Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.tige Prüfung wird dem Finanzminister das Zeugniß verweigern, daß er dies¬ Die bedenklichste Bestimmung des Gesetzentwurfes ist diejenige, welche den Wir glauben, daß die Frage der Communalbesteuerung nur principiell In der Sitzung vom 13. December regte bei dem Capitel des Staats¬ tige Prüfung wird dem Finanzminister das Zeugniß verweigern, daß er dies¬ Die bedenklichste Bestimmung des Gesetzentwurfes ist diejenige, welche den Wir glauben, daß die Frage der Communalbesteuerung nur principiell In der Sitzung vom 13. December regte bei dem Capitel des Staats¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0482" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192783"/> <p xml:id="ID_1749" prev="#ID_1748"> tige Prüfung wird dem Finanzminister das Zeugniß verweigern, daß er dies¬<lb/> mal das Nöthigste zuerst gethan hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1750"> Die bedenklichste Bestimmung des Gesetzentwurfes ist diejenige, welche den<lb/> Städten, in denen bisher die Mahl- und Schlachtsteuer eingeführt war. die<lb/> Einführung einer Schlachtsteuer zu Communalzwecken gestatten will. Alle<lb/> Redner, welche den Gesetzentwurf vorläufig in Betracht zogen, haben diese<lb/> Bestimmung getadelt. Auch wir schließen uns der Verwerfung derselben an,<lb/> und hoffen, daß das Abgeordnetenhaus die Bestimmung aus dem Gesetz<lb/> bringen wird. Dann entsteht aber die Frage, wie die Gemeinden das für<lb/> ihre Bedürfnisse entgehende Drittheil des Rohertrages der Mahlsteuer er¬<lb/> setzen sollen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1751"> Wir glauben, daß die Frage der Communalbesteuerung nur principiell<lb/> und im großen Styl zu lösen ist. Der Staat muß sich entschließen, die<lb/> Grund- und Gcbäudesteuer den Gemeinden in ihrer dreifachen Abstufung,<lb/> nämlich den Orts-, Kreis- und Provinzialgemeinden, gänzlich zu überlassen,<lb/> gleichzeitig aber den Gemeinden jede andere Art der Besteuerung zu unter¬<lb/> sagen. Wir müssen dahin kommen, daß die drei großen Kreise unseres poli¬<lb/> tischen Gesammtorganismus jeder sein eigenes Steuergebiet erlangen. Die<lb/> rechte Steuer für die Gemeinde, mit anderen Worten, die rechte Localsteuer<lb/> ist die Grundsteuer; die rechte Steuer für den Einzelstaat und für seine noch<lb/> inneren Bedürfnisse ist die rationell eingerichtete Einkommensteuer; die rechte<lb/> Steuer für das Reich sind die indirecten Steuern. Auf die Begründung<lb/> dieser Theilung, die jetzt zu geben kein Anlaß vorliegt, werden wir einzugehen<lb/> noch manche Gelegenheit finden. Was die Eroberung der Grundsteuer für<lb/> die Gemeinden anlangt, so rechnen wir auf die freiconservative und natio¬<lb/> nalliberale Partei des preußischen Abgeordnetenhauses, daß sie diesen wahrhaft<lb/> staatserhaltenden und politisch fruchtbaren Gedanken sich zu eigen machen und<lb/> für ihn mit Erfolg eintreten wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_1752" next="#ID_1753"> In der Sitzung vom 13. December regte bei dem Capitel des Staats¬<lb/> haushaltes von der unverzinslichen Schuld der Abgeordnete Richter die Ein¬<lb/> ziehung des Papiergeldes an. Zu nicht geringer Ueberraschung erklärte der<lb/> Finanzminister, daß diese Frage nur für das ganze Reich gelöst werden könne.<lb/> Wie viel diese Ansicht für sich haben mag, so hatte doch der Finanzminister<lb/> im Reichstag erklärt, die Schwierigkeiten der Einziehung des Papiergeldes<lb/> von Reichs wegen seien nahezu unüberwindlich. Man mußte deshalb auf die<lb/> Vermuthung kommen, der ich auch in den Neichstagsbriefen Ausdruck gegeben,<lb/> Preußen werde mit der Einziehung seines Papiergeldes allein vorgehen, und<lb/> dadurch der Circulation von Staatspapiergeld in Deutschland den Boden ent¬<lb/> ziehen. Nach der diesmaligen Aeußerung des Finanzministers scheint man<lb/> in den maßgebenden Regionen über den besten Weg noch zu schwanken, Hoffen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0482]
tige Prüfung wird dem Finanzminister das Zeugniß verweigern, daß er dies¬
mal das Nöthigste zuerst gethan hat.
