Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.schon so von Geld entblößt sei, daß sich fürder nichts mehr nachschicken lasse, Mit dem geborgten Gelde geht's nun lustig an den Hof des jungen schon so von Geld entblößt sei, daß sich fürder nichts mehr nachschicken lasse, Mit dem geborgten Gelde geht's nun lustig an den Hof des jungen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0077" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192377"/> <p xml:id="ID_274" prev="#ID_273"> schon so von Geld entblößt sei, daß sich fürder nichts mehr nachschicken lasse,<lb/> was I. Lbd. in Schimpf und Spott bringen könne. Zu borgen sei mißlich, da der<lb/> Wucher dermaßen eingerissen, daß man das Hundert nicht unter 8 — 12 Gul¬<lb/> den bekommen könne, auch Niemand ihnen bei ihrer Minderjährigkeit leihen<lb/> werde." — Aber noch ehe diese 2000 Kronen nebst den brüderlichen Ermah¬<lb/> nungen und Warnungen den Jünglingen zu Gesicht kommen, finden sie in<lb/> Frankreich einige gefällige Geldseelen, die sie gegen allerlei kleine Erkenntlich¬<lb/> keiten nie darben lassen. So schreibt Ernst Ludwig ganz unbefangen an sei¬<lb/> nen fri. l. H, Bruder nach Hause: „Wir geben Ew. Liebden hiermit zu<lb/> wissen, daß wir von Charles de Börne, Factor zu Paris, durch Ueberschrei¬<lb/> bung Kork Besenbosell 125>0 Kronen allhier empfangen, bitten demnach fri..<lb/> Ew. Lbd. wolle die Vorsehung thun, daß die Summe Peter Baumann zum<lb/> Sunde (Stralsund) wiederum möge erlegt werden', das sein wir freundlich zu<lb/> verdienen geneigt!" — Der freundliche liebe Herr Bruder scheint aber wenig<lb/> geneigt zu solchen Vorsehungen — in ziemlich kategorischen Briefen wenden<lb/> I. F. G. sich daher in Geldealamitäten wiederholt direct an die Wolgasti¬<lb/> schen Räthe: „Wir haben bei uns beschlossen, daß wir auf den zukünftigen<lb/> Frühling vermittelst göttlicher Verleihung uns allhier an der Königl. Majest.<lb/> Hof ein Jahr lang wollen begeben, also begehren wir nochmals an Euch<lb/> sämmtlich, Ihr wollet dahin bedacht sein, damit wir unsern fürstlichen Unter¬<lb/> halt an diesen Orten haben mögen und uns innerhalb 3 Monaten 2000<lb/> Kronen zu unserm jetzigen Unterhalt auf Lion oder Antorf übermachen; auch<lb/> mit dem ersten durch einen Einspänner, was wir zu unserm fürstlichen Unter¬<lb/> halte auf ein Jahr haben mögen, überantworten und die Dinge nicht lange<lb/> aufhalten. Sind Euch sämmtlich und sonderlich Gnade und gnädige Beför¬<lb/> derung zu erzeigen geneigt. Datum Augiers, den 20. Nov. ultro 1L06." ...<lb/> Und nach kaum acht Wochen gehn I. F. G. den „ehrbaren lieben Getreuen"<lb/> schon wieder scharf zu Leibe, fordern die Zahlung von 1000 Gulden an einen<lb/> Pariser Kaufmann, der ihnen diese Summe, da sie des Geldes hart entblößt,<lb/> freundlich geborgt — „doch wollet Ihr die Dinge nicht so aufziehn, wie es<lb/> uns oft nunmalen wiederfahren! Nicht wenig mißfällt und beschwerlich ist<lb/> uns auch, daß Ihr den Konrad Besenbosell noch nicht befriediget habt, wel¬<lb/> cher sich derohalben bei uns beschweret. Gehirnen demnach nochmalen an Euch<lb/> sämmtlich, Ihr wollet die Kaufleute bei Zeiten bezahlen und die Sachen<lb/> nicht also hintenan setzen, sonsten würde erfolgen, daß die Kaufleute sehr ver¬<lb/> drossen und unwillig sein würden!"</p><lb/> <p xml:id="ID_275" next="#ID_276"> Mit dem geborgten Gelde geht's nun lustig an den Hof des jungen<lb/> sechzehnjähriger Karl IX. und seiner herrschsüchtigen Mutter Katharina von<lb/> Medicis, von denen die Reverenz der pommerschen Fürstensöhne sehr gnädig<lb/> aufgenommen wird. In dies flotte Hofleben zu Paris und Fontainebleau</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0077]
