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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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süddeutschen Staaten, daß leider Sachsen hinter dem gesammten
Deutschland in der Entwickelung seines höheren Schulwesens erheblich
zurückgeblieben ist. Im Jahre 1870 zählte nämlich:

Hannover, bei 1.937,637 Einwohnern (also ca. '/^ Million weniger
als Sachsen): 17 Gymnasien (3 mehr als Sachsen), 2 Progymnasien, 9
Realschulen und 14 höhere Bürgerschulen.

Schleswig-Holstein, bei 981,718 Einwohnern: 10 Gymnasien,
1 Realschule, 3 höhere Bürgerschulen.

Hessen-Nassau, bei 1,379.743 Einwohnern: 11 Gymnasien, 2
Progymnasien, 8 Realschulen, Is höhere Bürgerschulen.

Thüringische Staaten und Anhalt, bei 1,346.141 Einwohnern:
17 Gymnasien (3 mehr als Sachsen), 1 Progymnasium, 10 Realschulen
und 4 höhere Bürgerschulen.

Mecklenburg, bei 639,388 Einwohnern: 9 Gymnasien, 2 Pro¬
gymnasien, 9 Real- und höhere Bürgerschulen. Nach diesem mecklenburgischen
Maßstabe müßte Sachsen 3 3 Gymnasien und 33 Realschulen haben.

Hessen-Darmstadt, bei 823,138 Einwohnern: 6 Gymnasien,
1 Progymnasium, 10 Realschulen.

Baiern, bei 4,823.421 Einwohnern: 28 Gymnasien, 78 Latein¬
schulen, 9 Knabenseminare, 6 Realgymnasien zur Vorbereitung auf das Poly-
technicum (außerdem 33 staatliche Gewerb-, Handels- und Landwirthschafts-
Schulen.)

Württemberg, bei 1,778,479 Einwohnern: 13 Gymnasien, Lyceen
und protestantische Klosterschulen, 9 Oberrealschulen (außerdem 106 Latein-
und Realschulen).

Baden, bei 1,434,970 Einwohnern: 13 Lyceen und Gymnasien,
3 Pädagogien (Progymnasien), 30 höhere Bürgerschulen.

Diese Angaben genügen, um die unerfreuliche Thatsache festzustellen, daß
Sachsen, welches sich in anderen Zweigen menschlicher Cultur mit jedem
deutschen Staate getrost messen kann, auf dem Gebiet des höheren Schul¬
wesens nicht nur von Preußen, sondern auch von den übrigen deutschen
Staaten sich vollständig hat überflügeln lassen. Dafür spricht auch die be¬
trübende Erscheinung, daß, während allerwärts die höheren Schulen bedeu¬
tend vermehrt worden sind, in Sachsen seiner Zeit 5 Gymnasien (Kamenz
und Löbau vor 1833, Chemnitz, Annaberg und Schneeberg nach 1833) un¬
verantwortlicher Weise aufgehoben worden sind, von denen erst eins, nämlich
das zu Chemnitz, im Herbst 1868 wieder ins Leben gerufen worden ist.

Bereits auf dem vorletzten Landtage hatte die II. Kammer die Gründung
von mindestens vier neuen Gymnasien resp. Realschulen beantragt (Landt.
Mittheil. II. Kammer, 1868, S. 3048). Nach den Beschlüssen der I. Kam-


süddeutschen Staaten, daß leider Sachsen hinter dem gesammten
Deutschland in der Entwickelung seines höheren Schulwesens erheblich
zurückgeblieben ist. Im Jahre 1870 zählte nämlich:

Hannover, bei 1.937,637 Einwohnern (also ca. '/^ Million weniger
als Sachsen): 17 Gymnasien (3 mehr als Sachsen), 2 Progymnasien, 9
Realschulen und 14 höhere Bürgerschulen.

Schleswig-Holstein, bei 981,718 Einwohnern: 10 Gymnasien,
1 Realschule, 3 höhere Bürgerschulen.

Hessen-Nassau, bei 1,379.743 Einwohnern: 11 Gymnasien, 2
Progymnasien, 8 Realschulen, Is höhere Bürgerschulen.

Thüringische Staaten und Anhalt, bei 1,346.141 Einwohnern:
17 Gymnasien (3 mehr als Sachsen), 1 Progymnasium, 10 Realschulen
und 4 höhere Bürgerschulen.

Mecklenburg, bei 639,388 Einwohnern: 9 Gymnasien, 2 Pro¬
gymnasien, 9 Real- und höhere Bürgerschulen. Nach diesem mecklenburgischen
Maßstabe müßte Sachsen 3 3 Gymnasien und 33 Realschulen haben.

Hessen-Darmstadt, bei 823,138 Einwohnern: 6 Gymnasien,
1 Progymnasium, 10 Realschulen.

Baiern, bei 4,823.421 Einwohnern: 28 Gymnasien, 78 Latein¬
schulen, 9 Knabenseminare, 6 Realgymnasien zur Vorbereitung auf das Poly-
technicum (außerdem 33 staatliche Gewerb-, Handels- und Landwirthschafts-
Schulen.)

