Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.gehört, daß in England, wo doch parlamentarische Regierung herrscht, nur Ein Versuch des Herrn Laster, bei der Regelung des Disciplinarverfcchrens Am 12. Juni stand ein Antrag zur Berathung, den Reichskanzler zu Wenn bei der Feststellung des Reichsmünzgesetzes am Schluß des vorigen gehört, daß in England, wo doch parlamentarische Regierung herrscht, nur Ein Versuch des Herrn Laster, bei der Regelung des Disciplinarverfcchrens Am 12. Juni stand ein Antrag zur Berathung, den Reichskanzler zu Wenn bei der Feststellung des Reichsmünzgesetzes am Schluß des vorigen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0513" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/127921"/> <p xml:id="ID_1657" prev="#ID_1656"> gehört, daß in England, wo doch parlamentarische Regierung herrscht, nur<lb/> die Hälfte der Ministerialbeamten wie die Minister entlaßbar ist, Es ist dem<lb/> eifrigen Abgeordneten wirklich gelungen, diese rohe Auskunft einer untermittel-<lb/> mäßigen Staatstechnik in unser Reichsbeamtengesetz hineinzubringen. Wir<lb/> hoffen indeß, daß der Bundesrath gleichwohl das Gesetz genehmigt. Es wird<lb/> möglich sein, jene schlechte Bestimmung bei uns in der Praxis unschädlich zu<lb/> machen. Vielleicht so, daß man die unentlaßbaren Beamten, wenn sie mit dem<lb/> leitenden Geist nicht gehen wollen oder können, theils mit harmlosen Arbeiten<lb/> bedenkt, theils mit annehmbaren Stellen außerhalb der obersten Reichsbe¬<lb/> hörden. Vor dem vorübergehenden Dilettantismus hitziger Neulinge, welche<lb/> in England die beweglichen Stellen bevölkern, sichert uns vorläufig noch der<lb/> ganze Charakter unseres Beamtenthums.</p><lb/> <p xml:id="ID_1658"> Ein Versuch des Herrn Laster, bei der Regelung des Disciplinarverfcchrens<lb/> gegen Neichsbeamte schon in der Voruntersuchung die Mitwirkung des Ver¬<lb/> theidigers eintreten zu lassen, fand nicht die Zustimmung des Reichstags,<lb/> nachdem der Bundescommissar Ueberhand erklärt und der Präsident Delbrück<lb/> bestätigt hatte, daß diese Bestimmung das Gesetz vereiteln würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1659"> Am 12. Juni stand ein Antrag zur Berathung, den Reichskanzler zu<lb/> ersuchen, dem Reichstag die Entschließungen des Bundesrathes über die vom<lb/> Reichstag beschlossenen Gesetzentwürfe und Anträge beim Beginn der nächsten<lb/> Session in schriftlicher Form mitzutheilen. Der Bundesbevollmächtigte, der<lb/> württembergische Minister von Mittnacht sagte noch mehr zu, als der Antrag<lb/> forderte: nämlich die Veröffentlichung der Verhandlungen des Bundesraths,<lb/> sobald die angemessene Form dafür, mit deren Ermittelung die Regierungen<lb/> sich gegenwärtig beschäftigen, gefunden sein würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1660" next="#ID_1661"> Wenn bei der Feststellung des Reichsmünzgesetzes am Schluß des vorigen<lb/> Jahres und seitdem mehrere Male in den hier gegebenen Berichten hingewiesen<lb/> wurde auf die Gefahr, daß unser Ueberfluß an papiernen Circulationsmitteln<lb/> den Abfluß der neuen Goldmünzen zu befördern geeignet ist, so hat am 13.<lb/> Juni bei Gelegenheit des Gesetzentwurfes über die Verlängerung des Bank¬<lb/> notengesetzes vom 27. März 1870 der Abgeordnete Bamberger diesen Gegen¬<lb/> stand in ausgezeichneter Weise beleuchtet. Wir heben dies um so angelegent¬<lb/> licher hervor, als wir bei den Verhandlungen über das Reichsmünzgesetz uns<lb/> einigermaßen über die Leichtigkeit verwundern mußten, mit welcher der genannte'<lb/> Abgeordnete die folgenreiche Frage der Beseitigung des Papiergeldes aufzu¬<lb/> nehmen schien. Er meinte damals, wir könnten nicht darüber in Verlegenheit<lb/> kommen, was wir mit dem Papier seiner Zeit anzufangen haben würden;<lb/> als ob das die Frage wäre. Die leider sehr schwere Frage ist vielmehr die.