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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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wüthig nach Europa zurückrufen, habe ich den Versuch nicht erneuern zu dürfen
geglaubt.

Aller Wahrscheinlichkeit nach werde ich den nächsten Sommer hier bleiben,
aber dann werde ich die internationalen Beziehungen zwischen den verschiede¬
nen französischen und amerikanischen Gruppen hergestellt und (nach der Wahl
des französischen Comites) eine oder.mehrere eifrige und fähige Personen zu
meinem Ersatz bestimmt haben.

Wie Sie sagen, werden wir sicherlich, unfehlbar triumphiren, wenn wir
den Erfolg mit Ausdauer in der Organisation suchen. Aber lassen wir nicht
außer Augen, daß die Organisation den Zweck hat, für die Action die mög¬
lichst große Zahl zu solidarisiren. Seien wir also coulant, runden wir die
Ecken ab, seien wir wirklich Brüder der That, nicht dem Worte nach. Lassen
wir nicht die Worte der Doctrin und der Individualität diejenigen trennen,
welche ein gemeinsames Dulden, das heißt ein gemeinsames Interesse vereinigt
hat. Wir sind Alles in Allem. Es muß anerkannt werden, daß, wenn wir
geschlagen werden, wir es verdienen. Ich habe die Unsern in den letzten
Wirren nicht auftreten sehen. Welche Stellung haben die Arbeitervereine an¬
genommen, und was sind gegenwärtig ihre Absichten? Gewiß, wir sollen
unsere Ideen nicht der Politik opfern, aber es wäre ein großes Unglück, wenn
sie uns auch nur einen Augenblick von ihr loslösten. Meiner Ansicht nach
zeigt alles, was vorgeht, daß die Orleans sich Schritt für Schritt nach der
Gewalt hinschlängeln und Louis Napoleon der Art die Krallen benagen, daß
sie nichts weiter zu thun haben, als sich eines schönen Morgens an seine
Stelle zu setzen. Nun aber müssen wir für diesen Tag physisch und moralisch
bereit sein. An diesem Tage wir oder das Nichts! Bis dahin werde ich
wahrscheinlich ruhig bleiben; aber an diesem Tage, das versichere ich Ihnen,
und ich sage niemals Ja statt Nein, wird Paris uns gehören oder nicht mehr
existiren. Das wird der entscheidende Augenblick sein, die Völkerherrschast zu
errichten.

Der Ihrige
Et....

"An diesem Tage wir oder das Nichts!" "An diesem Tage wird Paris
uns gehören oder nicht mehr existiren." Die Ereignisse haben gezeigt, daß
dies keine grimmige Großsprecherei, sondern reiflich bedachter Plan war. An¬
dere Thatsachen, die der Staatsanwalt im dritten Prozeß der Internationale
am 22. Juni 1870, elf Monate vor dem Brande von Paris, dem leider un¬
gläubigen Publicum enthüllte, lieferten weitere Beweise. Bei einem Mitgliede
der Internationale hatte man ein Lexikon entdeckt, welches den Schlüssel zu
ihrer Korrespondenz enthielt. Die Worte, welche sie am häufigsten gebrauch¬
ten, waren darin jedes durch ein besondres Zeichen vertreten. Nun aber fin¬
den wir unter diesen Worten ihrer gewöhnlichen Unterhaltung nicht nur die


wüthig nach Europa zurückrufen, habe ich den Versuch nicht erneuern zu dürfen
geglaubt.

Aller Wahrscheinlichkeit nach werde ich den nächsten Sommer hier bleiben,
aber dann werde ich die internationalen Beziehungen zwischen den verschiede¬
nen französischen und amerikanischen Gruppen hergestellt und (nach der Wahl
des französischen Comites) eine oder.mehrere eifrige und fähige Personen zu
meinem Ersatz bestimmt haben.

Wie Sie sagen, werden wir sicherlich, unfehlbar triumphiren, wenn wir
den Erfolg mit Ausdauer in der Organisation suchen. Aber lassen wir nicht
außer Augen, daß die Organisation den Zweck hat, für die Action die mög¬
lichst große Zahl zu solidarisiren. Seien wir also coulant, runden wir die
Ecken ab, seien wir wirklich Brüder der That, nicht dem Worte nach. Lassen
wir nicht die Worte der Doctrin und der Individualität diejenigen trennen,
welche ein gemeinsames Dulden, das heißt ein gemeinsames Interesse vereinigt
hat. Wir sind Alles in Allem. Es muß anerkannt werden, daß, wenn wir
geschlagen werden, wir es verdienen. Ich habe die Unsern in den letzten
Wirren nicht auftreten sehen. Welche Stellung haben die Arbeitervereine an¬
genommen, und was sind gegenwärtig ihre Absichten? Gewiß, wir sollen
unsere Ideen nicht der Politik opfern, aber es wäre ein großes Unglück, wenn
sie uns auch nur einen Augenblick von ihr loslösten. Meiner Ansicht nach
zeigt alles, was vorgeht, daß die Orleans sich Schritt für Schritt nach der
Gewalt hinschlängeln und Louis Napoleon der Art die Krallen benagen, daß
sie nichts weiter zu thun haben, als sich eines schönen Morgens an seine
Stelle zu setzen. Nun aber müssen wir für diesen Tag physisch und moralisch
bereit sein. An diesem Tage wir oder das Nichts! Bis dahin werde ich
wahrscheinlich ruhig bleiben; aber an diesem Tage, das versichere ich Ihnen,
und ich sage niemals Ja statt Nein, wird Paris uns gehören oder nicht mehr
existiren. Das wird der entscheidende Augenblick sein, die Völkerherrschast zu
errichten.

Der Ihrige
Et....

„An diesem Tage wir oder das Nichts!" „An diesem Tage wird Paris
uns gehören oder nicht mehr existiren." Die Ereignisse haben gezeigt, daß
dies keine grimmige Großsprecherei, sondern reiflich bedachter Plan war. An¬
dere Thatsachen, die der Staatsanwalt im dritten Prozeß der Internationale
am 22. Juni 1870, elf Monate vor dem Brande von Paris, dem leider un¬
gläubigen Publicum enthüllte, lieferten weitere Beweise. Bei einem Mitgliede
der Internationale hatte man ein Lexikon entdeckt, welches den Schlüssel zu
ihrer Korrespondenz enthielt. Die Worte, welche sie am häufigsten gebrauch¬
ten, waren darin jedes durch ein besondres Zeichen vertreten. Nun aber fin¬
den wir unter diesen Worten ihrer gewöhnlichen Unterhaltung nicht nur die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/189>, abgerufen am 22.12.2024.