Württemberg, bei 1,778,479 Einwohnern: 13 Gymnasien, Lyceen
und protestantische Klosterschulen, 9 Oberrealschulen (außerdem 106 Latein-
und Realschulen).

Baden, bei 1,434,970 Einwohnern: 13 Lyceen und Gymnasien,
3 Pädagogien (Progymnasien), 30 höhere Bürgerschulen.

Diese Angaben genügen, um die unerfreuliche Thatsache festzustellen, daß
Sachsen, welches sich in anderen Zweigen menschlicher Cultur mit jedem
deutschen Staate getrost messen kann, auf dem Gebiet des höheren Schul¬
wesens nicht nur von Preußen, sondern auch von den übrigen deutschen
Staaten sich vollständig hat überflügeln lassen. Dafür spricht auch die be¬
trübende Erscheinung, daß, während allerwärts die höheren Schulen bedeu¬
tend vermehrt worden sind, in Sachsen seiner Zeit 5 Gymnasien (Kamenz
und Löbau vor 1833, Chemnitz, Annaberg und Schneeberg nach 1833) un¬
verantwortlicher Weise aufgehoben worden sind, von denen erst eins, nämlich
das zu Chemnitz, im Herbst 1868 wieder ins Leben gerufen worden ist.

Bereits auf dem vorletzten Landtage hatte die II. Kammer die Gründung
von mindestens vier neuen Gymnasien resp. Realschulen beantragt (Landt.
Mittheil. II. Kammer, 1868, S. 3048). Nach den Beschlüssen der I. Kam-


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[0094] süddeutschen Staaten, daß leider Sachsen hinter dem gesammten Deutschland in der Entwickelung seines höheren Schulwesens erheblich zurückgeblieben ist. Im Jahre 1870 zählte nämlich: Hannover, bei 1.937,637 Einwohnern (also ca. '/^ Million weniger als Sachsen): 17 Gymnasien (3 mehr als Sachsen), 2 Progymnasien, 9 Realschulen und 14 höhere Bürgerschulen. Schleswig-Holstein, bei 981,718 Einwohnern: 10 Gymnasien, 1 Realschule, 3 höhere Bürgerschulen. Hessen-Nassau, bei 1,379.743 Einwohnern: 11 Gymnasien, 2 Progymnasien, 8 Realschulen, Is höhere Bürgerschulen. Thüringische Staaten und Anhalt, bei 1,346.141 Einwohnern: 17 Gymnasien (3 mehr als Sachsen), 1 Progymnasium, 10 Realschulen und 4 höhere Bürgerschulen. Mecklenburg, bei 639,388 Einwohnern: 9 Gymnasien, 2 Pro¬ gymnasien, 9 Real- und höhere Bürgerschulen. Nach diesem mecklenburgischen Maßstabe müßte Sachsen 3 3 Gymnasien und 33 Realschulen haben. Hessen-Darmstadt, bei 823,138 Einwohnern: 6 Gymnasien, 1 Progymnasium, 10 Realschulen. Baiern, bei 4,823.421 Einwohnern: 28 Gymnasien, 78 Latein¬ schulen, 9 Knabenseminare, 6 Realgymnasien zur Vorbereitung auf das Poly- technicum (außerdem 33 staatliche Gewerb-, Handels- und Landwirthschafts- Schulen.) Württemberg, bei 1,778,479 Einwohnern: 13 Gymnasien, Lyceen und protestantische Klosterschulen, 9 Oberrealschulen (außerdem 106 Latein- und Realschulen). Baden, bei 1,434,970 Einwohnern: 13 Lyceen und Gymnasien, 3 Pädagogien (Progymnasien), 30 höhere Bürgerschulen. Diese Angaben genügen, um die unerfreuliche Thatsache festzustellen, daß Sachsen, welches sich in anderen Zweigen menschlicher Cultur mit jedem deutschen Staate getrost messen kann, auf dem Gebiet des höheren Schul¬ wesens nicht nur von Preußen, sondern auch von den übrigen deutschen Staaten sich vollständig hat überflügeln lassen. Dafür spricht auch die be¬ trübende Erscheinung, daß, während allerwärts die höheren Schulen bedeu¬ tend vermehrt worden sind, in Sachsen seiner Zeit 5 Gymnasien (Kamenz und Löbau vor 1833, Chemnitz, Annaberg und Schneeberg nach 1833) un¬ verantwortlicher Weise aufgehoben worden sind, von denen erst eins, nämlich das zu Chemnitz, im Herbst 1868 wieder ins Leben gerufen worden ist. Bereits auf dem vorletzten Landtage hatte die II. Kammer die Gründung von mindestens vier neuen Gymnasien resp. Realschulen beantragt (Landt. Mittheil. II. Kammer, 1868, S. 3048). Nach den Beschlüssen der I. Kam-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/94>, abgerufen am 05.02.2025.