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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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von Rhode gedichteten, durch Weber aber unvollendet gebliebenen Oper
"Rübezahl" und die "Overtur!,. Lünnesa,", 1809 von Carl Maria vor
seine Turcmdot-Musik gestellt und zu diesem Zwecke umgearbeitet.

Nach Zerwürfnissen mit der Direction des Breslauer Theaters nahm
Weber im Mai des Jahres 18 06 seinen Abschied und folgte, seinen Vater
mit sich nehmend, einer Einladung des edlen, musik-Iiebenden und -kundigen
Prinzen Eugen von Württemberg zu Carlsruhe in Schlesien, bei
dessen Capelle er im Herbst d. I. als deren Director, unter dem Titel eines
"herzoglichen Musik-Intendanten" eintrat. Hier entwickelte er auf's Neue sein
durch Breslau bedeutend gefördertes Directions-Tcilent und schrieb, neben zwei
Sinfonien, einem Concertino für Horn, der gänzlichen Umwandlung der
Ouvertüre von Schmolk in die (Concert-) "Ouvertüre A, plusieurs Instru¬
ments" und einigem Anderen, dasjenige Pianoforte-Stück, welches zuerst
seinen Namen in die große musikalische Welt trug, in der es sich bis heut mit
ungeschwächtem Werthe behauptet hat: die eben so originellen, wie schönen
und glänzenden Variationen über "Vier qua,, voring, della."

Leider war sein Aufenthalt am Carlsruher Hofe nur das kurze Aufleuchten
eines schnell wieder erbleichenden Glückssternes. Der Krieg löste die Kapelle
auf und führte den Prinzen Eugen hinweg. Rath- und Hülflos standen beide
Weber dem Mangel preisgegeben da, als der edle scheidende Fürst sie dem¬
selben dadurch entriß, daß er den ihm sehr werth gewordenen Carl Maria
seinem und des Königs von Württemberg Bruder, dem Herzoge Ludwig
empfahl, als dessen "Geheimer Secretär" Weber nun im Juli d. I. 1807
nach Stuttgart ging, nachdem er die Zeit von Ende Februar bis dahin
zu einer Kunstreise über Breslau durch Sachsen und Franken verwendet hatte.

Die Stuttgarter Periode vom Juli 1807 bis Schluß Februar 1810
wurde verhängnißvoll für unsern Weber, obwohl sie begleitet war von äußerlich
glänzenden Verhältnissen, dem Bekanntwerden mit ausgezeichneten Männern,
(darunter Dannecker, die Kupferstecher Gotthardt und Friedrich von Müller,
Haug, Capellmeister Danzi und Andere) und ungeachtet zahlreicher hier ent¬
standener trefflicher Arbeiten. Zu diesen letzteren sind vorzugsweise zu rechnen:
"Der erste Ton". Declamatorium mit Musik und Chor, Variationen für
Violine und Pfte. über ein norwegisches Thema, die berühmte prächtige
IZs6ur-?0long,ise für Pfte. ox. 21 (in Werth und Wirkung ein Seitenstück zu
den Variationen über "Vier "zus., voring, teils,", ox>. 7), der "No-
mevtn es-nrieeioso", die "Fix?leech a, 4 mains" op. 10 (für seine Schüle¬
rinnen, die württembergischen Prinzessinnen Marie und Amalie, componirt),
der Org-na (Zuaäuor und schließlich seine erste große dreiactige Oper
"Silvana" mit Dichtung seines Stuttgarter Freundes Hiemer nach dem


von Rhode gedichteten, durch Weber aber unvollendet gebliebenen Oper
„Rübezahl" und die „Overtur!,. Lünnesa,", 1809 von Carl Maria vor
seine Turcmdot-Musik gestellt und zu diesem Zwecke umgearbeitet.

Nach Zerwürfnissen mit der Direction des Breslauer Theaters nahm
Weber im Mai des Jahres 18 06 seinen Abschied und folgte, seinen Vater
mit sich nehmend, einer Einladung des edlen, musik-Iiebenden und -kundigen
Prinzen Eugen von Württemberg zu Carlsruhe in Schlesien, bei
dessen Capelle er im Herbst d. I. als deren Director, unter dem Titel eines
„herzoglichen Musik-Intendanten" eintrat. Hier entwickelte er auf's Neue sein
durch Breslau bedeutend gefördertes Directions-Tcilent und schrieb, neben zwei
Sinfonien, einem Concertino für Horn, der gänzlichen Umwandlung der
Ouvertüre von Schmolk in die (Concert-) „Ouvertüre A, plusieurs Instru¬
ments" und einigem Anderen, dasjenige Pianoforte-Stück, welches zuerst
seinen Namen in die große musikalische Welt trug, in der es sich bis heut mit
ungeschwächtem Werthe behauptet hat: die eben so originellen, wie schönen
und glänzenden Variationen über „Vier qua,, voring, della."

