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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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An den Besuch der höheren Schulen knüpfen sich dort vielmehr noch
andere wichtige Berechtigungen, entweder für gewisse Zweige der Verwaltung
und des öffentlichen Dienstes überhaupt, oder für den Eintritt in öffentliche
Lehranstalten. Gerade das Berechtigungswesen läßt erkennen, welche hohen
Ansprüche der preußische Staat an seine Beamten stellt. Wie viel geringer
sind bei uns in Sachsen diese Ansprüche! Wie oft aber kommt hier auch vor,
daß der Mangel an allgemeiner Bildung in den schärfsten Contrast tritt zu
der Stellung, welche der Beamte in der Gesellschaft einnimmt.

Die vergleichende Statistik ergibt, daß auch die oft gehörte Be¬
hauptung (Vergl. die Aeußerung des Cultusministeriums in den Landt.
Mieth. 1868. II. Kammer, S 2031), in Sachsen absolvirten ver¬
hältnißmäßig mehr junge Leute als in Preußen den vollstän¬
digen Gymnasialcursus, auf Irrthum beruht. Für das Jahr 1870
betrug die Zahl der Gymnasialabiturienten

in Preußen 2832
in Sachsen 234.

Die Einwohnerzahl Preußens etwa 10mal so groß angenommen als die
Sachsens, mußte letzteres 283 statt 234 Abiturienten liefern.

Noch ungünstiger für Sachsen aber erweist sich das Verhältniß, wenn
man die 390 Abiturienten der preußischen Realschulen I. O. mit in Anschlag
bringt; denn man darf dieser Zahl nicht die 91 Abiturienten der sächsischen
regulativmäßigen Realschulen gegenüberstellen, da letzteren bis zu diesem
Jahre die zwei oberen Klassen der preußischen Realschulen I. O. fehlten. --
Ueberdies zeigt auch die Schulstatistik der erst 1866 zu Preußen hinzugekom¬
menen Provinzen (Hannover u. s. w), sowie die der übrigen nord- und


'1) Einjähriger Besuch der II: Posterpcdienten, Civilanwärter.
5) Reise für Ober II: ") Eintritt in den Marinedicnst; b) Studium der Thicraiznei-
kuude als Civilelevc.
t>) Na ifc für I: -l) Civilaspirant bei den Proviantämter"; b) Feldmesser; v) Mark¬
scheider; <Z) Civilsupernnmerar bei den Provinzial-Verwaltungsbehörden; v) Justizsubaltcrn-
dicnst.
7) Besuch der I: Studium der Oekonomie auf den königl. landwirthschaftlichen Aka¬
demien,
8) Einjähriger Besuch der I: -r) Civilapplicant für den Militärintendanturdicnst;
K) für den Marineintcndanturdiensi; c) Civilsupernnmerar bei der Verwaltung der indirecten
Steuern; ä) Zulassung zur Entlassnngsprüfung bei den königl. Prvvinzial-Gewerbeschulen.
") Maturitätszeugnis;- Facultätsstudicn; d) Dispcnsation von Ablegung des
Portcpeeftthnrichseramens; o) Aufnahme in die königl. Bauakademie zu Berlin; 6) in die
königl. Bergakademie zu Berlin; s) in die königl. Höhere Forstlehranstalt zu Neustadt - Ebers-
walde (bei unbedingt genügender Censur in der Mathematik); t') Postclcvc; Aufnahme in
das königl. Gewcrbcinstitut zu Berlin; I") Aufnahme in das reitende Feldjägcrcorps.
Entsprechende Rechte sind an die Progumnasicn. die Realschulen II. O. und die höheren
Bürgerschulen geknüpft.

An den Besuch der höheren Schulen knüpfen sich dort vielmehr noch
andere wichtige Berechtigungen, entweder für gewisse Zweige der Verwaltung
und des öffentlichen Dienstes überhaupt, oder für den Eintritt in öffentliche
Lehranstalten. Gerade das Berechtigungswesen läßt erkennen, welche hohen
Ansprüche der preußische Staat an seine Beamten stellt. Wie viel geringer
sind bei uns in Sachsen diese Ansprüche! Wie oft aber kommt hier auch vor,
daß der Mangel an allgemeiner Bildung in den schärfsten Contrast tritt zu
der Stellung, welche der Beamte in der Gesellschaft einnimmt.

Die vergleichende Statistik ergibt, daß auch die oft gehörte Be¬
hauptung (Vergl. die Aeußerung des Cultusministeriums in den Landt.
Mieth. 1868. II. Kammer, S 2031), in Sachsen absolvirten ver¬
hältnißmäßig mehr junge Leute als in Preußen den vollstän¬
digen Gymnasialcursus, auf Irrthum beruht. Für das Jahr 1870
betrug die Zahl der Gymnasialabiturienten

in Preußen 2832
in Sachsen 234.

Die Einwohnerzahl Preußens etwa 10mal so groß angenommen als die
Sachsens, mußte letzteres 283 statt 234 Abiturienten liefern.

