Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorsitzender aber hat sich sorgfältig seine Haut gehütet, trotz seines 1845 und
später abgelegten Glaubensbekenntnisses, in welchem es hieß, "die ganze Zeit
der revolutionären Periode bis zum Triumphe des Volkes muß eine un¬
ablässige Verschwörung sein, die stets zum Kampfe bereit ist." Das Ideal
des Herrn Mieroslawski, wie wir es in dem Journal "Lo 1'euxl" I'olonii.js^
vom 1. Sept. 1869 formulirt finden, lautet: "Die ganze ernsthafte und auf¬
richtige Demokratie, in eine homogene Körperschaft vereinigt, handelt ohne
Unterlaß wie eine für jedes Ereigniß bereite Verschwörung, offen in den Län¬
dern, wo sie geduldet ist, verborgen in denen, wo sie sich bei Tageslicht nicht
"eigen darf. Diese Verschwörung der gewissenhaft demokratischen Elemente
pflanzt, indem sie sich l>. priori als einzige Vertreterin des Volkes betrachtet,
w der Person ihres Präsidenten ihr Banner vor aller Welt auf und vertraut
ihm als dem Haupce der Demokratie die Orclrl) "t0 Zatirilio und alle poli¬
tischen Angelegenheiten ohne Ausnahme an." Mieroslawski ließ trotz all
seinem Pathos seine Soldaten allein kämpfen, steckte seine Fahne in die Tasche
Und verschwand ohne Geräusch.

Dennoch glauben wir den Lesern einige Auszüge aus dem ,,?<axis ?o-
lomü^ vorlegen zu müssen, welche beweisen, daß die polnische demokratische
Gesellschaft und ihr vorsichtiger Präsident die Ansichten der Internationale
stets getheilt haben und durchaus würdig waren, ein Bataillon der Commune
von Paris zu bilden.

Den 1. September l860 sagte das genannte Organ Mieroslawskis in
Bezug auf den baseler Congreß:

"Wir haben wiederholt schon unsere Grundansicht ausgesprochen: wir
glauben an keine politische Befreiung ohne sociale Umgestaltung, wie wir an
keine sociale Umwälzung ohne politische Befreiung glauben.. . Da die So¬
cialdemokratie Europas mit uns ist, so werden unsere Brüder, wenn sie sich
befreien, unserer gemeinsamen Lehre folgen, und der alte Continent wird eine
neue Welt werden____ Der Congreß kann jedem das Recht bestätigen, das
Stück Land zu behalten, welches seine Vorfahren sich genommen oder welches
er von einem andern erkauft hat, der es unter gleichem Rechtstitel besessen.
Wäre das socialistisch? Brauchte man sich zu einem Congreß zu versammeln,
um das festzustellen? Es ist unbestreitbar, daß jeder andere Beschluß, die
Gütergemeinschaft, der Staat, die Nation, die Provinz, die Gemeinde zum
Eigenthümer erklärt und ebenso der Besitz für erwerbbar nur durch directe und
Persönliche Arbeit oder durch die Arbeit von Genossenschaften hingestellt, daß,
sagen wir, alle diese Lösungen, indem jede einzelne einem Todesurtheil gegen
alle gegenwärtigen Eigenthümer, d. h. alle, welche die Stütze der gegenwär¬
tigen Regierungen bilden, gleichkäme, nichts geringeres wären, als Herausfor¬
derungen an alle Mächte Europa's".....Der Congreß kann das Erbrecht


Vorsitzender aber hat sich sorgfältig seine Haut gehütet, trotz seines 1845 und
später abgelegten Glaubensbekenntnisses, in welchem es hieß, „die ganze Zeit
der revolutionären Periode bis zum Triumphe des Volkes muß eine un¬
ablässige Verschwörung sein, die stets zum Kampfe bereit ist." Das Ideal
des Herrn Mieroslawski, wie wir es in dem Journal „Lo 1'euxl« I'olonii.js^
vom 1. Sept. 1869 formulirt finden, lautet: „Die ganze ernsthafte und auf¬
richtige Demokratie, in eine homogene Körperschaft vereinigt, handelt ohne
Unterlaß wie eine für jedes Ereigniß bereite Verschwörung, offen in den Län¬
dern, wo sie geduldet ist, verborgen in denen, wo sie sich bei Tageslicht nicht
»eigen darf. Diese Verschwörung der gewissenhaft demokratischen Elemente
pflanzt, indem sie sich l>. priori als einzige Vertreterin des Volkes betrachtet,
w der Person ihres Präsidenten ihr Banner vor aller Welt auf und vertraut
ihm als dem Haupce der Demokratie die Orclrl) «t0 Zatirilio und alle poli¬
tischen Angelegenheiten ohne Ausnahme an." Mieroslawski ließ trotz all
seinem Pathos seine Soldaten allein kämpfen, steckte seine Fahne in die Tasche
Und verschwand ohne Geräusch.