Leider war sein Aufenthalt am Carlsruher Hofe nur das kurze Aufleuchten
eines schnell wieder erbleichenden Glückssternes. Der Krieg löste die Kapelle
auf und führte den Prinzen Eugen hinweg. Rath- und Hülflos standen beide
Weber dem Mangel preisgegeben da, als der edle scheidende Fürst sie dem¬
selben dadurch entriß, daß er den ihm sehr werth gewordenen Carl Maria
seinem und des Königs von Württemberg Bruder, dem Herzoge Ludwig
empfahl, als dessen „Geheimer Secretär" Weber nun im Juli d. I. 1807
nach Stuttgart ging, nachdem er die Zeit von Ende Februar bis dahin
zu einer Kunstreise über Breslau durch Sachsen und Franken verwendet hatte.

Die Stuttgarter Periode vom Juli 1807 bis Schluß Februar 1810
wurde verhängnißvoll für unsern Weber, obwohl sie begleitet war von äußerlich
glänzenden Verhältnissen, dem Bekanntwerden mit ausgezeichneten Männern,
(darunter Dannecker, die Kupferstecher Gotthardt und Friedrich von Müller,
Haug, Capellmeister Danzi und Andere) und ungeachtet zahlreicher hier ent¬
standener trefflicher Arbeiten. Zu diesen letzteren sind vorzugsweise zu rechnen:
„Der erste Ton". Declamatorium mit Musik und Chor, Variationen für
Violine und Pfte. über ein norwegisches Thema, die berühmte prächtige
IZs6ur-?0long,ise für Pfte. ox. 21 (in Werth und Wirkung ein Seitenstück zu
den Variationen über „Vier «zus., voring, teils,", ox>. 7), der „No-
mevtn es-nrieeioso", die „Fix?leech a, 4 mains" op. 10 (für seine Schüle¬
rinnen, die württembergischen Prinzessinnen Marie und Amalie, componirt),
der Org-na (Zuaäuor und schließlich seine erste große dreiactige Oper
„Silvana" mit Dichtung seines Stuttgarter Freundes Hiemer nach dem


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[0440] von Rhode gedichteten, durch Weber aber unvollendet gebliebenen Oper „Rübezahl" und die „Overtur!,. Lünnesa,", 1809 von Carl Maria vor seine Turcmdot-Musik gestellt und zu diesem Zwecke umgearbeitet. Nach Zerwürfnissen mit der Direction des Breslauer Theaters nahm Weber im Mai des Jahres 18 06 seinen Abschied und folgte, seinen Vater mit sich nehmend, einer Einladung des edlen, musik-Iiebenden und -kundigen Prinzen Eugen von Württemberg zu Carlsruhe in Schlesien, bei dessen Capelle er im Herbst d. I. als deren Director, unter dem Titel eines „herzoglichen Musik-Intendanten" eintrat. Hier entwickelte er auf's Neue sein durch Breslau bedeutend gefördertes Directions-Tcilent und schrieb, neben zwei Sinfonien, einem Concertino für Horn, der gänzlichen Umwandlung der Ouvertüre von Schmolk in die (Concert-) „Ouvertüre A, plusieurs Instru¬ ments" und einigem Anderen, dasjenige Pianoforte-Stück, welches zuerst seinen Namen in die große musikalische Welt trug, in der es sich bis heut mit ungeschwächtem Werthe behauptet hat: die eben so originellen, wie schönen und glänzenden Variationen über „Vier qua,, voring, della." Leider war sein Aufenthalt am Carlsruher Hofe nur das kurze Aufleuchten eines schnell wieder erbleichenden Glückssternes. Der Krieg löste die Kapelle auf und führte den Prinzen Eugen hinweg. Rath- und Hülflos standen beide Weber dem Mangel preisgegeben da, als der edle scheidende Fürst sie dem¬ selben dadurch entriß, daß er den ihm sehr werth gewordenen Carl Maria seinem und des Königs von Württemberg Bruder, dem Herzoge Ludwig empfahl, als dessen „Geheimer Secretär" Weber nun im Juli d. I. 1807 nach Stuttgart ging, nachdem er die Zeit von Ende Februar bis dahin zu einer Kunstreise über Breslau durch Sachsen und Franken verwendet hatte. Die Stuttgarter Periode vom Juli 1807 bis Schluß Februar 1810 wurde verhängnißvoll für unsern Weber, obwohl sie begleitet war von äußerlich glänzenden Verhältnissen, dem Bekanntwerden mit ausgezeichneten Männern, (darunter Dannecker, die Kupferstecher Gotthardt und Friedrich von Müller, Haug, Capellmeister Danzi und Andere) und ungeachtet zahlreicher hier ent¬ standener trefflicher Arbeiten. Zu diesen letzteren sind vorzugsweise zu rechnen: „Der erste Ton". Declamatorium mit Musik und Chor, Variationen für Violine und Pfte. über ein norwegisches Thema, die berühmte prächtige IZs6ur-?0long,ise für Pfte. ox. 21 (in Werth und Wirkung ein Seitenstück zu den Variationen über „Vier «zus., voring, teils,", ox>. 7), der „No- mevtn es-nrieeioso", die „Fix?leech a, 4 mains" op. 10 (für seine Schüle¬ rinnen, die württembergischen Prinzessinnen Marie und Amalie, componirt), der Org-na (Zuaäuor und schließlich seine erste große dreiactige Oper „Silvana" mit Dichtung seines Stuttgarter Freundes Hiemer nach dem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/440>, abgerufen am 22.12.2024.