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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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Wesens machten rationelleren, dem Interesse des Weltverkehrs ent¬
sprechenderen Festsetzungen Platz; man erkannte endlich, daß nur auf
diesem Wege die Erfüllung der universellen Mission zu erreichen war,
welche dem Postwesen im Culturleben vorbehalten ist. Die einzelnen Staaten
und Verwaltungen traten einander näher, indem sie gewisse Principien und
Grundregeln vereinbarten, auf deren Basis eine gesunde Berkehrsentwickelung
der Völker unter einander durch den erleichterten Austausch der Briefe herge¬
stellt werden sollte. Das Verdienst, zuerst in kosmopolitischen Sinne diesen
Bestrebungen bestimmtere Form gegeben zu haben, gebührt der auf Antrieb
des General-Postmeisters der Vereinigten Staaten von Amerika Mr. Blair,
im Jahre 1863 zu Paris zusammengetretenen internationalen Post-Conferenz.
Bei den desfallsigen Verhandlungen wurden für gewisse praktische Fragen,
deren Erörterung für die Regelung des internationalen Postverkehrs von be¬
stimmenden Einfluß ist, Normen aufgestellt, welche von allen civilisirten
Völkern befolgt werden, also zur Herstellung einer gewissen Gleichmäßigkeit
in dem Gefüge des internationalen Verkehrslebens dienen sollten. Nament¬
lich wurde ein EinVerständniß über allgemeine Grundsätze der Postgesetzgebung
(Feststellung der Kategorien von Transportobjecten), über gemeinsame Ein¬
richtungen des technischen Dienstes, über die Garantie-Verhältnisse, über
den internationalen Posttransit, sowie über Normirung von Gewichtsstufen,
Tarskalen u, f. w. erzielt. So werthvoll diese Ergebnisse auch waren, immerhin
behielten sie doch nur den Charakter theoretischer Erörterungen, deren
Uebertragung auf das praktische Gebiet, in das volle Leven selbst, erst die
schwerere, aber um so wichtigere Aufgabe blieb. Namentlich war die Con-
ferenz weit entfernt von der Aufstellung eines gemeinsamen Einheitsportos
für den Bereich der vornehmsten Culturvölker, also von der Vereinbarung
eines großen, die civilisirte Welt umspannenden PostVertrages, eines Welt-
Po hev er eins mit einem für alle Glieder desselben giltigen, möglichst niedrig
zu bemessenden Weltporto. "

Inzwischen zeigten die von der Post-Conserenz festgestellten Normen sich
von so befruchtendem Einflüsse, daß die internationalen Postbeziehungen sehr
bald eine völlig veränderte Gestalt annahmen. Insbesondere entfaltete die
preußische, von 1868 ab zugleich norddeutsche Postverwaltung auf diesem Ge¬
biete eine überaus segensreiche Thätigkeit, und schloß eine Reihe internatio¬
naler PostVerträge ab, welche die Principien der Post-Conferenz nicht blos in
vollem Maße praktisch verwerthet, sondern auch bereits den Grundstein zu
Mem größeren Organismus einer Weltpost gelegt haben, der vielleicht dereinst
die Nationen zu innigerer Gemeinschaft als je zuvor einen wird.

Es kann nicht Zweck dieser Betrachtungen sein, die Bestimmungen eines


Grenzboten II. 1871. 125

Wesens machten rationelleren, dem Interesse des Weltverkehrs ent¬
sprechenderen Festsetzungen Platz; man erkannte endlich, daß nur auf
diesem Wege die Erfüllung der universellen Mission zu erreichen war,
welche dem Postwesen im Culturleben vorbehalten ist. Die einzelnen Staaten
und Verwaltungen traten einander näher, indem sie gewisse Principien und
Grundregeln vereinbarten, auf deren Basis eine gesunde Berkehrsentwickelung
der Völker unter einander durch den erleichterten Austausch der Briefe herge¬
stellt werden sollte. Das Verdienst, zuerst in kosmopolitischen Sinne diesen
Bestrebungen bestimmtere Form gegeben zu haben, gebührt der auf Antrieb
des General-Postmeisters der Vereinigten Staaten von Amerika Mr. Blair,
im Jahre 1863 zu Paris zusammengetretenen internationalen Post-Conferenz.
Bei den desfallsigen Verhandlungen wurden für gewisse praktische Fragen,
deren Erörterung für die Regelung des internationalen Postverkehrs von be¬
stimmenden Einfluß ist, Normen aufgestellt, welche von allen civilisirten
Völkern befolgt werden, also zur Herstellung einer gewissen Gleichmäßigkeit
in dem Gefüge des internationalen Verkehrslebens dienen sollten. Nament¬
lich wurde ein EinVerständniß über allgemeine Grundsätze der Postgesetzgebung
(Feststellung der Kategorien von Transportobjecten), über gemeinsame Ein¬
richtungen des technischen Dienstes, über die Garantie-Verhältnisse, über
den internationalen Posttransit, sowie über Normirung von Gewichtsstufen,
Tarskalen u, f. w. erzielt. So werthvoll diese Ergebnisse auch waren, immerhin
behielten sie doch nur den Charakter theoretischer Erörterungen, deren
Uebertragung auf das praktische Gebiet, in das volle Leven selbst, erst die
schwerere, aber um so wichtigere Aufgabe blieb. Namentlich war die Con-
ferenz weit entfernt von der Aufstellung eines gemeinsamen Einheitsportos
für den Bereich der vornehmsten Culturvölker, also von der Vereinbarung
eines großen, die civilisirte Welt umspannenden PostVertrages, eines Welt-
Po hev er eins mit einem für alle Glieder desselben giltigen, möglichst niedrig
zu bemessenden Weltporto. »

