Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.und in England gewesen. Kaum war er in Paris eingetroffen, als ein pol¬ 1869 wurde unser Held nebst mehreren andern polnischen Flüchtlingen Während der ersten Wochen der Belagerung von Paris durch die deut¬ "Dombrowski hatte in einem gewissen Augenblick zu Ende des April sein und in England gewesen. Kaum war er in Paris eingetroffen, als ein pol¬ 1869 wurde unser Held nebst mehreren andern polnischen Flüchtlingen Während der ersten Wochen der Belagerung von Paris durch die deut¬ „Dombrowski hatte in einem gewissen Augenblick zu Ende des April sein <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0262" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192563"/> <p xml:id="ID_1000" prev="#ID_999"> und in England gewesen. Kaum war er in Paris eingetroffen, als ein pol¬<lb/> nischer Flüchtling ihn öffentlich der Verfertigung und Verbreitung falscher<lb/> Noten der russischen Bank anklagte. Dombrowski forderte seinen Ankläger<lb/> zum Zweikampf heraus, hielt es aber für besser, sich nicht zu schlagen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1001"> 1869 wurde unser Held nebst mehreren andern polnischen Flüchtlingen<lb/> auf Grund einer Anzeige verhaftet, welche jene Anklage wegen Banknoten¬<lb/> verfälschung wiederholte. Er verstand indeß, sich von der Schuld zu reinigen<lb/> und wurde daraufhin entlassen, während die Leute, welche seine Geldfabrikate<lb/> in den Verkehr gebracht hatten, verurtheilt wurden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1002"> Während der ersten Wochen der Belagerung von Paris durch die deut¬<lb/> schen Heere saß Dombrowski in dem Gefängniß von Mazas, indem eine ge¬<lb/> wisse Susanne Lagier eine Klage gegen ihn eingereicht hatte, in der er be¬<lb/> schuldigt wurde, mit der feindlichen Armee in Verbindung zu stehen. Es<lb/> war eine um so schwerere Beschuldigung, da Dombrowski im Augenblick sei¬<lb/> ner Verhaftung eben beschäftigt war, wieder einmal für eine Garibnldi'sche<lb/> Legion, die er organisiren wollte, Gelder zu sammeln. Wir haben aber die<lb/> Genugthuung, entgegen den Andeutungen unserer französischen Quelle, hin¬<lb/> zufügen zu können, daß diese Beschuldigung völlig unbegründet war. Dank<lb/> einer Depesche Gambetta's wurde Dombrowski vom General Trochu in Frei¬<lb/> heit gesetzt, und bald nachher flog er in einem Luftballon über die deutschen<lb/> Linien hinweg zu Garibaldi, der ihm ein Commando anvertraute. Nach<lb/> Eintritt des Waffenstillstandes, der den Friedenspräliminarien vorausging,<lb/> kam Dombrowski mit einem preußischen Passirschein nach Paris zurück. Wie<lb/> er dann als der Nachfolger Bergeret's der Oberbefehlshaber der Jusurgen-<lb/> tenarmee wurde, welche Großthaten er verrichtete, wie er zuletzt, mehrfach<lb/> verwundet, im Hospital Lariboisiere starb, find bekannte Dinge. Weniger<lb/> bekannt möchte das Folgende sein, das von Sempronius in seiner „IlistoiiL<lb/> as I-z, Kommune nie ?aris en 1871" als „ein Beispiel unter taufenden" für<lb/> das Verfahren der Communarden mitgetheilt wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_1003" next="#ID_1004"> „Dombrowski hatte in einem gewissen Augenblick zu Ende des April sein<lb/> Hauptquartier in Neuilly aufgeschlagen und seine rothe Fahne auf einem der<lb/> schönsten Häuser des Orts aufgepflanzt, welches einem Herrn D. gehörte.<lb/> Diese Gunst trug dem Hause die Ehre ein, Zielpunkt der Granaten der Ver-<lb/> sailler zu werden und völliger Zerstörung anheim zu fallen. Aber die Regie¬<lb/> rungstruppen zerstörten nur die Mauern. Das Hausgeräth wurde von den<lb/> Communarden weggebracht, und selbst die Fensterscheiben wurden von ihnen<lb/> als vorsichtigen Leuten ausgehoben und davongeschafft. Dieß war indeß nur<lb/> eine Kleinigkeit im Vergleich mit dem, was sich dann begab. Auf Befehl<lb/> des Chefs des Generalstabes wurde der Hausmann der Villa in den bereits<lb/> ausgeleerten Keller gesperrt und dessen junge Frau, die Mutter von zwei</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0262]
und in England gewesen. Kaum war er in Paris eingetroffen, als ein pol¬
nischer Flüchtling ihn öffentlich der Verfertigung und Verbreitung falscher
Noten der russischen Bank anklagte. Dombrowski forderte seinen Ankläger
zum Zweikampf heraus, hielt es aber für besser, sich nicht zu schlagen.