<lb/> wie das Papier aus der Circulation bringen, ohne die Interessen, welche nach<lb/> dem unglücklichen Lauf unserer früheren Entwickelung an dieser Fabrikation</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0513]
gehört, daß in England, wo doch parlamentarische Regierung herrscht, nur
die Hälfte der Ministerialbeamten wie die Minister entlaßbar ist, Es ist dem
eifrigen Abgeordneten wirklich gelungen, diese rohe Auskunft einer untermittel-
mäßigen Staatstechnik in unser Reichsbeamtengesetz hineinzubringen. Wir
hoffen indeß, daß der Bundesrath gleichwohl das Gesetz genehmigt. Es wird
möglich sein, jene schlechte Bestimmung bei uns in der Praxis unschädlich zu
machen. Vielleicht so, daß man die unentlaßbaren Beamten, wenn sie mit dem
leitenden Geist nicht gehen wollen oder können, theils mit harmlosen Arbeiten
bedenkt, theils mit annehmbaren Stellen außerhalb der obersten Reichsbe¬
hörden. Vor dem vorübergehenden Dilettantismus hitziger Neulinge, welche
in England die beweglichen Stellen bevölkern, sichert uns vorläufig noch der
ganze Charakter unseres Beamtenthums.
Ein Versuch des Herrn Laster, bei der Regelung des Disciplinarverfcchrens
gegen Neichsbeamte schon in der Voruntersuchung die Mitwirkung des Ver¬
theidigers eintreten zu lassen, fand nicht die Zustimmung des Reichstags,
nachdem der Bundescommissar Ueberhand erklärt und der Präsident Delbrück
bestätigt hatte, daß diese Bestimmung das Gesetz vereiteln würde.
Am 12. Juni stand ein Antrag zur Berathung, den Reichskanzler zu
ersuchen, dem Reichstag die Entschließungen des Bundesrathes über die vom
Reichstag beschlossenen Gesetzentwürfe und Anträge beim Beginn der nächsten
Session in schriftlicher Form mitzutheilen. Der Bundesbevollmächtigte, der
württembergische Minister von Mittnacht sagte noch mehr zu, als der Antrag
forderte: nämlich die Veröffentlichung der Verhandlungen des Bundesraths,
sobald die angemessene Form dafür, mit deren Ermittelung die Regierungen
sich gegenwärtig beschäftigen, gefunden sein würde.
Wenn bei der Feststellung des Reichsmünzgesetzes am Schluß des vorigen
Jahres und seitdem mehrere Male in den hier gegebenen Berichten hingewiesen
wurde auf die Gefahr, daß unser Ueberfluß an papiernen Circulationsmitteln
den Abfluß der neuen Goldmünzen zu befördern geeignet ist, so hat am 13.
Juni bei Gelegenheit des Gesetzentwurfes über die Verlängerung des Bank¬
notengesetzes vom 27. März 1870 der Abgeordnete Bamberger diesen Gegen¬
stand in ausgezeichneter Weise beleuchtet. Wir heben dies um so angelegent¬
licher hervor, als wir bei den Verhandlungen über das Reichsmünzgesetz uns
einigermaßen über die Leichtigkeit verwundern mußten, mit welcher der genannte'
Abgeordnete die folgenreiche Frage der Beseitigung des Papiergeldes aufzu¬
nehmen schien. Er meinte damals, wir könnten nicht darüber in Verlegenheit
kommen, was wir mit dem Papier seiner Zeit anzufangen haben würden;
als ob das die Frage wäre. Die leider sehr schwere Frage ist vielmehr die.
wie das Papier aus der Circulation bringen, ohne die Interessen, welche nach
dem unglücklichen Lauf unserer früheren Entwickelung an dieser Fabrikation
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