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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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gesetzgebenden Versammlungen der Weg der Selbsthülfe beschritten werden,
welchen die großen Principien der Association, der Vereinigung zu
gemeinsamer Production und zur Gewinnung neuer Werthe,
neuer Hülfsmittel gegen das sociale Elend vorzeichnen.

Nur auf diesem Wege kann dem Verluste vorgebeugt werden, welcher
durch die Zersplitterung der im Einzelnen unproduct'lo bleibenden Kräfte ent¬
steht, nur auf diese Weise die schneidende Dissonanz ausgeglichen werden, welche
zwischen der Staatsbesoldung, die nur das unbedingt Nothwendige berück¬
sichtigen kann, und der Höhe der Anforderungen des Lebens, deren Erfüllung
erst ein menschenwürdiges Dasein ermöglicht, sich fühlbar macht. Wer diese
Dissonanz recht begreifen will, der sehe sich die vor wenigen Tagen gemelde¬
ten Gehaltserhöhungen an, welche in einzelnen thüringischen Staaten den
Gerichtsactuaren, Männern von juristischer Bildung, und den Aceessisten zu
Theil geworden sind, und welche eine Besoldung "completiren", mit der ein
gewöhnlicher Tagelöhner auszukommen heutzutage sich weigert.

Was für Erfolge auf dem bezeichneten Wege der Selbsthülfe und der
Association auch in Beamtenkreisen sich erreichen lassen, beweist die Wirksam¬
keit des ersten allgemeinen Beamten-Vereins der österreichisch¬
ungarischen Monarchie, welcher, im Jahre 1864 für Deutsch-Oesterreich
begründet und seit 1868 auch auf Ungarn ausgedehnt, sich zur Aufgabe ge¬
macht hat, die materiellen, geistigen und socialen Interessen des Beamten¬
standes der Monarchie auf den Grundlagen der Selbsthülfe und Gegen¬
seitigkeit zu wahren und zu fördern. Der Verein schließt jede Gewinnver¬
theilung an Actionäre aus und äußert seine Thätigkeit für die Mitglieder in
Erkrankungsfällen durch Ertheilung von Unterstützungsgeldern, sowie durch
Vermittelung ärztlicher Hülfe, ferner für den Todesfall durch Versicherung
von Capitalien, nicht minder auch für die Altersversorgung durch Renten-
Versicherungen und Gewährung von Jnvaliditäts-Pensionen, endlich durch
Entgegennahme von Spareinlagen und Ertheilung von Vorschüssen, sowie
durch Unterbringung der Mitglieder in geeigneten Dienststellungen. Diese
Wirksamkeit vereinigt in sehr glücklicher Weise die Sorge für das materielle
Gedeihen, für die wirthschaftliche Prosperität des Beamtenstandes mit der
Verfolgung humanitärer Zwecke; sie schließt selbst ideale Interessen nicht aus,
indem der Verein nicht blos Stipendien zu Studien ertheilt, sondern auch den
Mitgliedern durch Herausgabe einer eigenen Zeitschrift eine Revue über be¬
deutende Erfindungen, wichtige Culturbestrebungen u. s. w. liefert. Die Ge-
sammtzahl der Mitglieder betrug beim Beginn' des vorigen Jahres 16,130;
Wien ist der Sitz des Verwaltungsrathes,'dem zur Zeit Carl Friedrich Fell¬
mann Ritter von Norwill präsidi're; an 39 Orten Oesterreich-Ungarns befin¬
den sich Local-Ausschüsse, welche im engeren Kreise das genossenschaftliche
Leben der Beamtenschaft fördern und zur Ausbreitung des Vereins wesentlich
beigetragen haben. Es ist von hohem Interesse, die Resultate der Bereins-
thätigkeit in dem Rahmen der Statistik zu verfolgen. Ende des Jahres 1870
waren beispielsweise 8552 Lebens- und Renten-Versicherung-Verträge mit
7.101,198 Gulden Capital und 18,538 Gulden Rente in Kraft (im Jahre
1865 nur 442.400 si. Capital-Versicherung); 89 Versicherungen wurden durch
Zahlung der Capitalien oder Renten abgewickelt. Die Spareinlagen beliefen
sich am 31. December 1870 auf'418,143 Gulden, die Gesammt - Einnahme
der Vorschuß-Abtheilung betrug 720,555 Gulden, wovon 647.592 Gulden
Vorschüsse gegeben worden sind/ Der Unterrichtsfonds weist eine Verwendung


gesetzgebenden Versammlungen der Weg der Selbsthülfe beschritten werden,
welchen die großen Principien der Association, der Vereinigung zu
gemeinsamer Production und zur Gewinnung neuer Werthe,
neuer Hülfsmittel gegen das sociale Elend vorzeichnen.

