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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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Nicht gerechnet sind hierbei die zahlreichen noch nicht anerkannten Progym¬
nasien, welche nur die unteren Klassen haben, wie solche auch Sachsen einige
in Verbindung mit Realschulen besitzt.

2) 76 Realschulen I. Ordnung, welche hinsichtlich der Klassenzahl
und Cursusdauer ganz nach dem Muster der Gymnasien organisirt sind.

3) 13 Realschulen II. Ordnung, bei welchen das Lateinische weg¬
fallen und der 9jährige Cursus der Realschulen I. Ordnung um 1 oder 2
Jahre verkürzt werden kann. Schon ihre geringe Zahl gegenüber den Real¬
schulen I. Ordnung (13 gegen 76) beweist, wie wenig Anklang die Realschu¬
len II, Ordnung in Preußen finden, und es herrscht daher dort das Bestre¬
ben, eine Anstalt, die zunächst als Realschule II. Ordnung auftritt, möglichst
bald zu einer solchen der I. Ordnung fortzubilden.

4) 70 höhere Bürgerschulen, welche von dem Cultusministerium
anerkannt und zur Ausstellung des Freiwilligenzeugnisses berechtigt sind.
Man hat also darunter etwas ganz Anderes zu verstehen, als was man bei
uns zu Lande "höhere oder erste Bürgerschule" nennt, denn die preußischen
höhern Bürgerschulen sind vollständig nach den Vorschriften für die Real¬
schulen I. Ordnung eingerichtet und unterscheiden sich von diesen nur dadurch,
daß ihnen die Real-Prima fehlt, daß sie nur die Realklassen VI bis II um¬
fassen, gerade so, wie die Progymnasien nur die Gymnasialklassen VI bis
II haben.

Diesem reichgegliederten Organismus steht Sachsen mit seinen 9 Real¬
schulen I. Ordnung (2 Dresden, Leipzig, Annaberg, Chemnitz, Döbeln,
Plauen, Zittau, Zwickau), die übrigens gar nicht, wie die preußischen, eine
9jährige, sondern nur eine 7jährige Cursusdauer haben, und 1 Realschule
II. Ordnung (Reichenbach) ziemlich dürftig gegenüber.

Ziehen wir die preußische Provinz Sachsen mit 2,067,066 Ein¬
wohnern (also mit ca. 356,000 Cinw. weniger als das Königreich Sachsen)
zur Begleichung heran, so hat dieselbe: 25 Gymnasien (gegen 12 des
Königreichs Sachsen), 1 Progymnasium, 6 Realschulen I. Ordnung, eine der
II. Ordnung, 4 höhere Bürgerschulen. Noch schlagender wird der Gegensatz,
wenn man einzelne preußische Städte in's Auge faßt. So hat die Stadt
Berlin allein 10 Gymnasien (davon 3 seit 1861 neugegründet) mit
4845 Schülern, ein anerkanntes Progymnasium, 7 Realschulen
und 2 anerkannte höhere Bürgerschulen mit 3868 Schülern. --
Dagegen zählen die 12 sächsischen Gymnasien zusammen nur 2748
Schüler und die 10 Realschulen 3098 Schüler. -- Ja, die Gesammtzahl
der sächsischen Gymnasiasten wird fast von der einzigen Stadt Breslau er¬
reicht, deren 4 Gymnasien (ein 5. wird gegenwärtig begründet) von 2 408
Schülern besucht werden.


Nicht gerechnet sind hierbei die zahlreichen noch nicht anerkannten Progym¬
nasien, welche nur die unteren Klassen haben, wie solche auch Sachsen einige
in Verbindung mit Realschulen besitzt.

2) 76 Realschulen I. Ordnung, welche hinsichtlich der Klassenzahl
und Cursusdauer ganz nach dem Muster der Gymnasien organisirt sind.

3) 13 Realschulen II. Ordnung, bei welchen das Lateinische weg¬
fallen und der 9jährige Cursus der Realschulen I. Ordnung um 1 oder 2
Jahre verkürzt werden kann. Schon ihre geringe Zahl gegenüber den Real¬
schulen I. Ordnung (13 gegen 76) beweist, wie wenig Anklang die Realschu¬
len II, Ordnung in Preußen finden, und es herrscht daher dort das Bestre¬
ben, eine Anstalt, die zunächst als Realschule II. Ordnung auftritt, möglichst
bald zu einer solchen der I. Ordnung fortzubilden.

4) 70 höhere Bürgerschulen, welche von dem Cultusministerium
anerkannt und zur Ausstellung des Freiwilligenzeugnisses berechtigt sind.
Man hat also darunter etwas ganz Anderes zu verstehen, als was man bei
uns zu Lande „höhere oder erste Bürgerschule" nennt, denn die preußischen
höhern Bürgerschulen sind vollständig nach den Vorschriften für die Real¬
schulen I. Ordnung eingerichtet und unterscheiden sich von diesen nur dadurch,
daß ihnen die Real-Prima fehlt, daß sie nur die Realklassen VI bis II um¬
fassen, gerade so, wie die Progymnasien nur die Gymnasialklassen VI bis
II haben.