Die bedenklichste Bestimmung des Gesetzentwurfes ist diejenige, welche den
Städten, in denen bisher die Mahl- und Schlachtsteuer eingeführt war. die
Einführung einer Schlachtsteuer zu Communalzwecken gestatten will. Alle
Redner, welche den Gesetzentwurf vorläufig in Betracht zogen, haben diese
Bestimmung getadelt. Auch wir schließen uns der Verwerfung derselben an,
und hoffen, daß das Abgeordnetenhaus die Bestimmung aus dem Gesetz
bringen wird. Dann entsteht aber die Frage, wie die Gemeinden das für
ihre Bedürfnisse entgehende Drittheil des Rohertrages der Mahlsteuer er¬
setzen sollen.
Wir glauben, daß die Frage der Communalbesteuerung nur principiell
und im großen Styl zu lösen ist. Der Staat muß sich entschließen, die
Grund- und Gcbäudesteuer den Gemeinden in ihrer dreifachen Abstufung,
nämlich den Orts-, Kreis- und Provinzialgemeinden, gänzlich zu überlassen,
gleichzeitig aber den Gemeinden jede andere Art der Besteuerung zu unter¬
sagen. Wir müssen dahin kommen, daß die drei großen Kreise unseres poli¬
tischen Gesammtorganismus jeder sein eigenes Steuergebiet erlangen. Die
rechte Steuer für die Gemeinde, mit anderen Worten, die rechte Localsteuer
ist die Grundsteuer; die rechte Steuer für den Einzelstaat und für seine noch
inneren Bedürfnisse ist die rationell eingerichtete Einkommensteuer; die rechte
Steuer für das Reich sind die indirecten Steuern. Auf die Begründung
dieser Theilung, die jetzt zu geben kein Anlaß vorliegt, werden wir einzugehen
noch manche Gelegenheit finden. Was die Eroberung der Grundsteuer für
die Gemeinden anlangt, so rechnen wir auf die freiconservative und natio¬
nalliberale Partei des preußischen Abgeordnetenhauses, daß sie diesen wahrhaft
staatserhaltenden und politisch fruchtbaren Gedanken sich zu eigen machen und
für ihn mit Erfolg eintreten wird.
In der Sitzung vom 13. December regte bei dem Capitel des Staats¬
haushaltes von der unverzinslichen Schuld der Abgeordnete Richter die Ein¬
ziehung des Papiergeldes an. Zu nicht geringer Ueberraschung erklärte der
Finanzminister, daß diese Frage nur für das ganze Reich gelöst werden könne.
Wie viel diese Ansicht für sich haben mag, so hatte doch der Finanzminister
im Reichstag erklärt, die Schwierigkeiten der Einziehung des Papiergeldes
von Reichs wegen seien nahezu unüberwindlich. Man mußte deshalb auf die
Vermuthung kommen, der ich auch in den Neichstagsbriefen Ausdruck gegeben,
Preußen werde mit der Einziehung seines Papiergeldes allein vorgehen, und
dadurch der Circulation von Staatspapiergeld in Deutschland den Boden ent¬
ziehen. Nach der diesmaligen Aeußerung des Finanzministers scheint man
in den maßgebenden Regionen über den besten Weg noch zu schwanken, Hoffen
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