Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.Heimat spricht vom besten Wohlbefinden und -- schlechtesten Kassenbestcmde. Heimat spricht vom besten Wohlbefinden und — schlechtesten Kassenbestcmde. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0071" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192371"/> <p xml:id="ID_258" prev="#ID_257" next="#ID_259"> Heimat spricht vom besten Wohlbefinden und — schlechtesten Kassenbestcmde.<lb/> Bald lautet ihr Geldnothschrei: „Ich bitte Ew. Liebden zum neuen Jahre<lb/> recht sehr um 100 Thaler, denn allhier ist das Geld sehr lieb, insonderheit<lb/> dem, der nit viel hat!" — oder: „Ich bitte Ew. Liebden um die versproche¬<lb/> nen 40 Thaler, da ich in Wahrheit des Geldes sehr benöthigt bin!" Bald<lb/> klagt der junge Barnim, daß er Bücherschulden habe, die der Hofmeister nicht<lb/> für ihn bezahlen wolle und bittet um 30 Thaler: „ich bin allhier also gar<lb/> vergessen, daß man mich nicht durch einen löchrigen Zaun ansieht" dann wie¬<lb/> der um 60 Thaler, „da ich schon 40 Thaler schuldig bin." „Die vorigen<lb/> 30 Thaler, die ich bekam, war ich bereits schuldig! Das will ich wiederum<lb/> um E. Lbd. mit Leib, Haut und Haar verdienen!" Ernst Ludwig schreibt:<lb/> „Ich kann Ew. Liebden nicht bergen, daß mir Geld von Nöthen ist, damit<lb/> ich meine Schulden, so ich gemacht, möge ablegen. Bitte, Ew. Liebden wol¬<lb/> len mir bei dem Hofmeister gewißlich 60 Thaler übermachen!" Dann bittet Bar¬<lb/> nim wieder um..die Mittel, ein ihm dedicirtes Gedicht würdig belohnen zu<lb/> können, denn: „äeäeeus est, 8oinnM suirnzi-e nilnllzue ä^re — es ist schimpf¬<lb/> lich, immer anzunehmen und nichts geben! Nur sehr selten erhalten die bei¬<lb/> den Studenten eine klingende Antwort auf ihre echten — Studenten-Briefe.—<lb/> Neben der Geldnoth zieht sich durch fast alle Briefe die Bitte um ein Paar<lb/> neue und bessere „Klopfer", denn die beiden kleinen Pferdchen, die sie von<lb/> Hause erhalten haben, reichen für den großen schweren pommerschen Wagen —<lb/> die einzige Equipage I. F. G. — auf den entsetzlichen Wittenberger Wegen<lb/> in keiner Weise aus. Da die bessern Klopfer immer noch nicht anlangen,<lb/> bittet Barnim S. Liebden schließlich demüthig, ihm wenigstens für eine Reise<lb/> zu Fürst Wulf einen guten Klepper mit Zubehör zu leihen--vielleicht<lb/> denkt der kecke Student bei sich: „Ew. Liebden, wenn ich den biedern Klopfer<lb/> nur erst hier habe — mit dem Zurückschicken soll's solche große Eile nit ha¬<lb/> ben!" Zugleich bittet er Bruder Johann Friedrich, ihm einen guten Pferde¬<lb/> jungen anzuschicken, mit dem er sich über den Lohn schon einigen werde:<lb/> „denn hier in Wittenberg sind solche Jungen schlimme Bösewichter und wol¬<lb/> len nichts Gutes thun!"---- Ich bitte auch ganz freundlich, E. Lbd. wolle<lb/> mich doch ein Paar guter Büchsen mit der ersten Botschaft überschicken. Ich<lb/> will mich auch das wiederum verpflichten, daß ich, dieweil hier ein Messer¬<lb/> schmidt ist, so neulich von Dresden gekommen, der gar gute Dolche macht,<lb/> und fein reinlich ausarbeitet, wie das Rapier ist, so E. Lbd. mich in meinem<lb/> Abzüge schenkte, E. Lbd. will einen hübschen Dolch bestellen, der gar reinlich<lb/> gemacht ist, und hiermit Gott dem Allmächtigen in seinen reichen Schutz und<lb/> Schirm befohlen haben; der bewahre E. Lbd. lange gesund! — Im nächsten<lb/> Briefe bedankt Barnim sich für die erhaltene — Zusage des Kleppers und<lb/> der Büchsen, doch unterläßt er nicht, klüglich hinzuzufügen: „E. Lbd. wollen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0071]
Heimat spricht vom besten Wohlbefinden und — schlechtesten Kassenbestcmde.