Diesem reichgegliederten Organismus steht Sachsen mit seinen 9 Real¬
schulen I. Ordnung (2 Dresden, Leipzig, Annaberg, Chemnitz, Döbeln,
Plauen, Zittau, Zwickau), die übrigens gar nicht, wie die preußischen, eine
9jährige, sondern nur eine 7jährige Cursusdauer haben, und 1 Realschule
II. Ordnung (Reichenbach) ziemlich dürftig gegenüber.

Ziehen wir die preußische Provinz Sachsen mit 2,067,066 Ein¬
wohnern (also mit ca. 356,000 Cinw. weniger als das Königreich Sachsen)
zur Begleichung heran, so hat dieselbe: 25 Gymnasien (gegen 12 des
Königreichs Sachsen), 1 Progymnasium, 6 Realschulen I. Ordnung, eine der
II. Ordnung, 4 höhere Bürgerschulen. Noch schlagender wird der Gegensatz,
wenn man einzelne preußische Städte in's Auge faßt. So hat die Stadt
Berlin allein 10 Gymnasien (davon 3 seit 1861 neugegründet) mit
4845 Schülern, ein anerkanntes Progymnasium, 7 Realschulen
und 2 anerkannte höhere Bürgerschulen mit 3868 Schülern. —
Dagegen zählen die 12 sächsischen Gymnasien zusammen nur 2748
Schüler und die 10 Realschulen 3098 Schüler. — Ja, die Gesammtzahl
der sächsischen Gymnasiasten wird fast von der einzigen Stadt Breslau er¬
reicht, deren 4 Gymnasien (ein 5. wird gegenwärtig begründet) von 2 408
Schülern besucht werden.


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[0091] Nicht gerechnet sind hierbei die zahlreichen noch nicht anerkannten Progym¬ nasien, welche nur die unteren Klassen haben, wie solche auch Sachsen einige in Verbindung mit Realschulen besitzt. 2) 76 Realschulen I. Ordnung, welche hinsichtlich der Klassenzahl und Cursusdauer ganz nach dem Muster der Gymnasien organisirt sind. 3) 13 Realschulen II. Ordnung, bei welchen das Lateinische weg¬ fallen und der 9jährige Cursus der Realschulen I. Ordnung um 1 oder 2 Jahre verkürzt werden kann. Schon ihre geringe Zahl gegenüber den Real¬ schulen I. Ordnung (13 gegen 76) beweist, wie wenig Anklang die Realschu¬ len II, Ordnung in Preußen finden, und es herrscht daher dort das Bestre¬ ben, eine Anstalt, die zunächst als Realschule II. Ordnung auftritt, möglichst bald zu einer solchen der I. Ordnung fortzubilden. 4) 70 höhere Bürgerschulen, welche von dem Cultusministerium anerkannt und zur Ausstellung des Freiwilligenzeugnisses berechtigt sind. Man hat also darunter etwas ganz Anderes zu verstehen, als was man bei uns zu Lande „höhere oder erste Bürgerschule" nennt, denn die preußischen höhern Bürgerschulen sind vollständig nach den Vorschriften für die Real¬ schulen I. Ordnung eingerichtet und unterscheiden sich von diesen nur dadurch, daß ihnen die Real-Prima fehlt, daß sie nur die Realklassen VI bis II um¬ fassen, gerade so, wie die Progymnasien nur die Gymnasialklassen VI bis II haben. Diesem reichgegliederten Organismus steht Sachsen mit seinen 9 Real¬ schulen I. Ordnung (2 Dresden, Leipzig, Annaberg, Chemnitz, Döbeln, Plauen, Zittau, Zwickau), die übrigens gar nicht, wie die preußischen, eine 9jährige, sondern nur eine 7jährige Cursusdauer haben, und 1 Realschule II. Ordnung (Reichenbach) ziemlich dürftig gegenüber. Ziehen wir die preußische Provinz Sachsen mit 2,067,066 Ein¬ wohnern (also mit ca. 356,000 Cinw. weniger als das Königreich Sachsen) zur Begleichung heran, so hat dieselbe: 25 Gymnasien (gegen 12 des Königreichs Sachsen), 1 Progymnasium, 6 Realschulen I. Ordnung, eine der II. Ordnung, 4 höhere Bürgerschulen. Noch schlagender wird der Gegensatz, wenn man einzelne preußische Städte in's Auge faßt. So hat die Stadt Berlin allein 10 Gymnasien (davon 3 seit 1861 neugegründet) mit 4845 Schülern, ein anerkanntes Progymnasium, 7 Realschulen und 2 anerkannte höhere Bürgerschulen mit 3868 Schülern. — Dagegen zählen die 12 sächsischen Gymnasien zusammen nur 2748 Schüler und die 10 Realschulen 3098 Schüler. — Ja, die Gesammtzahl der sächsischen Gymnasiasten wird fast von der einzigen Stadt Breslau er¬ reicht, deren 4 Gymnasien (ein 5. wird gegenwärtig begründet) von 2 408 Schülern besucht werden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/91>, abgerufen am 05.02.2025.