Nur auf diesem Wege kann dem Verluste vorgebeugt werden, welcher
durch die Zersplitterung der im Einzelnen unproduct'lo bleibenden Kräfte ent¬
steht, nur auf diese Weise die schneidende Dissonanz ausgeglichen werden, welche
zwischen der Staatsbesoldung, die nur das unbedingt Nothwendige berück¬
sichtigen kann, und der Höhe der Anforderungen des Lebens, deren Erfüllung
erst ein menschenwürdiges Dasein ermöglicht, sich fühlbar macht. Wer diese
Dissonanz recht begreifen will, der sehe sich die vor wenigen Tagen gemelde¬
ten Gehaltserhöhungen an, welche in einzelnen thüringischen Staaten den
Gerichtsactuaren, Männern von juristischer Bildung, und den Aceessisten zu
Theil geworden sind, und welche eine Besoldung „completiren", mit der ein
gewöhnlicher Tagelöhner auszukommen heutzutage sich weigert.

Was für Erfolge auf dem bezeichneten Wege der Selbsthülfe und der
Association auch in Beamtenkreisen sich erreichen lassen, beweist die Wirksam¬
keit des ersten allgemeinen Beamten-Vereins der österreichisch¬
ungarischen Monarchie, welcher, im Jahre 1864 für Deutsch-Oesterreich
begründet und seit 1868 auch auf Ungarn ausgedehnt, sich zur Aufgabe ge¬
macht hat, die materiellen, geistigen und socialen Interessen des Beamten¬
standes der Monarchie auf den Grundlagen der Selbsthülfe und Gegen¬
seitigkeit zu wahren und zu fördern. Der Verein schließt jede Gewinnver¬
theilung an Actionäre aus und äußert seine Thätigkeit für die Mitglieder in
Erkrankungsfällen durch Ertheilung von Unterstützungsgeldern, sowie durch
Vermittelung ärztlicher Hülfe, ferner für den Todesfall durch Versicherung
von Capitalien, nicht minder auch für die Altersversorgung durch Renten-
Versicherungen und Gewährung von Jnvaliditäts-Pensionen, endlich durch
Entgegennahme von Spareinlagen und Ertheilung von Vorschüssen, sowie
durch Unterbringung der Mitglieder in geeigneten Dienststellungen. Diese
Wirksamkeit vereinigt in sehr glücklicher Weise die Sorge für das materielle
Gedeihen, für die wirthschaftliche Prosperität des Beamtenstandes mit der
Verfolgung humanitärer Zwecke; sie schließt selbst ideale Interessen nicht aus,
indem der Verein nicht blos Stipendien zu Studien ertheilt, sondern auch den
Mitgliedern durch Herausgabe einer eigenen Zeitschrift eine Revue über be¬
deutende Erfindungen, wichtige Culturbestrebungen u. s. w. liefert. Die Ge-
sammtzahl der Mitglieder betrug beim Beginn' des vorigen Jahres 16,130;
Wien ist der Sitz des Verwaltungsrathes,'dem zur Zeit Carl Friedrich Fell¬
mann Ritter von Norwill präsidi're; an 39 Orten Oesterreich-Ungarns befin¬
den sich Local-Ausschüsse, welche im engeren Kreise das genossenschaftliche
Leben der Beamtenschaft fördern und zur Ausbreitung des Vereins wesentlich
beigetragen haben. Es ist von hohem Interesse, die Resultate der Bereins-
thätigkeit in dem Rahmen der Statistik zu verfolgen. Ende des Jahres 1870
waren beispielsweise 8552 Lebens- und Renten-Versicherung-Verträge mit
7.101,198 Gulden Capital und 18,538 Gulden Rente in Kraft (im Jahre
1865 nur 442.400 si. Capital-Versicherung); 89 Versicherungen wurden durch
Zahlung der Capitalien oder Renten abgewickelt. Die Spareinlagen beliefen
sich am 31. December 1870 auf'418,143 Gulden, die Gesammt - Einnahme
der Vorschuß-Abtheilung betrug 720,555 Gulden, wovon 647.592 Gulden
Vorschüsse gegeben worden sind/ Der Unterrichtsfonds weist eine Verwendung


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[0474] gesetzgebenden Versammlungen der Weg der Selbsthülfe beschritten werden, welchen die großen Principien der Association, der Vereinigung zu gemeinsamer Production und zur Gewinnung neuer Werthe, neuer Hülfsmittel gegen das sociale Elend vorzeichnen. Nur auf diesem Wege kann dem Verluste vorgebeugt werden, welcher durch die Zersplitterung der im Einzelnen unproduct'lo bleibenden Kräfte ent¬ steht, nur auf diese Weise die schneidende Dissonanz ausgeglichen werden, welche zwischen der Staatsbesoldung, die nur das unbedingt Nothwendige berück¬ sichtigen kann, und der Höhe der Anforderungen des Lebens, deren Erfüllung erst ein menschenwürdiges Dasein ermöglicht, sich fühlbar macht. Wer diese Dissonanz recht begreifen will, der sehe sich die vor wenigen Tagen gemelde¬ ten Gehaltserhöhungen an, welche in einzelnen thüringischen Staaten den Gerichtsactuaren, Männern von juristischer Bildung, und den Aceessisten zu Theil geworden sind, und welche eine Besoldung „completiren", mit der ein gewöhnlicher Tagelöhner auszukommen heutzutage sich weigert. Was für Erfolge auf dem bezeichneten Wege der Selbsthülfe und der Association auch in Beamtenkreisen sich erreichen lassen, beweist die Wirksam¬ keit des ersten allgemeinen Beamten-Vereins der österreichisch¬ ungarischen Monarchie, welcher, im Jahre 1864 für Deutsch-Oesterreich begründet und seit 1868 auch auf Ungarn ausgedehnt, sich zur Aufgabe ge¬ macht hat, die materiellen, geistigen und socialen Interessen des Beamten¬ standes der Monarchie auf den Grundlagen der Selbsthülfe und Gegen¬ seitigkeit zu wahren und zu fördern. Der Verein schließt jede Gewinnver¬ theilung an Actionäre aus und äußert seine Thätigkeit für die Mitglieder in Erkrankungsfällen durch Ertheilung von Unterstützungsgeldern, sowie durch Vermittelung ärztlicher Hülfe, ferner für den Todesfall durch Versicherung von Capitalien, nicht minder auch für die Altersversorgung durch Renten- Versicherungen und Gewährung von Jnvaliditäts-Pensionen, endlich durch Entgegennahme von Spareinlagen und Ertheilung von Vorschüssen, sowie durch Unterbringung der Mitglieder in geeigneten Dienststellungen. Diese Wirksamkeit vereinigt in sehr glücklicher Weise die Sorge für das materielle Gedeihen, für die wirthschaftliche Prosperität des Beamtenstandes mit der Verfolgung humanitärer Zwecke; sie schließt selbst ideale Interessen nicht aus, indem der Verein nicht blos Stipendien zu Studien ertheilt, sondern auch den Mitgliedern durch Herausgabe einer eigenen Zeitschrift eine Revue über be¬ deutende Erfindungen, wichtige Culturbestrebungen u. s. w. liefert. Die Ge- sammtzahl der Mitglieder betrug beim Beginn' des vorigen Jahres 16,130; Wien ist der Sitz des Verwaltungsrathes,'dem zur Zeit Carl Friedrich Fell¬ mann Ritter von Norwill präsidi're; an 39 Orten Oesterreich-Ungarns befin¬ den sich Local-Ausschüsse, welche im engeren Kreise das genossenschaftliche Leben der Beamtenschaft fördern und zur Ausbreitung des Vereins wesentlich beigetragen haben. Es ist von hohem Interesse, die Resultate der Bereins- thätigkeit in dem Rahmen der Statistik zu verfolgen. Ende des Jahres 1870 waren beispielsweise 8552 Lebens- und Renten-Versicherung-Verträge mit 7.101,198 Gulden Capital und 18,538 Gulden Rente in Kraft (im Jahre 1865 nur 442.400 si. Capital-Versicherung); 89 Versicherungen wurden durch Zahlung der Capitalien oder Renten abgewickelt. Die Spareinlagen beliefen sich am 31. December 1870 auf'418,143 Gulden, die Gesammt - Einnahme der Vorschuß-Abtheilung betrug 720,555 Gulden, wovon 647.592 Gulden Vorschüsse gegeben worden sind/ Der Unterrichtsfonds weist eine Verwendung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/474>, abgerufen am 22.12.2024.