Dennoch glauben wir den Lesern einige Auszüge aus dem ,,?<axis ?o-
lomü^ vorlegen zu müssen, welche beweisen, daß die polnische demokratische
Gesellschaft und ihr vorsichtiger Präsident die Ansichten der Internationale
stets getheilt haben und durchaus würdig waren, ein Bataillon der Commune
von Paris zu bilden.

Den 1. September l860 sagte das genannte Organ Mieroslawskis in
Bezug auf den baseler Congreß:

„Wir haben wiederholt schon unsere Grundansicht ausgesprochen: wir
glauben an keine politische Befreiung ohne sociale Umgestaltung, wie wir an
keine sociale Umwälzung ohne politische Befreiung glauben.. . Da die So¬
cialdemokratie Europas mit uns ist, so werden unsere Brüder, wenn sie sich
befreien, unserer gemeinsamen Lehre folgen, und der alte Continent wird eine
neue Welt werden____ Der Congreß kann jedem das Recht bestätigen, das
Stück Land zu behalten, welches seine Vorfahren sich genommen oder welches
er von einem andern erkauft hat, der es unter gleichem Rechtstitel besessen.
Wäre das socialistisch? Brauchte man sich zu einem Congreß zu versammeln,
um das festzustellen? Es ist unbestreitbar, daß jeder andere Beschluß, die
Gütergemeinschaft, der Staat, die Nation, die Provinz, die Gemeinde zum
Eigenthümer erklärt und ebenso der Besitz für erwerbbar nur durch directe und
Persönliche Arbeit oder durch die Arbeit von Genossenschaften hingestellt, daß,
sagen wir, alle diese Lösungen, indem jede einzelne einem Todesurtheil gegen
alle gegenwärtigen Eigenthümer, d. h. alle, welche die Stütze der gegenwär¬
tigen Regierungen bilden, gleichkäme, nichts geringeres wären, als Herausfor¬
derungen an alle Mächte Europa's".....Der Congreß kann das Erbrecht


