Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.heimnißvolle Reiz des orientalischen Gepräges aller dahin einschlagenden Noch einmal, ehe der Meister sein müdes Haupt zur Ruhe legte, rührte Weber's irdische Hülle, nachdem sie achtzehn Jahre, in der Moorftlds- Wenn wir nun Weber's Persönlichkeit würdigen wollen, se müssen heimnißvolle Reiz des orientalischen Gepräges aller dahin einschlagenden Noch einmal, ehe der Meister sein müdes Haupt zur Ruhe legte, rührte Weber's irdische Hülle, nachdem sie achtzehn Jahre, in der Moorftlds- Wenn wir nun Weber's Persönlichkeit würdigen wollen, se müssen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0488" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/127896"/> <p xml:id="ID_1564" prev="#ID_1563"> heimnißvolle Reiz des orientalischen Gepräges aller dahin einschlagenden<lb/> Theile, der farbenglänzende Duft, in den er die Feenwelt taucht, die wilde<lb/> gewaltige Macht, mit der er die Elementar-Geisterchöre ausgestattet, die Pracht<lb/> in dem unvergleichlichen Marsch bei Erscheinen Carls des Großen — die<lb/> vordeutcnde Einführung so verschiedener Momente endlich in einem der glän¬<lb/> zendsten Tongebilde der gesammten musikalischen Literatur, der Ouvertüre<lb/> — alles dies zusammengenommen erkämpfte der dichterisch sehr zweifelhaften<lb/> Schöpfung eine Lebenskraft, an der ein halbes Jahrhundert spurlos vorüber¬<lb/> gegangen ist, die uns bei jedesmaligem Hören mit neuem Entzücken erfüllt<lb/> und die das Werk, ähnlich seinen zwei großen Vorgängern, durch die Welt<lb/> getragen hat und fernerhin tragen wird. — Oberon bildet mit dem echt<lb/> deutschen „Freischütz," mit den Klängen der spanischen und zigeunerischen<lb/> Romantik Preciosa's, mit der ritterlichen Hoheit und Pracht der Euryanthe<lb/> ein wunderbares Viergestirn von seltenem Glänze, wie deren wenige aus der<lb/> Schöpferhand ein und desselben Meisters hervorgegangen sind. —Und er war<lb/> der Unsre! Mit freudigem Stolze können wir Deutsche dies ausrufen<lb/> und den wohlerworbenen Lorbeer ihm auf das frühe Grab legen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1565"> Noch einmal, ehe der Meister sein müdes Haupt zur Ruhe legte, rührte<lb/> er sein goldnes Saitenspiel; es war der schöne „Long" aus lioolm"<lb/> „?ron LüiinclaiÄ's ^Ming konnt I come", den er für die Sängerin Riß<lb/> Stephens auf ihre Bitte zu dem Concerte niederschrieb, welches er als /ein<lb/> letztes in London am 26. Mai gegeben hat. — Wenige Tage darauf, am<lb/> fünften Juni 1826 weilte er nicht mehr unter den Lebenden. —</p><lb/> <p xml:id="ID_1566"> Weber's irdische Hülle, nachdem sie achtzehn Jahre, in der Moorftlds-<lb/> Capelle zu London beigesetzt, geruht hatte, führte die Liebe seines Volbs im<lb/> December 1844 auf den katholischen Friedhof zu Dresden über. Hie, ruht<lb/> er zwischen der geliebten Gattin (1- 1852) und dem in seinem neunzehnten<lb/> Jahre derselben (1844) vorausgegangenen zweiten Sohne Alexander einem<lb/> als Maler hervorragend begabten, liebenswürdigen Jünglinge. Im October<lb/> 1860 wurde unserm Meister eine herrliche von Rietschel geschaffene Erzstatue<lb/> am Hof-Theater in Dresden errichtet.</p><lb/> <p xml:id="ID_1567" next="#ID_1568"> Wenn wir nun Weber's Persönlichkeit würdigen wollen, se müssen<lb/> wir anerkennen: Neben dem ihm eingeborenen Genius war die wunderbare<lb/> Beharrlichkeit seines Strebens die Haupteigenschaft seiner Nadir, und<lb/> durch diese Verschwisterung von Können und Wollen, von Reichthum<lb/> und Pflichtgefühl wird er für die Nachwelt nicht nur zu einen Gegen¬<lb/> stand der Bewunderung, fondern auch zu einem verehrungswürdigen Muster.<lb/> Dem großen Künstler wie dem edlen Menschen, dem in allen Verhält¬<lb/> nissen dem einmal als recht Erkannten unerschütterlich treu Bleibenden ist,<lb/> zumal in allen deutschen Herzen, ein unverlöschliches Denkmal gefedert. —</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0488]
heimnißvolle Reiz des orientalischen Gepräges aller dahin einschlagenden
Theile, der farbenglänzende Duft, in den er die Feenwelt taucht, die wilde
gewaltige Macht, mit der er die Elementar-Geisterchöre ausgestattet, die Pracht
in dem unvergleichlichen Marsch bei Erscheinen Carls des Großen — die
vordeutcnde Einführung so verschiedener Momente endlich in einem der glän¬
zendsten Tongebilde der gesammten musikalischen Literatur, der Ouvertüre
— alles dies zusammengenommen erkämpfte der dichterisch sehr zweifelhaften
Schöpfung eine Lebenskraft, an der ein halbes Jahrhundert spurlos vorüber¬
gegangen ist, die uns bei jedesmaligem Hören mit neuem Entzücken erfüllt
und die das Werk, ähnlich seinen zwei großen Vorgängern, durch die Welt
getragen hat und fernerhin tragen wird. — Oberon bildet mit dem echt
deutschen „Freischütz," mit den Klängen der spanischen und zigeunerischen
Romantik Preciosa's, mit der ritterlichen Hoheit und Pracht der Euryanthe
ein wunderbares Viergestirn von seltenem Glänze, wie deren wenige aus der
Schöpferhand ein und desselben Meisters hervorgegangen sind. —Und er war
der Unsre! Mit freudigem Stolze können wir Deutsche dies ausrufen
und den wohlerworbenen Lorbeer ihm auf das frühe Grab legen.
Noch einmal, ehe der Meister sein müdes Haupt zur Ruhe legte, rührte
er sein goldnes Saitenspiel; es war der schöne „Long" aus lioolm"
„?ron LüiinclaiÄ's ^Ming konnt I come", den er für die Sängerin Riß
Stephens auf ihre Bitte zu dem Concerte niederschrieb, welches er als /ein
letztes in London am 26. Mai gegeben hat. — Wenige Tage darauf, am
fünften Juni 1826 weilte er nicht mehr unter den Lebenden. —
Weber's irdische Hülle, nachdem sie achtzehn Jahre, in der Moorftlds-
Capelle zu London beigesetzt, geruht hatte, führte die Liebe seines Volbs im
December 1844 auf den katholischen Friedhof zu Dresden über. Hie, ruht
er zwischen der geliebten Gattin (1- 1852) und dem in seinem neunzehnten
Jahre derselben (1844) vorausgegangenen zweiten Sohne Alexander einem
als Maler hervorragend begabten, liebenswürdigen Jünglinge. Im October
1860 wurde unserm Meister eine herrliche von Rietschel geschaffene Erzstatue
am Hof-Theater in Dresden errichtet.
Wenn wir nun Weber's Persönlichkeit würdigen wollen, se müssen
wir anerkennen: Neben dem ihm eingeborenen Genius war die wunderbare
Beharrlichkeit seines Strebens die Haupteigenschaft seiner Nadir, und
durch diese Verschwisterung von Können und Wollen, von Reichthum
und Pflichtgefühl wird er für die Nachwelt nicht nur zu einen Gegen¬
stand der Bewunderung, fondern auch zu einem verehrungswürdigen Muster.
Dem großen Künstler wie dem edlen Menschen, dem in allen Verhält¬
nissen dem einmal als recht Erkannten unerschütterlich treu Bleibenden ist,
zumal in allen deutschen Herzen, ein unverlöschliches Denkmal gefedert. —
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