Inzwischen zeigten die von der Post-Conserenz festgestellten Normen sich
von so befruchtendem Einflüsse, daß die internationalen Postbeziehungen sehr
bald eine völlig veränderte Gestalt annahmen. Insbesondere entfaltete die
preußische, von 1868 ab zugleich norddeutsche Postverwaltung auf diesem Ge¬
biete eine überaus segensreiche Thätigkeit, und schloß eine Reihe internatio¬
naler PostVerträge ab, welche die Principien der Post-Conferenz nicht blos in
vollem Maße praktisch verwerthet, sondern auch bereits den Grundstein zu
Mem größeren Organismus einer Weltpost gelegt haben, der vielleicht dereinst
die Nationen zu innigerer Gemeinschaft als je zuvor einen wird.

Es kann nicht Zweck dieser Betrachtungen sein, die Bestimmungen eines


Grenzboten II. 1871. 125
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[0445] Wesens machten rationelleren, dem Interesse des Weltverkehrs ent¬ sprechenderen Festsetzungen Platz; man erkannte endlich, daß nur auf diesem Wege die Erfüllung der universellen Mission zu erreichen war, welche dem Postwesen im Culturleben vorbehalten ist. Die einzelnen Staaten und Verwaltungen traten einander näher, indem sie gewisse Principien und Grundregeln vereinbarten, auf deren Basis eine gesunde Berkehrsentwickelung der Völker unter einander durch den erleichterten Austausch der Briefe herge¬ stellt werden sollte. Das Verdienst, zuerst in kosmopolitischen Sinne diesen Bestrebungen bestimmtere Form gegeben zu haben, gebührt der auf Antrieb des General-Postmeisters der Vereinigten Staaten von Amerika Mr. Blair, im Jahre 1863 zu Paris zusammengetretenen internationalen Post-Conferenz. Bei den desfallsigen Verhandlungen wurden für gewisse praktische Fragen, deren Erörterung für die Regelung des internationalen Postverkehrs von be¬ stimmenden Einfluß ist, Normen aufgestellt, welche von allen civilisirten Völkern befolgt werden, also zur Herstellung einer gewissen Gleichmäßigkeit in dem Gefüge des internationalen Verkehrslebens dienen sollten. Nament¬ lich wurde ein EinVerständniß über allgemeine Grundsätze der Postgesetzgebung (Feststellung der Kategorien von Transportobjecten), über gemeinsame Ein¬ richtungen des technischen Dienstes, über die Garantie-Verhältnisse, über den internationalen Posttransit, sowie über Normirung von Gewichtsstufen, Tarskalen u, f. w. erzielt. So werthvoll diese Ergebnisse auch waren, immerhin behielten sie doch nur den Charakter theoretischer Erörterungen, deren Uebertragung auf das praktische Gebiet, in das volle Leven selbst, erst die schwerere, aber um so wichtigere Aufgabe blieb. Namentlich war die Con- ferenz weit entfernt von der Aufstellung eines gemeinsamen Einheitsportos für den Bereich der vornehmsten Culturvölker, also von der Vereinbarung eines großen, die civilisirte Welt umspannenden PostVertrages, eines Welt- Po hev er eins mit einem für alle Glieder desselben giltigen, möglichst niedrig zu bemessenden Weltporto. » Inzwischen zeigten die von der Post-Conserenz festgestellten Normen sich von so befruchtendem Einflüsse, daß die internationalen Postbeziehungen sehr bald eine völlig veränderte Gestalt annahmen. Insbesondere entfaltete die preußische, von 1868 ab zugleich norddeutsche Postverwaltung auf diesem Ge¬ biete eine überaus segensreiche Thätigkeit, und schloß eine Reihe internatio¬ naler PostVerträge ab, welche die Principien der Post-Conferenz nicht blos in vollem Maße praktisch verwerthet, sondern auch bereits den Grundstein zu Mem größeren Organismus einer Weltpost gelegt haben, der vielleicht dereinst die Nationen zu innigerer Gemeinschaft als je zuvor einen wird. Es kann nicht Zweck dieser Betrachtungen sein, die Bestimmungen eines Grenzboten II. 1871. 125

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/445>, abgerufen am 06.02.2025.