einer solchen Ge¬<lb/> schichte Hand anzulegen: im einzelnen Essay bietet er das Einzelne dar, nach<lb/> einer Auswahl, die im Ganzen das geistige Band der einzelnen Studien wohl<lb/> erkennen läßt, die aber für das Einzelne der subjectiven Natur die vollste<lb/> Freiheit gewahrt hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_189"> Wir heben noch ein drittes Merkmal dieser historischen Aufsätze hervor,<lb/> auf das für uns der allergrößte Nachdruck fällt, und auf das wir auch Werth<lb/> legen die weiteren Leserkreise dieser Blätter und der Treitschke'schen Aufsätze<lb/> selbst recht ernstlich hinzuweisen. Diese Arbeiten des Heidelberger Historikers,<lb/> so sehr sie auch Producte publizistischer Tendenz zu sein scheinen, so subjectiv<lb/> elegant auch die äußere Form ihrer Kleidung aussehen mag, — sie sind Er¬<lb/> gebnisse tiefer, eindringender, ächt wissenschaftlicher Studien. Wir sagen dies<lb/> recht laut und vernehmlich dem Publicum, das selbst nicht die Controle über<lb/> dieses Fundament der Aufsätze haben kann und es nicht hat: das schneidige<lb/> historisch-politische Urtheil Treitschke's, die elegante und oft hinreißende Form,<lb/> es ist'^mehr als die Leistung eines gewandten Publicisten, es ist das Resultat<lb/> wissenschaftlicher Arbeit eines historischen Meisters. Und auch nach der an¬<lb/> deren Seite erlauben wir uns ganz bescheiden eine ähnliche Versicherung an<lb/> die Fachgenossen Treitschke's zu richten, von denen Manche auch heute über<lb/> seinen wissenschaftlichen Charakter noch nicht recht beruhigt sind. Es kommt<lb/> bisweilen vor, daß hinter der leicht aussehenden Form, unter zierlicher und<lb/> anmuthiger Hülle mehr wissenschaftlicher Kern, solidere wissenschaftliche Arbeit<lb/> sich birgt, als ein Dutzend der nach der einmal patentirter Schablone ange¬<lb/> fertigten gelehrten Fabrikarbeiter mit Quellencitaten und Büchertiteln und<lb/> Regesten und Ercursen sie aufzuweisen pflegt.</p><lb/> <p xml:id="ID_190" next="#ID_191"> Und zu den historischen Aufsätzen, die mehr wissenschaftlichen Werth haben<lb/> als viele der gelehrt aussehenden und langweiligen, von den Fachleuten ge¬<lb/> rühmten Lpeeimillg, eruclitiomz, zählen wir mit vollem Rechte mehrere Essays<lb/> in dieser Sammlung von Treitschke. Die beiden Artikel „Hans von Gagern"<lb/> und „Carl August von Wangenheim" zeichnen das kleinstaatliche Treiben in<lb/> seiner ganzen aufgeblasenen Impotenz auf Grund genauer Studien mit grö¬<lb/> ßerer Wahrheit, als es irgendwo sonst der Fall ist. Und die in mehreren<lb/> Aufsätzen vorkommenden gelegentlichen Aeußerungen und Streiflichter über die<lb/> preußischen Zustände und Personen vor und in den Freiheitskriegen verrathen<lb/> ein eingehenderes, objectiveres und allseitigeres Studium jener Dinge, als<lb/> Wir es noch in irgend einem der vielen schon vorhandenen und theilweise hoch<lb/> gepriesenen Geschichtswerke über jene Zeit angetroffen haben. Und vergleichen<lb/> wir damit nun die Ausführungen Treitschke's über die englische, italienische<lb/> und niederländische Entwickelung, die meisterhafte Zergliederung und kritische<lb/> Analyse der französischen Zustände seit der Revolution von 1789, — überall</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Ärmzboren II. 1872. 7</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0057]
verräth der Autor, daß er irgendwie die Absicht hätte, zu einer solchen Ge¬
schichte Hand anzulegen: im einzelnen Essay bietet er das Einzelne dar, nach
einer Auswahl, die im Ganzen das geistige Band der einzelnen Studien wohl
erkennen läßt, die aber für das Einzelne der subjectiven Natur die vollste
Freiheit gewahrt hat.
Wir heben noch ein drittes Merkmal dieser historischen Aufsätze hervor,
auf das für uns der allergrößte Nachdruck fällt, und auf das wir auch Werth
legen die weiteren Leserkreise dieser Blätter und der Treitschke'schen Aufsätze
selbst recht ernstlich hinzuweisen. Diese Arbeiten des Heidelberger Historikers,
so sehr sie auch Producte publizistischer Tendenz zu sein scheinen, so subjectiv
elegant auch die äußere Form ihrer Kleidung aussehen mag, — sie sind Er¬
gebnisse tiefer, eindringender, ächt wissenschaftlicher Studien. Wir sagen dies
recht laut und vernehmlich dem Publicum, das selbst nicht die Controle über
dieses Fundament der Aufsätze haben kann und es nicht hat: das schneidige
historisch-politische Urtheil Treitschke's, die elegante und oft hinreißende Form,
es ist'^mehr als die Leistung eines gewandten Publicisten, es ist das Resultat
wissenschaftlicher Arbeit eines historischen Meisters. Und auch nach der an¬
deren Seite erlauben wir uns ganz bescheiden eine ähnliche Versicherung an
die Fachgenossen Treitschke's zu richten, von denen Manche auch heute über
seinen wissenschaftlichen Charakter noch nicht recht beruhigt sind. Es kommt
bisweilen vor, daß hinter der leicht aussehenden Form, unter zierlicher und
anmuthiger Hülle mehr wissenschaftlicher Kern, solidere wissenschaftliche Arbeit
sich birgt, als ein Dutzend der nach der einmal patentirter Schablone ange¬
fertigten gelehrten Fabrikarbeiter mit Quellencitaten und Büchertiteln und
Regesten und Ercursen sie aufzuweisen pflegt.
Und zu den historischen Aufsätzen, die mehr wissenschaftlichen Werth haben
als viele der gelehrt aussehenden und langweiligen, von den Fachleuten ge¬
rühmten Lpeeimillg, eruclitiomz, zählen wir mit vollem Rechte mehrere Essays
in dieser Sammlung von Treitschke. Die beiden Artikel „Hans von Gagern"
und „Carl August von Wangenheim" zeichnen das kleinstaatliche Treiben in
seiner ganzen aufgeblasenen Impotenz auf Grund genauer Studien mit grö¬
ßerer Wahrheit, als es irgendwo sonst der Fall ist. Und die in mehreren
Aufsätzen vorkommenden gelegentlichen Aeußerungen und Streiflichter über die
preußischen Zustände und Personen vor und in den Freiheitskriegen verrathen
ein eingehenderes, objectiveres und allseitigeres Studium jener Dinge, als
Wir es noch in irgend einem der vielen schon vorhandenen und theilweise hoch
gepriesenen Geschichtswerke über jene Zeit angetroffen haben. Und vergleichen
wir damit nun die Ausführungen Treitschke's über die englische, italienische
und niederländische Entwickelung, die meisterhafte Zergliederung und kritische
Analyse der französischen Zustände seit der Revolution von 1789, — überall
Ärmzboren II. 1872. 7
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |