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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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kommen echt und unverfälscht katholisch sei, warum warnte er nun die Alt¬
katholiken vor der Sektenbildung? Warum sollen dieselben, wenn sie dem
ständigen Nothstand auch eine regelmäßige und organisirte Aushilfe (Seel¬
sorge) entgegenstellen. von der Gemeinschaft der alten Kirche abtrünnig wer¬
den? Die Gefahr, daß die Staatsregierung die Altkatholiken auf ihre Hilfe
warten läßt, besteht ohne Zweifel, aber mußte man nicht eben hieraus einen
Grund entnehmen, sich selber zu helfen; und wie soll diese Hilfe wirksam sein,
wenn nicht die Betroffenen sich in engem Verbände aneinanderschließen?

Der Vortrag des Professor Schulte, worin er seine Resolutionen moti-
virte, war ein oratonsches Meisterstück, und obwohl sich Döllinger zum zwei¬
tenmal" erhob und das ganze Gewicht seines Namens in die Wagschale warf,
so vermochte er doch den Sinn der Hörer nicht mehr zu gewinnen. Innerlich
war die Entscheidung gefallen, als das letzte Wort von Schulte siel, das vom
stürmischen Beifall fast erstickt ward. Das Gefühl, daß man nicht auöeinan
der gehen dürfe ohne That, hatte in allen Gemüthern die Oberhand, und
eine Reihe von Rednern gaben ihm ungestümes Zeugniß. Von Klerikern
sprachen Fnednch und Michelis in diesem Sinn, von Professoren Huber und
Reinkens, von Kammermitgliedern, die im Saale anwesend waren, Frhr.
v. Stauffenberg und Dr. Volk.

So wurden denn die Resolutionen, die auf Gemeindebildung abzielen,
fast einhellig angenommen, und wenn Döllinger diesen Beschluß auch für ge¬
fahrvoll erklärt hatte, so schloß er sich doch, nachdem er gefaßt war, nicht von
demselben aus. Die Gerüchte eines Zwiespalts, die von den ultramontanen
Blättern triumphirend gemeldet wurden, sind deshalb keineswegs begründet;
und wie wir aus mündlicher Unterredung wissen, hat sich Döllinger mit der
vollzogenen Thatsache sogae vollkommen ausgesöhnt. Nur das hatte er nie
it. und nimmer geglaubt, daß sie zur Thatsache werden würde.




Ueue Kesormen im ^ojiwesen.

Die Bestrebungen der Deutschen Reichs - Postverwaltung haben auf dem
Gebiete der internationalen Verkehrsbeziehungen neuerdings einen wichtigen
Erfolg erzielt' die Herabsetzung des Portos für Briefe zwischen
Deutschland und den Bereinigten Staaten von Amerika. Be¬
kanntlich nimmt diese Korrespondenz, nach dem Verlangen der Absender, ihren


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kommen echt und unverfälscht katholisch sei, warum warnte er nun die Alt¬
katholiken vor der Sektenbildung? Warum sollen dieselben, wenn sie dem
ständigen Nothstand auch eine regelmäßige und organisirte Aushilfe (Seel¬
sorge) entgegenstellen. von der Gemeinschaft der alten Kirche abtrünnig wer¬
den? Die Gefahr, daß die Staatsregierung die Altkatholiken auf ihre Hilfe
warten läßt, besteht ohne Zweifel, aber mußte man nicht eben hieraus einen
Grund entnehmen, sich selber zu helfen; und wie soll diese Hilfe wirksam sein,
wenn nicht die Betroffenen sich in engem Verbände aneinanderschließen?

Der Vortrag des Professor Schulte, worin er seine Resolutionen moti-
virte, war ein oratonsches Meisterstück, und obwohl sich Döllinger zum zwei¬
tenmal« erhob und das ganze Gewicht seines Namens in die Wagschale warf,
so vermochte er doch den Sinn der Hörer nicht mehr zu gewinnen. Innerlich
war die Entscheidung gefallen, als das letzte Wort von Schulte siel, das vom
stürmischen Beifall fast erstickt ward. Das Gefühl, daß man nicht auöeinan
der gehen dürfe ohne That, hatte in allen Gemüthern die Oberhand, und
eine Reihe von Rednern gaben ihm ungestümes Zeugniß. Von Klerikern
sprachen Fnednch und Michelis in diesem Sinn, von Professoren Huber und
Reinkens, von Kammermitgliedern, die im Saale anwesend waren, Frhr.
v. Stauffenberg und Dr. Volk.