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0255" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192556"/>
          <p xml:id="ID_967" prev="#ID_966"> Vorsitzender aber hat sich sorgfältig seine Haut gehütet, trotz seines 1845 und<lb/>
später abgelegten Glaubensbekenntnisses, in welchem es hieß, &#x201E;die ganze Zeit<lb/>
der revolutionären Periode bis zum Triumphe des Volkes muß eine un¬<lb/>
ablässige Verschwörung sein, die stets zum Kampfe bereit ist." Das Ideal<lb/>
des Herrn Mieroslawski, wie wir es in dem Journal &#x201E;Lo 1'euxl« I'olonii.js^<lb/>
vom 1. Sept. 1869 formulirt finden, lautet: &#x201E;Die ganze ernsthafte und auf¬<lb/>
richtige Demokratie, in eine homogene Körperschaft vereinigt, handelt ohne<lb/>
Unterlaß wie eine für jedes Ereigniß bereite Verschwörung, offen in den Län¬<lb/>
dern, wo sie geduldet ist, verborgen in denen, wo sie sich bei Tageslicht nicht<lb/>
»eigen darf. Diese Verschwörung der gewissenhaft demokratischen Elemente<lb/>
pflanzt, indem sie sich l&gt;. priori als einzige Vertreterin des Volkes betrachtet,<lb/>
w der Person ihres Präsidenten ihr Banner vor aller Welt auf und vertraut<lb/>
ihm als dem Haupce der Demokratie die Orclrl) «t0 Zatirilio und alle poli¬<lb/>
tischen Angelegenheiten ohne Ausnahme an." Mieroslawski ließ trotz all<lb/>
seinem Pathos seine Soldaten allein kämpfen, steckte seine Fahne in die Tasche<lb/>
Und verschwand ohne Geräusch.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_968"> Dennoch glauben wir den Lesern einige Auszüge aus dem ,,?&lt;axis ?o-<lb/>
lomü^ vorlegen zu müssen, welche beweisen, daß die polnische demokratische<lb/>
Gesellschaft und ihr vorsichtiger Präsident die Ansichten der Internationale<lb/>
stets getheilt haben und durchaus würdig waren, ein Bataillon der Commune<lb/>
von Paris zu bilden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_969"> Den 1. September l860 sagte das genannte Organ Mieroslawskis in<lb/>
Bezug auf den baseler Congreß:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_970" next="#ID_971"> &#x201E;Wir haben wiederholt schon unsere Grundansicht ausgesprochen: wir<lb/>
glauben an keine politische Befreiung ohne sociale Umgestaltung, wie wir an<lb/>
keine sociale Umwälzung ohne politische Befreiung glauben.. . Da die So¬<lb/>
cialdemokratie Europas mit uns ist, so werden unsere Brüder, wenn sie sich<lb/>
befreien, unserer gemeinsamen Lehre folgen, und der alte Continent wird eine<lb/>
neue Welt werden____    Der Congreß kann jedem das Recht bestätigen, das<lb/>
Stück Land zu behalten, welches seine Vorfahren sich genommen oder welches<lb/>
er von einem andern erkauft hat, der es unter gleichem Rechtstitel besessen.<lb/>
Wäre das socialistisch? Brauchte man sich zu einem Congreß zu versammeln,<lb/>
um das festzustellen? Es ist unbestreitbar, daß jeder andere Beschluß, die<lb/>
Gütergemeinschaft, der Staat, die Nation, die Provinz, die Gemeinde zum<lb/>
Eigenthümer erklärt und ebenso der Besitz für erwerbbar nur durch directe und<lb/>
Persönliche Arbeit oder durch die Arbeit von Genossenschaften hingestellt, daß,<lb/>
sagen wir, alle diese Lösungen, indem jede einzelne einem Todesurtheil gegen<lb/>
alle gegenwärtigen Eigenthümer, d. h. alle, welche die Stütze der gegenwär¬<lb/>
tigen Regierungen bilden, gleichkäme, nichts geringeres wären, als Herausfor¬<lb/>
derungen an alle Mächte Europa's".....Der Congreß kann das Erbrecht</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0255] Vorsitzender aber hat sich sorgfältig seine Haut gehütet, trotz seines 1845 und später abgelegten Glaubensbekenntnisses, in welchem es hieß, „die ganze Zeit der revolutionären Periode bis zum Triumphe des Volkes muß eine un¬ ablässige Verschwörung sein, die stets zum Kampfe bereit ist." Das Ideal des Herrn Mieroslawski, wie wir es in dem Journal „Lo 1'euxl« I'olonii.js^ vom 1. Sept. 1869 formulirt finden, lautet: „Die ganze ernsthafte und auf¬ richtige Demokratie, in eine homogene Körperschaft vereinigt, handelt ohne Unterlaß wie eine für jedes Ereigniß bereite Verschwörung, offen in den Län¬ dern, wo sie geduldet ist, verborgen in denen, wo sie sich bei Tageslicht nicht »eigen darf. Diese Verschwörung der gewissenhaft demokratischen Elemente pflanzt, indem sie sich l>. priori als einzige Vertreterin des Volkes betrachtet, w der Person ihres Präsidenten ihr Banner vor aller Welt auf und vertraut ihm als dem Haupce der Demokratie die Orclrl) «t0 Zatirilio und alle poli¬ tischen Angelegenheiten ohne Ausnahme an." Mieroslawski ließ trotz all seinem Pathos seine Soldaten allein kämpfen, steckte seine Fahne in die Tasche Und verschwand ohne Geräusch. Dennoch glauben wir den Lesern einige Auszüge aus dem ,,?<axis ?o- lomü^ vorlegen zu müssen, welche beweisen, daß die polnische demokratische Gesellschaft und ihr vorsichtiger Präsident die Ansichten der Internationale stets getheilt haben und durchaus würdig waren, ein Bataillon der Commune von Paris zu bilden. Den 1. September l860 sagte das genannte Organ Mieroslawskis in Bezug auf den baseler Congreß: „Wir haben wiederholt schon unsere Grundansicht ausgesprochen: wir glauben an keine politische Befreiung ohne sociale Umgestaltung, wie wir an keine sociale Umwälzung ohne politische Befreiung glauben.. . Da die So¬ cialdemokratie Europas mit uns ist, so werden unsere Brüder, wenn sie sich befreien, unserer gemeinsamen Lehre folgen, und der alte Continent wird eine neue Welt werden____ Der Congreß kann jedem das Recht bestätigen, das Stück Land zu behalten, welches seine Vorfahren sich genommen oder welches er von einem andern erkauft hat, der es unter gleichem Rechtstitel besessen. Wäre das socialistisch? Brauchte man sich zu einem Congreß zu versammeln, um das festzustellen? Es ist unbestreitbar, daß jeder andere Beschluß, die Gütergemeinschaft, der Staat, die Nation, die Provinz, die Gemeinde zum Eigenthümer erklärt und ebenso der Besitz für erwerbbar nur durch directe und Persönliche Arbeit oder durch die Arbeit von Genossenschaften hingestellt, daß, sagen wir, alle diese Lösungen, indem jede einzelne einem Todesurtheil gegen alle gegenwärtigen Eigenthümer, d. h. alle, welche die Stütze der gegenwär¬ tigen Regierungen bilden, gleichkäme, nichts geringeres wären, als Herausfor¬ derungen an alle Mächte Europa's".....Der Congreß kann das Erbrecht

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/255
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/255>, abgerufen am 06.02.2025.