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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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das zweite Finale des Oberon beendigen, ja am 13. fehlten nur noch wenige
Nummern der Oper und die Ouvertüre. Diese und noch zwei in England
nöthig gewordenen Arien vollendete er erst zu London am 9. resp. 10. April.
-- Am 16. Februar trat Weber die Reise nach London an, begleitet
vom k. Sachs. Kammermusiker A. B. Fürsten an, der dort concertiren wollte,
einem Meister auf der Flöte von seltener Bedeutung, den Weber selbst in einem
Briefe "den Fürsten auf der Flöte Auen" nennt, und der ihm in der Fremde
der treueste, ausharrendste Freund und Pfleger wurde. Er reiste über Paris,
und hier wurde dem großen deutschen Tonsetzer die parteiloseste Huldigung
der hervorragendsten Geister zu Theil, an deren Spitze Cherubini. Rossini,
Verlor, Cadet, Paer, Ander und Onslow standen. Der Besuch des von
Weber überaus verehrten Cherub ini beglückte ihn ganz besonders; die
Notiz darüber in seinem Tagebuche ist zweimal unterstrichen. -- Am 3. März
kamen Weber und Fürsten"" in London an. Der schmeichelhafteste Em¬
pfang, selbst von Seiten der öffentlichen Behörden ward ihm sofort entgegen¬
gebracht; ja, noch vor seinem öffentlichen Auftreten huldigte ihm das Publi-
cum bei zufälligem Erscheinen in mehreren Theatern in überraschender, dort
nie vorgekommener Weise. Sir George Suard, bei welchem Weber, wie
verabredet, Wohnung nahm, hatte in seinem Hause alles mit jedmöglicher
Rücksicht darauf einrichten lassen, daß er sich heimisch und wohl fühlen möge.
--- Den 8. März begann Weber die Direction der sogenannten "Oratorien"
(großen Concerten in den Räumen des Coventgarden--Theaters); ihr folgte
die Leitung anderer Concerte, die des "Philharmonischen Vereins" und einzelner
berühmter Künstler, mit denen er hier in Berührung getreten; alle waren sie von
hoher Anerkennung begleitet. -- Endlich am 12. April 1826 ging derOberon
auf dem Coventgarden-Theater zu London in Scene. Die Aufnahme desselben
übertraf so sehr jede Erwartung Weber's und ging noch so weit über all'
das Erhebende hinaus, was er schon an dergleichen bisher erlebt und was
selbst in England als das außerordentlichste gegolten hatte, daß nur die
Kenntnißnahme der damaligen englischen Zeitungsberichte und besonders der
Briefe deren ganzen Umfang verdeutlicht, die Weber an seine Gattin gerichtet
hat.*) Das Wesentlichste davon ist in dem, noch am Abend der ersten Auf¬
führung niedergesehriebenen Briefe enthalten. Es heißt darin: "Durch Gottes
"Gnade und Beistand habe ich denn heute Abend abermals einen so vollstän¬
digen Erfolg gehabt, wie vielleicht noch niemals. Das Glänzende und
"Rührende eines solchen vollständigen ungetrübten Triumphes ist gar nicht zu



') Diese Briefe sind auszugsweise abgedruckt in Weber's "Hinterlassenen Schriften", her-
ausgegeben von Th. Hell. Leipzig und Dresden bei Arnoldi. 1828. Bd. III p^-. IX bis XXXI,
wie sie auch zerstreut mitgetheilt sind im 27sten Abschnitt von Max Maria v. Weber's "Carl
Maria von Weber. Ein Lebensbild." Bd. II pgx. "47 und ff.

das zweite Finale des Oberon beendigen, ja am 13. fehlten nur noch wenige
Nummern der Oper und die Ouvertüre. Diese und noch zwei in England
nöthig gewordenen Arien vollendete er erst zu London am 9. resp. 10. April.
— Am 16. Februar trat Weber die Reise nach London an, begleitet
vom k. Sachs. Kammermusiker A. B. Fürsten an, der dort concertiren wollte,
einem Meister auf der Flöte von seltener Bedeutung, den Weber selbst in einem
Briefe „den Fürsten auf der Flöte Auen" nennt, und der ihm in der Fremde
der treueste, ausharrendste Freund und Pfleger wurde. Er reiste über Paris,
und hier wurde dem großen deutschen Tonsetzer die parteiloseste Huldigung
der hervorragendsten Geister zu Theil, an deren Spitze Cherubini. Rossini,
Verlor, Cadet, Paer, Ander und Onslow standen. Der Besuch des von
Weber überaus verehrten Cherub ini beglückte ihn ganz besonders; die
Notiz darüber in seinem Tagebuche ist zweimal unterstrichen. — Am 3. März
kamen Weber und Fürsten«» in London an. Der schmeichelhafteste Em¬
pfang, selbst von Seiten der öffentlichen Behörden ward ihm sofort entgegen¬
gebracht; ja, noch vor seinem öffentlichen Auftreten huldigte ihm das Publi-
cum bei zufälligem Erscheinen in mehreren Theatern in überraschender, dort
nie vorgekommener Weise. Sir George Suard, bei welchem Weber, wie
verabredet, Wohnung nahm, hatte in seinem Hause alles mit jedmöglicher
Rücksicht darauf einrichten lassen, daß er sich heimisch und wohl fühlen möge.
-— Den 8. März begann Weber die Direction der sogenannten „Oratorien"
(großen Concerten in den Räumen des Coventgarden--Theaters); ihr folgte
die Leitung anderer Concerte, die des „Philharmonischen Vereins" und einzelner
berühmter Künstler, mit denen er hier in Berührung getreten; alle waren sie von
hoher Anerkennung begleitet. — Endlich am 12. April 1826 ging derOberon
auf dem Coventgarden-Theater zu London in Scene. Die Aufnahme desselben
übertraf so sehr jede Erwartung Weber's und ging noch so weit über all'
das Erhebende hinaus, was er schon an dergleichen bisher erlebt und was
selbst in England als das außerordentlichste gegolten hatte, daß nur die
Kenntnißnahme der damaligen englischen Zeitungsberichte und besonders der
Briefe deren ganzen Umfang verdeutlicht, die Weber an seine Gattin gerichtet
hat.*) Das Wesentlichste davon ist in dem, noch am Abend der ersten Auf¬
führung niedergesehriebenen Briefe enthalten. Es heißt darin: „Durch Gottes
„Gnade und Beistand habe ich denn heute Abend abermals einen so vollstän¬
digen Erfolg gehabt, wie vielleicht noch niemals. Das Glänzende und
„Rührende eines solchen vollständigen ungetrübten Triumphes ist gar nicht zu



