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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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Möglich war diese Entlastung nur deshalb, weil inzwischen in den Jahren
1859 bis 1870 die große kritische Ausgabe der Werke Huttens, die wir Eduard
Böcking verdanken, vollendet worden ist. Das in der That ist ein Hülfs¬
mittel, eine Unterlage, wie sie wohl selten einem Historiker bei seiner Arbeit
zu Theil wird: das gesammte Material, kritisch untersucht und kritisch zu¬
gerichtet, ist dort aufgeschichtet; man braucht nur zuzulangen, um der schönsten
greifbarsten Früchte sich zu bemächtigen. Diese zweite Auflage ruht ganz
auf den Schultern Böckings; und gerade durch dies Verhältniß erschließt sich
uns das rechte Verständniß für die Dankbarkeit, zu welcher Strauß schon bei
der ersten Auflage gegen Böcking sich verpflichtet bekannt hatte. "Seinen
ganzen reichen Huttensapparat, bestehend neben manchem bisher ungedruckten
oder verschollenen Stücke in Exemplaren oder Facsimile's sämmtlicher ersten
und einer beinahe lückenlosen Reihe der späteren Ausgaben von Hutten's
Schriften, einer Sammlung der Werke derjenigen seiner Zeitgenossen, die in
irgend einem Bezüge zu ihm standen, wie aller erheblichen Schriften oder
Aufsätze über Hütten, -- dies, und was nicht weniger ist, den Schatz seines
Wissens, die Ergebnisse seiner Forschungen über Hütten und seine Zeit, hat
mir Böcking mit einer Neidlosigkeir. einer Liberalität zur Verfügung geht.lit,
für welche ich meinen Dank selbst als ungenügend empfinde." Es ist der
richtige Ausdruck dieses Verhältnisses, daß jetzt Strauß an die Stelle seiner
früheren Anmerkungen einfache Hinweise auf Böcking's Ausgabe gesetzt hat.
Ja, er ist darin ein Stück weitergegangen, als gerade nöthig gewesen wäre;
auch alle Citate aus der früheren Literatur sind jetzt gestrichen, und die Citate
aus anderen Sammlungen, z. B. ans der Briefsammlung Luthers oder aus
dem Oorpus Ilelvrnmtorum, sind hier in solche uns Böcking ungeschrieben
worden. Das ist ja das Eigenthümliche jener Böcking'schen Arbeit: alles in
der zeitgenössischen Literatur und Correspondenz, was in irgend einer Beziehung
zu Hütten steht, ist von ihm zusammengestellt und abgedruckt worden : so war
es Strauß möglich, überall auf diesen seinen Wegweiser sich zu beziehen. Wie
gesagt, äußerlich ist jetzt erst das Verhältniß von Strauß und Böcking zu
dem richtigen und bezeichnenden Ausdruck gebracht.

Die erste Auflage war durch eine Vorrede eingeleitet worden, die zu den
charakteristischsten Producten aus Strauß' Feder gehört: sie hatte ganz beson¬
ders damals 18S7 eingeschlagen und, wir reden aus eigener persönlicher Er¬
innerung, uns mit ihren kräftigen und starken Tönen im Innersten ergriffen.
Diese Vorrede hat Strauß jetzt weggelassen, und, dem Wechsel der Zeiten
folgend, dafür eine andere Anrede an seine Leser gebracht, die freilich in kei¬
ner Weise auch nur entfernt sich mit der früheren zusammenhalten läßt. Auch
das ist nur natürlich. In unserer Gegenwart gilt es vor allen anderen
Dingen aufzubauen, Positives zu schassen: in unserer Gegenwart kann Hütten


Möglich war diese Entlastung nur deshalb, weil inzwischen in den Jahren
1859 bis 1870 die große kritische Ausgabe der Werke Huttens, die wir Eduard
Böcking verdanken, vollendet worden ist. Das in der That ist ein Hülfs¬
mittel, eine Unterlage, wie sie wohl selten einem Historiker bei seiner Arbeit
zu Theil wird: das gesammte Material, kritisch untersucht und kritisch zu¬
gerichtet, ist dort aufgeschichtet; man braucht nur zuzulangen, um der schönsten
greifbarsten Früchte sich zu bemächtigen. Diese zweite Auflage ruht ganz
auf den Schultern Böckings; und gerade durch dies Verhältniß erschließt sich
uns das rechte Verständniß für die Dankbarkeit, zu welcher Strauß schon bei
der ersten Auflage gegen Böcking sich verpflichtet bekannt hatte. „Seinen
ganzen reichen Huttensapparat, bestehend neben manchem bisher ungedruckten
oder verschollenen Stücke in Exemplaren oder Facsimile's sämmtlicher ersten
und einer beinahe lückenlosen Reihe der späteren Ausgaben von Hutten's
Schriften, einer Sammlung der Werke derjenigen seiner Zeitgenossen, die in
irgend einem Bezüge zu ihm standen, wie aller erheblichen Schriften oder
Aufsätze über Hütten, — dies, und was nicht weniger ist, den Schatz seines
Wissens, die Ergebnisse seiner Forschungen über Hütten und seine Zeit, hat
mir Böcking mit einer Neidlosigkeir. einer Liberalität zur Verfügung geht.lit,
für welche ich meinen Dank selbst als ungenügend empfinde." Es ist der
richtige Ausdruck dieses Verhältnisses, daß jetzt Strauß an die Stelle seiner
früheren Anmerkungen einfache Hinweise auf Böcking's Ausgabe gesetzt hat.
Ja, er ist darin ein Stück weitergegangen, als gerade nöthig gewesen wäre;
auch alle Citate aus der früheren Literatur sind jetzt gestrichen, und die Citate
aus anderen Sammlungen, z. B. ans der Briefsammlung Luthers oder aus
dem Oorpus Ilelvrnmtorum, sind hier in solche uns Böcking ungeschrieben
worden. Das ist ja das Eigenthümliche jener Böcking'schen Arbeit: alles in
der zeitgenössischen Literatur und Correspondenz, was in irgend einer Beziehung
zu Hütten steht, ist von ihm zusammengestellt und abgedruckt worden : so war
es Strauß möglich, überall auf diesen seinen Wegweiser sich zu beziehen. Wie
gesagt, äußerlich ist jetzt erst das Verhältniß von Strauß und Böcking zu
dem richtigen und bezeichnenden Ausdruck gebracht.

Die erste Auflage war durch eine Vorrede eingeleitet worden, die zu den
charakteristischsten Producten aus Strauß' Feder gehört: sie hatte ganz beson¬
ders damals 18S7 eingeschlagen und, wir reden aus eigener persönlicher Er¬
innerung, uns mit ihren kräftigen und starken Tönen im Innersten ergriffen.
Diese Vorrede hat Strauß jetzt weggelassen, und, dem Wechsel der Zeiten
folgend, dafür eine andere Anrede an seine Leser gebracht, die freilich in kei¬
ner Weise auch nur entfernt sich mit der früheren zusammenhalten läßt. Auch
das ist nur natürlich. In unserer Gegenwart gilt es vor allen anderen
Dingen aufzubauen, Positives zu schassen: in unserer Gegenwart kann Hütten


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/455>, abgerufen am 05.02.2025.