1869 wurde unser Held nebst mehreren andern polnischen Flüchtlingen
auf Grund einer Anzeige verhaftet, welche jene Anklage wegen Banknoten¬
verfälschung wiederholte. Er verstand indeß, sich von der Schuld zu reinigen
und wurde daraufhin entlassen, während die Leute, welche seine Geldfabrikate
in den Verkehr gebracht hatten, verurtheilt wurden.
Während der ersten Wochen der Belagerung von Paris durch die deut¬
schen Heere saß Dombrowski in dem Gefängniß von Mazas, indem eine ge¬
wisse Susanne Lagier eine Klage gegen ihn eingereicht hatte, in der er be¬
schuldigt wurde, mit der feindlichen Armee in Verbindung zu stehen. Es
war eine um so schwerere Beschuldigung, da Dombrowski im Augenblick sei¬
ner Verhaftung eben beschäftigt war, wieder einmal für eine Garibnldi'sche
Legion, die er organisiren wollte, Gelder zu sammeln. Wir haben aber die
Genugthuung, entgegen den Andeutungen unserer französischen Quelle, hin¬
zufügen zu können, daß diese Beschuldigung völlig unbegründet war. Dank
einer Depesche Gambetta's wurde Dombrowski vom General Trochu in Frei¬
heit gesetzt, und bald nachher flog er in einem Luftballon über die deutschen
Linien hinweg zu Garibaldi, der ihm ein Commando anvertraute. Nach
Eintritt des Waffenstillstandes, der den Friedenspräliminarien vorausging,
kam Dombrowski mit einem preußischen Passirschein nach Paris zurück. Wie
er dann als der Nachfolger Bergeret's der Oberbefehlshaber der Jusurgen-
tenarmee wurde, welche Großthaten er verrichtete, wie er zuletzt, mehrfach
verwundet, im Hospital Lariboisiere starb, find bekannte Dinge. Weniger
bekannt möchte das Folgende sein, das von Sempronius in seiner „IlistoiiL
as I-z, Kommune nie ?aris en 1871" als „ein Beispiel unter taufenden" für
das Verfahren der Communarden mitgetheilt wird.
„Dombrowski hatte in einem gewissen Augenblick zu Ende des April sein
Hauptquartier in Neuilly aufgeschlagen und seine rothe Fahne auf einem der
schönsten Häuser des Orts aufgepflanzt, welches einem Herrn D. gehörte.
Diese Gunst trug dem Hause die Ehre ein, Zielpunkt der Granaten der Ver-
sailler zu werden und völliger Zerstörung anheim zu fallen. Aber die Regie¬
rungstruppen zerstörten nur die Mauern. Das Hausgeräth wurde von den
Communarden weggebracht, und selbst die Fensterscheiben wurden von ihnen
als vorsichtigen Leuten ausgehoben und davongeschafft. Dieß war indeß nur
eine Kleinigkeit im Vergleich mit dem, was sich dann begab. Auf Befehl
des Chefs des Generalstabes wurde der Hausmann der Villa in den bereits
ausgeleerten Keller gesperrt und dessen junge Frau, die Mutter von zwei
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