') Diese Briefe sind auszugsweise abgedruckt in Weber's „Hinterlassenen Schriften", her-
ausgegeben von Th. Hell. Leipzig und Dresden bei Arnoldi. 1828. Bd. III p^-. IX bis XXXI,
wie sie auch zerstreut mitgetheilt sind im 27sten Abschnitt von Max Maria v. Weber's „Carl
Maria von Weber. Ein Lebensbild." Bd. II pgx. »47 und ff.
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[0486] das zweite Finale des Oberon beendigen, ja am 13. fehlten nur noch wenige Nummern der Oper und die Ouvertüre. Diese und noch zwei in England nöthig gewordenen Arien vollendete er erst zu London am 9. resp. 10. April. — Am 16. Februar trat Weber die Reise nach London an, begleitet vom k. Sachs. Kammermusiker A. B. Fürsten an, der dort concertiren wollte, einem Meister auf der Flöte von seltener Bedeutung, den Weber selbst in einem Briefe „den Fürsten auf der Flöte Auen" nennt, und der ihm in der Fremde der treueste, ausharrendste Freund und Pfleger wurde. Er reiste über Paris, und hier wurde dem großen deutschen Tonsetzer die parteiloseste Huldigung der hervorragendsten Geister zu Theil, an deren Spitze Cherubini. Rossini, Verlor, Cadet, Paer, Ander und Onslow standen. Der Besuch des von Weber überaus verehrten Cherub ini beglückte ihn ganz besonders; die Notiz darüber in seinem Tagebuche ist zweimal unterstrichen. — Am 3. März kamen Weber und Fürsten«» in London an. Der schmeichelhafteste Em¬ pfang, selbst von Seiten der öffentlichen Behörden ward ihm sofort entgegen¬ gebracht; ja, noch vor seinem öffentlichen Auftreten huldigte ihm das Publi- cum bei zufälligem Erscheinen in mehreren Theatern in überraschender, dort nie vorgekommener Weise. Sir George Suard, bei welchem Weber, wie verabredet, Wohnung nahm, hatte in seinem Hause alles mit jedmöglicher Rücksicht darauf einrichten lassen, daß er sich heimisch und wohl fühlen möge. -— Den 8. März begann Weber die Direction der sogenannten „Oratorien" (großen Concerten in den Räumen des Coventgarden--Theaters); ihr folgte die Leitung anderer Concerte, die des „Philharmonischen Vereins" und einzelner berühmter Künstler, mit denen er hier in Berührung getreten; alle waren sie von hoher Anerkennung begleitet. — Endlich am 12. April 1826 ging derOberon auf dem Coventgarden-Theater zu London in Scene. Die Aufnahme desselben übertraf so sehr jede Erwartung Weber's und ging noch so weit über all' das Erhebende hinaus, was er schon an dergleichen bisher erlebt und was selbst in England als das außerordentlichste gegolten hatte, daß nur die Kenntnißnahme der damaligen englischen Zeitungsberichte und besonders der Briefe deren ganzen Umfang verdeutlicht, die Weber an seine Gattin gerichtet hat.*) Das Wesentlichste davon ist in dem, noch am Abend der ersten Auf¬ führung niedergesehriebenen Briefe enthalten. Es heißt darin: „Durch Gottes „Gnade und Beistand habe ich denn heute Abend abermals einen so vollstän¬ digen Erfolg gehabt, wie vielleicht noch niemals. Das Glänzende und „Rührende eines solchen vollständigen ungetrübten Triumphes ist gar nicht zu ') Diese Briefe sind auszugsweise abgedruckt in Weber's „Hinterlassenen Schriften", her- ausgegeben von Th. Hell. Leipzig und Dresden bei Arnoldi. 1828. Bd. III p^-. IX bis XXXI, wie sie auch zerstreut mitgetheilt sind im 27sten Abschnitt von Max Maria v. Weber's „Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild." Bd. II pgx. »47 und ff.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/486>, abgerufen am 22.07.2024.