Noch ungünstiger für Sachsen aber erweist sich das Verhältniß, wenn
man die 390 Abiturienten der preußischen Realschulen I. O. mit in Anschlag
bringt; denn man darf dieser Zahl nicht die 91 Abiturienten der sächsischen
regulativmäßigen Realschulen gegenüberstellen, da letzteren bis zu diesem
Jahre die zwei oberen Klassen der preußischen Realschulen I. O. fehlten. —
Ueberdies zeigt auch die Schulstatistik der erst 1866 zu Preußen hinzugekom¬
menen Provinzen (Hannover u. s. w), sowie die der übrigen nord- und


'1) Einjähriger Besuch der II: Posterpcdienten, Civilanwärter.
5) Reise für Ober II: ») Eintritt in den Marinedicnst; b) Studium der Thicraiznei-
kuude als Civilelevc.
t>) Na ifc für I: -l) Civilaspirant bei den Proviantämter»; b) Feldmesser; v) Mark¬
scheider; <Z) Civilsupernnmerar bei den Provinzial-Verwaltungsbehörden; v) Justizsubaltcrn-
dicnst.
7) Besuch der I: Studium der Oekonomie auf den königl. landwirthschaftlichen Aka¬
demien,
8) Einjähriger Besuch der I: -r) Civilapplicant für den Militärintendanturdicnst;
K) für den Marineintcndanturdiensi; c) Civilsupernnmerar bei der Verwaltung der indirecten
Steuern; ä) Zulassung zur Entlassnngsprüfung bei den königl. Prvvinzial-Gewerbeschulen.
») Maturitätszeugnis;- Facultätsstudicn; d) Dispcnsation von Ablegung des
Portcpeeftthnrichseramens; o) Aufnahme in die königl. Bauakademie zu Berlin; 6) in die
königl. Bergakademie zu Berlin; s) in die königl. Höhere Forstlehranstalt zu Neustadt - Ebers-
walde (bei unbedingt genügender Censur in der Mathematik); t') Postclcvc; Aufnahme in
das königl. Gewcrbcinstitut zu Berlin; I») Aufnahme in das reitende Feldjägcrcorps.
Entsprechende Rechte sind an die Progumnasicn. die Realschulen II. O. und die höheren
Bürgerschulen geknüpft.
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[0093] An den Besuch der höheren Schulen knüpfen sich dort vielmehr noch andere wichtige Berechtigungen, entweder für gewisse Zweige der Verwaltung und des öffentlichen Dienstes überhaupt, oder für den Eintritt in öffentliche Lehranstalten. Gerade das Berechtigungswesen läßt erkennen, welche hohen Ansprüche der preußische Staat an seine Beamten stellt. Wie viel geringer sind bei uns in Sachsen diese Ansprüche! Wie oft aber kommt hier auch vor, daß der Mangel an allgemeiner Bildung in den schärfsten Contrast tritt zu der Stellung, welche der Beamte in der Gesellschaft einnimmt. Die vergleichende Statistik ergibt, daß auch die oft gehörte Be¬ hauptung (Vergl. die Aeußerung des Cultusministeriums in den Landt. Mieth. 1868. II. Kammer, S 2031), in Sachsen absolvirten ver¬ hältnißmäßig mehr junge Leute als in Preußen den vollstän¬ digen Gymnasialcursus, auf Irrthum beruht. Für das Jahr 1870 betrug die Zahl der Gymnasialabiturienten in Preußen 2832 in Sachsen 234. Die Einwohnerzahl Preußens etwa 10mal so groß angenommen als die Sachsens, mußte letzteres 283 statt 234 Abiturienten liefern. Noch ungünstiger für Sachsen aber erweist sich das Verhältniß, wenn man die 390 Abiturienten der preußischen Realschulen I. O. mit in Anschlag bringt; denn man darf dieser Zahl nicht die 91 Abiturienten der sächsischen regulativmäßigen Realschulen gegenüberstellen, da letzteren bis zu diesem Jahre die zwei oberen Klassen der preußischen Realschulen I. O. fehlten. — Ueberdies zeigt auch die Schulstatistik der erst 1866 zu Preußen hinzugekom¬ menen Provinzen (Hannover u. s. w), sowie die der übrigen nord- und '1) Einjähriger Besuch der II: Posterpcdienten, Civilanwärter. 5) Reise für Ober II: ») Eintritt in den Marinedicnst; b) Studium der Thicraiznei- kuude als Civilelevc. t>) Na ifc für I: -l) Civilaspirant bei den Proviantämter»; b) Feldmesser; v) Mark¬ scheider; <Z) Civilsupernnmerar bei den Provinzial-Verwaltungsbehörden; v) Justizsubaltcrn- dicnst. 7) Besuch der I: Studium der Oekonomie auf den königl. landwirthschaftlichen Aka¬ demien, 8) Einjähriger Besuch der I: -r) Civilapplicant für den Militärintendanturdicnst; K) für den Marineintcndanturdiensi; c) Civilsupernnmerar bei der Verwaltung der indirecten Steuern; ä) Zulassung zur Entlassnngsprüfung bei den königl. Prvvinzial-Gewerbeschulen. ») Maturitätszeugnis;- Facultätsstudicn; d) Dispcnsation von Ablegung des Portcpeeftthnrichseramens; o) Aufnahme in die königl. Bauakademie zu Berlin; 6) in die königl. Bergakademie zu Berlin; s) in die königl. Höhere Forstlehranstalt zu Neustadt - Ebers- walde (bei unbedingt genügender Censur in der Mathematik); t') Postclcvc; Aufnahme in das königl. Gewcrbcinstitut zu Berlin; I») Aufnahme in das reitende Feldjägcrcorps. Entsprechende Rechte sind an die Progumnasicn. die Realschulen II. O. und die höheren Bürgerschulen geknüpft.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/93>, abgerufen am 05.02.2025.