Bald lautet ihr Geldnothschrei: „Ich bitte Ew. Liebden zum neuen Jahre
recht sehr um 100 Thaler, denn allhier ist das Geld sehr lieb, insonderheit
dem, der nit viel hat!" — oder: „Ich bitte Ew. Liebden um die versproche¬
nen 40 Thaler, da ich in Wahrheit des Geldes sehr benöthigt bin!" Bald
klagt der junge Barnim, daß er Bücherschulden habe, die der Hofmeister nicht
für ihn bezahlen wolle und bittet um 30 Thaler: „ich bin allhier also gar
vergessen, daß man mich nicht durch einen löchrigen Zaun ansieht" dann wie¬
der um 60 Thaler, „da ich schon 40 Thaler schuldig bin." „Die vorigen
30 Thaler, die ich bekam, war ich bereits schuldig! Das will ich wiederum
um E. Lbd. mit Leib, Haut und Haar verdienen!" Ernst Ludwig schreibt:
„Ich kann Ew. Liebden nicht bergen, daß mir Geld von Nöthen ist, damit
ich meine Schulden, so ich gemacht, möge ablegen. Bitte, Ew. Liebden wol¬
len mir bei dem Hofmeister gewißlich 60 Thaler übermachen!" Dann bittet Bar¬
nim wieder um..die Mittel, ein ihm dedicirtes Gedicht würdig belohnen zu
können, denn: „äeäeeus est, 8oinnM suirnzi-e nilnllzue ä^re — es ist schimpf¬
lich, immer anzunehmen und nichts geben! Nur sehr selten erhalten die bei¬
den Studenten eine klingende Antwort auf ihre echten — Studenten-Briefe.—
Neben der Geldnoth zieht sich durch fast alle Briefe die Bitte um ein Paar
neue und bessere „Klopfer", denn die beiden kleinen Pferdchen, die sie von
Hause erhalten haben, reichen für den großen schweren pommerschen Wagen —
die einzige Equipage I. F. G. — auf den entsetzlichen Wittenberger Wegen
in keiner Weise aus. Da die bessern Klopfer immer noch nicht anlangen,
bittet Barnim S. Liebden schließlich demüthig, ihm wenigstens für eine Reise
zu Fürst Wulf einen guten Klepper mit Zubehör zu leihen--vielleicht
denkt der kecke Student bei sich: „Ew. Liebden, wenn ich den biedern Klopfer
nur erst hier habe — mit dem Zurückschicken soll's solche große Eile nit ha¬
ben!" Zugleich bittet er Bruder Johann Friedrich, ihm einen guten Pferde¬
jungen anzuschicken, mit dem er sich über den Lohn schon einigen werde:
„denn hier in Wittenberg sind solche Jungen schlimme Bösewichter und wol¬
len nichts Gutes thun!"---- Ich bitte auch ganz freundlich, E. Lbd. wolle
mich doch ein Paar guter Büchsen mit der ersten Botschaft überschicken. Ich
will mich auch das wiederum verpflichten, daß ich, dieweil hier ein Messer¬
schmidt ist, so neulich von Dresden gekommen, der gar gute Dolche macht,
und fein reinlich ausarbeitet, wie das Rapier ist, so E. Lbd. mich in meinem
Abzüge schenkte, E. Lbd. will einen hübschen Dolch bestellen, der gar reinlich
gemacht ist, und hiermit Gott dem Allmächtigen in seinen reichen Schutz und
Schirm befohlen haben; der bewahre E. Lbd. lange gesund! — Im nächsten
Briefe bedankt Barnim sich für die erhaltene — Zusage des Kleppers und
der Büchsen, doch unterläßt er nicht, klüglich hinzuzufügen: „E. Lbd. wollen
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