schon so von Geld entblößt sei, daß sich fürder nichts mehr nachschicken lasse,
was I. Lbd. in Schimpf und Spott bringen könne. Zu borgen sei mißlich, da der
Wucher dermaßen eingerissen, daß man das Hundert nicht unter 8 — 12 Gul¬
den bekommen könne, auch Niemand ihnen bei ihrer Minderjährigkeit leihen
werde." — Aber noch ehe diese 2000 Kronen nebst den brüderlichen Ermah¬
nungen und Warnungen den Jünglingen zu Gesicht kommen, finden sie in
Frankreich einige gefällige Geldseelen, die sie gegen allerlei kleine Erkenntlich¬
keiten nie darben lassen. So schreibt Ernst Ludwig ganz unbefangen an sei¬
nen fri. l. H, Bruder nach Hause: „Wir geben Ew. Liebden hiermit zu
wissen, daß wir von Charles de Börne, Factor zu Paris, durch Ueberschrei¬
bung Kork Besenbosell 125>0 Kronen allhier empfangen, bitten demnach fri..
Ew. Lbd. wolle die Vorsehung thun, daß die Summe Peter Baumann zum
Sunde (Stralsund) wiederum möge erlegt werden', das sein wir freundlich zu
verdienen geneigt!" — Der freundliche liebe Herr Bruder scheint aber wenig
geneigt zu solchen Vorsehungen — in ziemlich kategorischen Briefen wenden
I. F. G. sich daher in Geldealamitäten wiederholt direct an die Wolgasti¬
schen Räthe: „Wir haben bei uns beschlossen, daß wir auf den zukünftigen
Frühling vermittelst göttlicher Verleihung uns allhier an der Königl. Majest.
Hof ein Jahr lang wollen begeben, also begehren wir nochmals an Euch
sämmtlich, Ihr wollet dahin bedacht sein, damit wir unsern fürstlichen Unter¬
halt an diesen Orten haben mögen und uns innerhalb 3 Monaten 2000
Kronen zu unserm jetzigen Unterhalt auf Lion oder Antorf übermachen; auch
mit dem ersten durch einen Einspänner, was wir zu unserm fürstlichen Unter¬
halte auf ein Jahr haben mögen, überantworten und die Dinge nicht lange
aufhalten. Sind Euch sämmtlich und sonderlich Gnade und gnädige Beför¬
derung zu erzeigen geneigt. Datum Augiers, den 20. Nov. ultro 1L06." ...
Und nach kaum acht Wochen gehn I. F. G. den „ehrbaren lieben Getreuen"
schon wieder scharf zu Leibe, fordern die Zahlung von 1000 Gulden an einen
Pariser Kaufmann, der ihnen diese Summe, da sie des Geldes hart entblößt,
freundlich geborgt — „doch wollet Ihr die Dinge nicht so aufziehn, wie es
uns oft nunmalen wiederfahren! Nicht wenig mißfällt und beschwerlich ist
uns auch, daß Ihr den Konrad Besenbosell noch nicht befriediget habt, wel¬
cher sich derohalben bei uns beschweret. Gehirnen demnach nochmalen an Euch
sämmtlich, Ihr wollet die Kaufleute bei Zeiten bezahlen und die Sachen
nicht also hintenan setzen, sonsten würde erfolgen, daß die Kaufleute sehr ver¬
drossen und unwillig sein würden!"
Mit dem geborgten Gelde geht's nun lustig an den Hof des jungen
sechzehnjähriger Karl IX. und seiner herrschsüchtigen Mutter Katharina von
Medicis, von denen die Reverenz der pommerschen Fürstensöhne sehr gnädig
aufgenommen wird. In dies flotte Hofleben zu Paris und Fontainebleau
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