Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.setze aber ist ein Monarch von heutzutage fast nur durch die Sanction be¬ So dachte man in den deutschgesinnten Kreisen Bayerns und wahrhaftig, Die zweite wichtige Frage, die vor dem Reichstag zur Verhandlung kam Nach den neuesten -- kaum glaubliche" -- telegraphischen Nachrichten wäre der Nutrag
un Bundesrath durch die Stimmen der Mittelstaatcn Bayern, Sachsen, Württemberg zu Fass Die Red. gebracht worden. setze aber ist ein Monarch von heutzutage fast nur durch die Sanction be¬ So dachte man in den deutschgesinnten Kreisen Bayerns und wahrhaftig, Die zweite wichtige Frage, die vor dem Reichstag zur Verhandlung kam Nach den neuesten — kaum glaubliche» — telegraphischen Nachrichten wäre der Nutrag
un Bundesrath durch die Stimmen der Mittelstaatcn Bayern, Sachsen, Württemberg zu Fass Die Red. gebracht worden. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0433" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192734"/> <p xml:id="ID_1585" prev="#ID_1584"> setze aber ist ein Monarch von heutzutage fast nur durch die Sanction be¬<lb/> theiligt; der positive Inhalt wird nicht aus der Idee des Fürsten, sondern<lb/> aus den Bedürfnissen der Zeit und auf dem Wege parlamentarischer Fest¬<lb/> stellung gewonnen. Was der constitutionelle Regent dabei zu verlieren hat,<lb/> ist eine höchst formale Befugniß, die weniger gehaltvoll ist als sie zu sein<lb/> scheint; das Volk und die Sache aber wird nur gewinnen, wenn an die<lb/> Stelle der localen Kräfte die ganze parlamentarische Kraft der Nation ge¬<lb/> setzt wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_1586"> So dachte man in den deutschgesinnten Kreisen Bayerns und wahrhaftig,<lb/> es war den Klerikalen selber nicht so ernst mit ihren Sorgen um die Justiz¬<lb/> hoheit. Sind es ja doch dieselben Männer, die mit Eifer die Gesetze des Syl-<lb/> labus nach Bayern tragen, und das gesammte Kirchenrecht unter römische<lb/> Oberhoheit stellen, während sie im gleichen Augenblick ein Zetergeschrei er¬<lb/> heben, daß etwa die Lehre von den servitutem dem deutschen Reich übertragen<lb/> werde. Der Pferdefuß blickt deutlich genug aus diesem frommen Jammer.<lb/> Wenn die Justizhoheit des Königs von Bayern zu Gunsten der Curie ge¬<lb/> schmälert würde, dann würden die Klerikalen jubeln über diesen Verlust an<lb/> Selbständigkeit; das Odium im bestehenden Falle liegt nur darin, daß die<lb/> Gesetze im Norden gemacht werden sollen, statt jenseit der Berge. Bekannt¬<lb/> lich liegt die Angelegenheit im Augenblicke so, daß der betr. Laskersche Antrag<lb/> zwar vom Reichstag angenommen, aber noch nicht im Bundesrath zur Ent¬<lb/> scheidung gelangt ist/) Da indeß die bayrische Negierung selber dieser Com-<lb/> Petenzerweiterung geneigt und mithin Preußen von jedem Scheine einer Pression<lb/> befreit ist, so dürsten über kurz oder lang die Ideen des Antrages jedenfalls<lb/> verwirklicht werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1587" next="#ID_1588"> Die zweite wichtige Frage, die vor dem Reichstag zur Verhandlung kam<lb/> und neben ihrer sachlichen Bedeutung eine große politische Tragweite hat, fand<lb/> w Bayern ein minder geneigtes Entgegenkommen. Wir meinen die Münzre¬<lb/> form. Was die Bevölkerung der Guldenländer dagegen einnahm, ist ein sehr<lb/> realistisches Motiv, denn mit dem Nennwerth der Münze ändert sich auch ihr<lb/> Tauschwerth, der Uebergang zur Mark