Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.Nltkatholiken keiner treuer, ja man darf fast sagen unerbittlicher an eben Das war am Tage vor der Versammlung, und wir erwähnen den Vor¬ Kehren wir nun in den Saal zurück, wo dies Programm soeben den Der Gegensatz dieser Standpunkte trat natürlich auch in der Debatte zu Die andern aber waren Puritaner. Ihnen verschwand die politische Die Stelle des Programms, an welcher sie zum erstenmal entschieden Nltkatholiken keiner treuer, ja man darf fast sagen unerbittlicher an eben Das war am Tage vor der Versammlung, und wir erwähnen den Vor¬ Kehren wir nun in den Saal zurück, wo dies Programm soeben den Der Gegensatz dieser Standpunkte trat natürlich auch in der Debatte zu Die andern aber waren Puritaner. Ihnen verschwand die politische Die Stelle des Programms, an welcher sie zum erstenmal entschieden <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0039" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192339"/> <p xml:id="ID_143" prev="#ID_142"> Nltkatholiken keiner treuer, ja man darf fast sagen unerbittlicher an eben<lb/> dieser Kirche. Das Programm, welches von den Professoren Reinkens und<lb/> Huber verfaßt worden war, schien dem großen Kirchenlehrer zu weit zu gehen,<lb/> oder wenigstens sah er darin die Möglichkeit einer Lostrennung von der alten<lb/> römischen Kirchenverfassung. Döllinger erblaßte, es bedürfte aller Mittel der<lb/> Ueberredung, um ihn zu beruhigen, und der Augenblick war in der That er¬<lb/> greifend, als er langsam zur Feder griff und zögernd unterschrieb. ^IgA Mew!</p><lb/> <p xml:id="ID_144"> Das war am Tage vor der Versammlung, und wir erwähnen den Vor¬<lb/> fall, weil wir die Genesis des ganzen Programms sowie die enorme Gewis¬<lb/> senhaftigkeit, mit welcher man zu Werke ging, damit in ein richtiges Licht<lb/> setzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_145"> Kehren wir nun in den Saal zurück, wo dies Programm soeben den<lb/> Delegirten zur Berathung vorgelegt wird. Es trägt in seiner letzten Fassung<lb/> sieben Unterschriften (Döllinger, Reinkens, Maßen, Langen. Schulte, Huber<lb/> Friedrich), und betont die politische Seite, welche die Frage nun einmal darstellt,<lb/> ebenso entschieden, als die rein religiöse.</p><lb/> <p xml:id="ID_146"> Der Gegensatz dieser Standpunkte trat natürlich auch in der Debatte zu<lb/> Tage und zwar an einem doppelten Punkte. Denn innerhalb der altkatho¬<lb/> lischen Glaubensgenossen waren zwei Richtungen vertreten, von welchen eine<lb/> entschieden in der politischen Energie des heutigen Systems herangewachsen<lb/> war — und dieser lag weit mehr die Macht des Staates, als die Größe der<lb/> Kirche am Herzen. Darum betonte sie denn auch vor allem die Gefährlich¬<lb/> keit der neuen Lehre; sie wollte die Kirchenhoheit des Staates in möglichst<lb/> weiten Grenzen und den helfenden Eingriff desselben in möglichst intensiver<lb/> Form erzielen.</p><lb/> <p xml:id="ID_147"> Die andern aber waren Puritaner. Ihnen verschwand die politische<lb/> Seite der Jufallibilität vor der Erwägung, daß ein Glaubenssatz dadurch<lb/> geschädigt und entweiht werde, sie zeigten selbst bei den gegenwärtigen Wir¬<lb/> ren die Tendenz, nur ja die kirchlichen Befugnisse nicht zu Gunsten der<lb/> Staatsgewalt zu schmälern. Diese Richtung war vertreten durch die Profes¬<lb/> soren Cornelius Stumpf und Massen.</p><lb/> <p xml:id="ID_148"> Die Stelle des Programms, an welcher sie zum erstenmal entschieden<lb/> hervortrat, besprach die Erziehung des Klerus in den geistlichen Seminarien<lb/> und forderte hiebei die Überwachung und Mitwirkung des Staates. So<lb/> allbekannt nun auch die Mängel dieser Erziehung sind, so sehr auf der<lb/> Hand liegt, daß keine private Einwirkung denselben gewachsen ist, so ward<lb/> doch von Seite der genannten Herrn der lebendigste Widerstand erhoben, man<lb/> dürfe der Kirche eine so wichtige Mission wie die Erziehung des Klerus nicht<lb/> verkürzen, man müsse das Selfgovernment auch in dieser Beziehung an¬<lb/> streben.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0039]
Nltkatholiken keiner treuer, ja man darf fast sagen unerbittlicher an eben
dieser Kirche. Das Programm, welches von den Professoren Reinkens und
Huber verfaßt worden war, schien dem großen Kirchenlehrer zu weit zu gehen,
oder wenigstens sah er darin die Möglichkeit einer Lostrennung von der alten
römischen Kirchenverfassung. Döllinger erblaßte, es bedürfte aller Mittel der
Ueberredung, um ihn zu beruhigen, und der Augenblick war in der That er¬
greifend, als er langsam zur Feder griff und zögernd unterschrieb. ^IgA Mew!
Das war am Tage vor der Versammlung, und wir erwähnen den Vor¬
fall, weil wir die Genesis des ganzen Programms sowie die enorme Gewis¬
senhaftigkeit, mit welcher man zu Werke ging, damit in ein richtiges Licht
setzen.
Kehren wir nun in den Saal zurück, wo dies Programm soeben den
Delegirten zur Berathung vorgelegt wird. Es trägt in seiner letzten Fassung
sieben Unterschriften (Döllinger, Reinkens, Maßen, Langen. Schulte, Huber
Friedrich), und betont die politische Seite, welche die Frage nun einmal darstellt,
ebenso entschieden, als die rein religiöse.
Der Gegensatz dieser Standpunkte trat natürlich auch in der Debatte zu
Tage und zwar an einem doppelten Punkte. Denn innerhalb der altkatho¬
lischen Glaubensgenossen waren zwei Richtungen vertreten, von welchen eine
entschieden in der politischen Energie des heutigen Systems herangewachsen
war — und dieser lag weit mehr die Macht des Staates, als die Größe der
Kirche am Herzen. Darum betonte sie denn auch vor allem die Gefährlich¬
keit der neuen Lehre; sie wollte die Kirchenhoheit des Staates in möglichst
weiten Grenzen und den helfenden Eingriff desselben in möglichst intensiver
Form erzielen.
Die andern aber waren Puritaner. Ihnen verschwand die politische
Seite der Jufallibilität vor der Erwägung, daß ein Glaubenssatz dadurch
geschädigt und entweiht werde, sie zeigten selbst bei den gegenwärtigen Wir¬
ren die Tendenz, nur ja die kirchlichen Befugnisse nicht zu Gunsten der
Staatsgewalt zu schmälern. Diese Richtung war vertreten durch die Profes¬
soren Cornelius Stumpf und Massen.
Die Stelle des Programms, an welcher sie zum erstenmal entschieden
hervortrat, besprach die Erziehung des Klerus in den geistlichen Seminarien
und forderte hiebei die Überwachung und Mitwirkung des Staates. So
allbekannt nun auch die Mängel dieser Erziehung sind, so sehr auf der
Hand liegt, daß keine private Einwirkung denselben gewachsen ist, so ward
doch von Seite der genannten Herrn der lebendigste Widerstand erhoben, man
dürfe der Kirche eine so wichtige Mission wie die Erziehung des Klerus nicht
verkürzen, man müsse das Selfgovernment auch in dieser Beziehung an¬
streben.
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