So wurden denn die Resolutionen, die auf Gemeindebildung abzielen,
fast einhellig angenommen, und wenn Döllinger diesen Beschluß auch für ge¬
fahrvoll erklärt hatte, so schloß er sich doch, nachdem er gefaßt war, nicht von
demselben aus. Die Gerüchte eines Zwiespalts, die von den ultramontanen
Blättern triumphirend gemeldet wurden, sind deshalb keineswegs begründet;
und wie wir aus mündlicher Unterredung wissen, hat sich Döllinger mit der
vollzogenen Thatsache sogae vollkommen ausgesöhnt. Nur das hatte er nie
it. und nimmer geglaubt, daß sie zur Thatsache werden würde.




Ueue Kesormen im ^ojiwesen.

Die Bestrebungen der Deutschen Reichs - Postverwaltung haben auf dem
Gebiete der internationalen Verkehrsbeziehungen neuerdings einen wichtigen
Erfolg erzielt' die Herabsetzung des Portos für Briefe zwischen
Deutschland und den Bereinigten Staaten von Amerika. Be¬
kanntlich nimmt diese Korrespondenz, nach dem Verlangen der Absender, ihren


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[0041] kommen echt und unverfälscht katholisch sei, warum warnte er nun die Alt¬ katholiken vor der Sektenbildung? Warum sollen dieselben, wenn sie dem ständigen Nothstand auch eine regelmäßige und organisirte Aushilfe (Seel¬ sorge) entgegenstellen. von der Gemeinschaft der alten Kirche abtrünnig wer¬ den? Die Gefahr, daß die Staatsregierung die Altkatholiken auf ihre Hilfe warten läßt, besteht ohne Zweifel, aber mußte man nicht eben hieraus einen Grund entnehmen, sich selber zu helfen; und wie soll diese Hilfe wirksam sein, wenn nicht die Betroffenen sich in engem Verbände aneinanderschließen? Der Vortrag des Professor Schulte, worin er seine Resolutionen moti- virte, war ein oratonsches Meisterstück, und obwohl sich Döllinger zum zwei¬ tenmal« erhob und das ganze Gewicht seines Namens in die Wagschale warf, so vermochte er doch den Sinn der Hörer nicht mehr zu gewinnen. Innerlich war die Entscheidung gefallen, als das letzte Wort von Schulte siel, das vom stürmischen Beifall fast erstickt ward. Das Gefühl, daß man nicht auöeinan der gehen dürfe ohne That, hatte in allen Gemüthern die Oberhand, und eine Reihe von Rednern gaben ihm ungestümes Zeugniß. Von Klerikern sprachen Fnednch und Michelis in diesem Sinn, von Professoren Huber und Reinkens, von Kammermitgliedern, die im Saale anwesend waren, Frhr. v. Stauffenberg und Dr. Volk. So wurden denn die Resolutionen, die auf Gemeindebildung abzielen, fast einhellig angenommen, und wenn Döllinger diesen Beschluß auch für ge¬ fahrvoll erklärt hatte, so schloß er sich doch, nachdem er gefaßt war, nicht von demselben aus. Die Gerüchte eines Zwiespalts, die von den ultramontanen Blättern triumphirend gemeldet wurden, sind deshalb keineswegs begründet; und wie wir aus mündlicher Unterredung wissen, hat sich Döllinger mit der vollzogenen Thatsache sogae vollkommen ausgesöhnt. Nur das hatte er nie it. und nimmer geglaubt, daß sie zur Thatsache werden würde. Ueue Kesormen im ^ojiwesen. Die Bestrebungen der Deutschen Reichs - Postverwaltung haben auf dem Gebiete der internationalen Verkehrsbeziehungen neuerdings einen wichtigen Erfolg erzielt' die Herabsetzung des Portos für Briefe zwischen Deutschland und den Bereinigten Staaten von Amerika. Be¬ kanntlich nimmt diese Korrespondenz, nach dem Verlangen der Absender, ihren <«in>,hio!e» >>. !!,,>. 75

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/41>, abgerufen am 05.02.2025.