Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.ein, ihre Eigenthümlichkeiten vernichtendes Aufstützen zum Concertvortrag nur Es gab eine Zeit, und sie liegt uns nicht sehr ferne, wo man die Kla¬ ein, ihre Eigenthümlichkeiten vernichtendes Aufstützen zum Concertvortrag nur Es gab eine Zeit, und sie liegt uns nicht sehr ferne, wo man die Kla¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0271" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192572"/> <p xml:id="ID_1048" prev="#ID_1047"> ein, ihre Eigenthümlichkeiten vernichtendes Aufstützen zum Concertvortrag nur<lb/> nachtheilig ist, die einen ernsten Sinn, ein liebevolles Eingehen, je nach ihrem<lb/> Inhalte einen schmucklosen, kräftigen oder zierlichen Vortrag erfordern, gehören<lb/> in's Haus. Für das Haus, für die Familie, sind auch die zahlreichen Aus¬<lb/> grabungen bestimmt, die in den letzten Jahrzehnten an die Oeffentlichkeit traten.<lb/> Die gehobenen Schätze werden daher, wenn man sie nur beachten will, in<lb/> erster Linie gebildeten Dilettanten zum Segen werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1049" next="#ID_1050"> Es gab eine Zeit, und sie liegt uns nicht sehr ferne, wo man die Kla¬<lb/> viermeister, die Beethoven unmittelbar vorausgegangen waren: Mozart, Cle-<lb/> wenti. Dussek, Kramer, Haydn, fast vergessen hatte. Es ist ein Verdienst der<lb/> neuen billigen Klassikerausgaben, die nun fast in Jedermanns Händen sind,<lb/> daß dies heute nicht mehr der Fall ist. Die eigentlichen Ausgrabungen aber<lb/> ^girren erst mit dem Wirken des am 14. Sept. 1788 in Hamburg verstor¬<lb/> benen K. PH. E. Bach, des berühmten Sohnes des großen I. S. Bach. Es<lb/> 'se gewiß auffallend, daß man bei einem Componisten, der zu den bedeutendsten<lb/> seiner Zeit zählte, schon nach 80 Jahren von Ausgrabung sprechen kann, und<lb/> doch ist dem so. Die Masse des täglich neu sich an die Oeffentlichkeit Drän¬<lb/> genden gleicht einer Sturmflut, Was in zehn Jahren allein erscheint, schwillt<lb/> schon berghoch an. Nach acht Jahrzehnten ist auch der beste Meister be¬<lb/> graben, wenn nicht im Laufe der Zeit immer neue Auflagen seiner Werke<lb/> nöthig werden. Im günstigsten Falle wird er sich in einzelnen seiner her¬<lb/> vorragendsten oder zugänglichsten Schöpfungen, oft nicht einmal in seinen besten<lb/> Und höchsten, lebendig zu erhalten vermögen. Wir haben die Gründe aus¬<lb/> einander zu setzen gesucht, zufolge deren in Deutschland die Ausgabe älterer<lb/> Tonwerke so sehr erschwert wird. Umfangreiche, weitgreifende Unternehmun¬<lb/> gen sind da kaum möglich. Man muß für die ängstlichen und schüchter¬<lb/> nen Versuche, die bei uns hier und da gemacht werden, uns einzelne ältere<lb/> Tonsetzer in sparsamen Proben und Musterbeispielen wieder vorzuführen, schon<lb/> dankbar und erkenntlich sein. Frankreich ist uns hierin bedeutend voraus.<lb/> ^6 besitzt unter andern vorzüglichen Editionen in dem ?r6for an<lb/> ^s te pa.r N. H.. Z?g,rr er, s eine Mustersammlung alter Claviermusik. Wie<lb/> schade, daß sie durch den Tod des Unternehmers unterbrochen wurde. Diese<lb/> Ausgabe hat vor allen ähnlichen deutschen Unternehmungen den großen Vor-<lb/> öug voraus, daß sie nur vollständige Werke enthält, während unsere Verlags¬<lb/> handlungen kaum Bruchstücke zu bringen wagen. Doch scheint sich auch hier<lb/> ^mälig Manches zum Bessern zu wenden. Wir haben die Aussicht, Bachs<lb/> ""d Händels sämmtliche Werke im Laufe der Zeit zu erhalten. Die von<lb/> ^hrysander ins Leben gerufenen: Denkmäler der Tonkunst (8 Lieferungen:<lb/> ^lestrina's Werke von H. Bellermann, Carissimi's Werke und le<lb/> ^eum von I?. Vrio von Fr. Chrysander, Corel ki's Werke von I. Joa-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0271]
ein, ihre Eigenthümlichkeiten vernichtendes Aufstützen zum Concertvortrag nur
nachtheilig ist, die einen ernsten Sinn, ein liebevolles Eingehen, je nach ihrem
Inhalte einen schmucklosen, kräftigen oder zierlichen Vortrag erfordern, gehören
in's Haus. Für das Haus, für die Familie, sind auch die zahlreichen Aus¬
grabungen bestimmt, die in den letzten Jahrzehnten an die Oeffentlichkeit traten.