schließt eine Preiserhöhung von 8—10<lb/> Procent in sich. Obwohl dieser wirthschaftliche Grund, der im besten Sinne<lb/> des Wortes particularistisch ist, in den Debatten wenig hervortrat, so ward er<lb/> doch im Volke selbst lebendiger empfunden als man wähnt. Um gerecht zu<lb/> sein, müssen wir indeß hinzusetzen, daß trotz dieser unerfreulichen Aussicht das</p><lb/> <note xml:id="FID_34" place="foot"> Nach den neuesten — kaum glaubliche» — telegraphischen Nachrichten wäre der Nutrag<lb/> un Bundesrath durch die Stimmen der Mittelstaatcn Bayern, Sachsen, Württemberg zu Fass<lb/><note type="byline"> Die Red.</note> gebracht worden. </note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0433]
setze aber ist ein Monarch von heutzutage fast nur durch die Sanction be¬
theiligt; der positive Inhalt wird nicht aus der Idee des Fürsten, sondern
aus den Bedürfnissen der Zeit und auf dem Wege parlamentarischer Fest¬
stellung gewonnen. Was der constitutionelle Regent dabei zu verlieren hat,
ist eine höchst formale Befugniß, die weniger gehaltvoll ist als sie zu sein
scheint; das Volk und die Sache aber wird nur gewinnen, wenn an die
Stelle der localen Kräfte die ganze parlamentarische Kraft der Nation ge¬
setzt wird.
So dachte man in den deutschgesinnten Kreisen Bayerns und wahrhaftig,
es war den Klerikalen selber nicht so ernst mit ihren Sorgen um die Justiz¬
hoheit. Sind es ja doch dieselben Männer, die mit Eifer die Gesetze des Syl-
labus nach Bayern tragen, und das gesammte Kirchenrecht unter römische
Oberhoheit stellen, während sie im gleichen Augenblick ein Zetergeschrei er¬
heben, daß etwa die Lehre von den servitutem dem deutschen Reich übertragen
werde. Der Pferdefuß blickt deutlich genug aus diesem frommen Jammer.
Wenn die Justizhoheit des Königs von Bayern zu Gunsten der Curie ge¬
schmälert würde, dann würden die Klerikalen jubeln über diesen Verlust an
Selbständigkeit; das Odium im bestehenden Falle liegt nur darin, daß die
Gesetze im Norden gemacht werden sollen, statt jenseit der Berge. Bekannt¬
lich liegt die Angelegenheit im Augenblicke so, daß der betr. Laskersche Antrag
zwar vom Reichstag angenommen, aber noch nicht im Bundesrath zur Ent¬
scheidung gelangt ist/) Da indeß die bayrische Negierung selber dieser Com-
Petenzerweiterung geneigt und mithin Preußen von jedem Scheine einer Pression
befreit ist, so dürsten über kurz oder lang die Ideen des Antrages jedenfalls
verwirklicht werden.
Die zweite wichtige Frage, die vor dem Reichstag zur Verhandlung kam
und neben ihrer sachlichen Bedeutung eine große politische Tragweite hat, fand
w Bayern ein minder geneigtes Entgegenkommen. Wir meinen die Münzre¬
form. Was die Bevölkerung der Guldenländer dagegen einnahm, ist ein sehr
realistisches Motiv, denn mit dem Nennwerth der Münze ändert sich auch ihr
Tauschwerth, der Uebergang zur Mark schließt eine Preiserhöhung von 8—10
Procent in sich. Obwohl dieser wirthschaftliche Grund, der im besten Sinne
des Wortes particularistisch ist, in den Debatten wenig hervortrat, so ward er
doch im Volke selbst lebendiger empfunden als man wähnt. Um gerecht zu
sein, müssen wir indeß hinzusetzen, daß trotz dieser unerfreulichen Aussicht das
Nach den neuesten — kaum glaubliche» — telegraphischen Nachrichten wäre der Nutrag
un Bundesrath durch die Stimmen der Mittelstaatcn Bayern, Sachsen, Württemberg zu Fass
Die Red. gebracht worden.
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