Die gehobenen Schätze werden daher, wenn man sie nur beachten will, in
erster Linie gebildeten Dilettanten zum Segen werden.
Es gab eine Zeit, und sie liegt uns nicht sehr ferne, wo man die Kla¬
viermeister, die Beethoven unmittelbar vorausgegangen waren: Mozart, Cle-
wenti. Dussek, Kramer, Haydn, fast vergessen hatte. Es ist ein Verdienst der
neuen billigen Klassikerausgaben, die nun fast in Jedermanns Händen sind,
daß dies heute nicht mehr der Fall ist. Die eigentlichen Ausgrabungen aber
^girren erst mit dem Wirken des am 14. Sept. 1788 in Hamburg verstor¬
benen K. PH. E. Bach, des berühmten Sohnes des großen I. S. Bach. Es
'se gewiß auffallend, daß man bei einem Componisten, der zu den bedeutendsten
seiner Zeit zählte, schon nach 80 Jahren von Ausgrabung sprechen kann, und
doch ist dem so. Die Masse des täglich neu sich an die Oeffentlichkeit Drän¬
genden gleicht einer Sturmflut, Was in zehn Jahren allein erscheint, schwillt
schon berghoch an. Nach acht Jahrzehnten ist auch der beste Meister be¬
graben, wenn nicht im Laufe der Zeit immer neue Auflagen seiner Werke
nöthig werden. Im günstigsten Falle wird er sich in einzelnen seiner her¬
vorragendsten oder zugänglichsten Schöpfungen, oft nicht einmal in seinen besten
Und höchsten, lebendig zu erhalten vermögen. Wir haben die Gründe aus¬
einander zu setzen gesucht, zufolge deren in Deutschland die Ausgabe älterer
Tonwerke so sehr erschwert wird. Umfangreiche, weitgreifende Unternehmun¬
gen sind da kaum möglich. Man muß für die ängstlichen und schüchter¬
nen Versuche, die bei uns hier und da gemacht werden, uns einzelne ältere
Tonsetzer in sparsamen Proben und Musterbeispielen wieder vorzuführen, schon
dankbar und erkenntlich sein. Frankreich ist uns hierin bedeutend voraus.
^6 besitzt unter andern vorzüglichen Editionen in dem ?r6for an
^s te pa.r N. H.. Z?g,rr er, s eine Mustersammlung alter Claviermusik. Wie
schade, daß sie durch den Tod des Unternehmers unterbrochen wurde. Diese
Ausgabe hat vor allen ähnlichen deutschen Unternehmungen den großen Vor-
öug voraus, daß sie nur vollständige Werke enthält, während unsere Verlags¬
handlungen kaum Bruchstücke zu bringen wagen. Doch scheint sich auch hier
^mälig Manches zum Bessern zu wenden. Wir haben die Aussicht, Bachs
""d Händels sämmtliche Werke im Laufe der Zeit zu erhalten. Die von
^hrysander ins Leben gerufenen: Denkmäler der Tonkunst (8 Lieferungen:
^lestrina's Werke von H. Bellermann, Carissimi's Werke und le
^eum von I?. Vrio von Fr. Chrysander, Corel ki's Werke von I. Joa-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |