Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

tung! Das Institut fand bei der großen Zahl seiner Mängel (namentlich
Unsicherheit und Langsamkeit) wenig Anklang und ging ein, als 1806 die
französische Armee in Berlin einrückte. Im Jahre 1823 ergriff die Postver-
waltung die Initiative zur Befriedigung des localen Verkehrsbedürfnisses, und
nach Beendigung der Vorarbeiten trat am 1. December 1827 die "Stadt-
post" zu Berlin in Wirksamkeit. An 60 Punkten in der Stadt wurden
Briefsammlungen unter Controle der Staatspostanstalt eingerichtet; die Brief¬
sammlungen nahmen Briefe jeder Art an, und beförderten solche durch Boten
fünfmal des Tages nach dem Centralpostamte, von wo entweder die Abfin¬
dung nach auswärts mit den Posten oder die Bestellung der nach Berlin
selbst gerichteten Correspondenz durch die Briefträger in's Werk gesetzt wurde.
Damals war Berlin in die bescheidene Anzahl von 36 Briefträger-Revieren
getheilt. In den Vorstädten fungirten indeß besondere Briefträger, darunter
ein "reitender." Die neue Einrichtung war das El des Columbus; sie be¬
währte sich vortrefflich und brachte schon 1828 eine Einnahme von 6593
Thalern Stadtporto; gleich in den ersten Tagen der Stadtpost wurden 3000
Briefe eingeliefert. 1832 stieg der Ertrag auf 12736 Thlr,, 1840 auf 20,000
Thlr., 18S0 auf 30,000 Thlr. Im Jahre 1870 belief sie sich auf mehr als
200,000 Thlr. Die Verwaltung versäumte im Laufe der Zeit nicht, das
Stadtpostinstitut mit der fortschreitenden Steigerung des Verkehrs zu refor-
miren. 18S1 traten an die Stelle der nicht mehr ausreichenden Briefsamm¬
lungen vollständige Districts-Posterpeditionen, und zwar außer den fünf Post¬
ämtern an den Eisenbahnhöfen noch acht Posterpcditionen an den verschiede¬
nen Verkehrsbrennpunkten der Stadt. Die Briefeinlieferung wurde durch
Aufstellung von 127 Briefkasten erleichtert, welche regelmäßig von den Districts-
Postämtern aus abgeholt bzw. geleert wurden. Zwischen den letzteren Stellen
und dem Central-Postamte in der Königsstraße richtete man eine Schnellver¬
bindung durch regelmäßig coursirende einspännige Briefposten ein, welche zehn
Minuten vor jeder vollen Stunde das Central-Postamt verlassen, nach den
Districts-Postämtern diejenigen Briefe befördern, welche in den Briefträger-
Revieren des Districts zu bestellen, d. h. den Adressaten ins Haus zu senden
sind, und auf der Rückkehr nach dem Central-Postamte diejenigen Sendungen
mitnehmen, die in den Districtsstellen ausgeliefert wurden. Dieser Beförde¬
rungsdienst ist mit minutiöser Genauigkeit regulirt. Bis 1842 bestand nur
eine sechsmalige Briefbestellung während des Tages; feit 1831 wurde dieselbe
unter Verdoppelung der Zahl der Briefträger (jetzt 440) zu einer zwölfmaligen
erweitert. Zwölfmal des Tages wird auch jede Districtsstelle von dem Brief¬
postwagen des Centralamts berührt. Außer den Briefpostcn durcheilen noch
zahlreiche Packettransporte und Geldposttransporte (Güterposten) Berlin in
allen Richtungen. Täglich kommen auf den acht Eisenbahnhöfen der Metro-


tung! Das Institut fand bei der großen Zahl seiner Mängel (namentlich
Unsicherheit und Langsamkeit) wenig Anklang und ging ein, als 1806 die
französische Armee in Berlin einrückte. Im Jahre 1823 ergriff die Postver-
waltung die Initiative zur Befriedigung des localen Verkehrsbedürfnisses, und
nach Beendigung der Vorarbeiten trat am 1. December 1827 die „Stadt-
post" zu Berlin in Wirksamkeit. An 60 Punkten in der Stadt wurden
Briefsammlungen unter Controle der Staatspostanstalt eingerichtet; die Brief¬
sammlungen nahmen Briefe jeder Art an, und beförderten solche durch Boten
fünfmal des Tages nach dem Centralpostamte, von wo entweder die Abfin¬
dung nach auswärts mit den Posten oder die Bestellung der nach Berlin
selbst gerichteten Correspondenz durch die Briefträger in's Werk gesetzt wurde.
Damals war Berlin in die bescheidene Anzahl von 36 Briefträger-Revieren
getheilt. In den Vorstädten fungirten indeß besondere Briefträger, darunter
ein „reitender." Die neue Einrichtung war das El des Columbus; sie be¬
währte sich vortrefflich und brachte schon 1828 eine Einnahme von 6593
Thalern Stadtporto; gleich in den ersten Tagen der Stadtpost wurden 3000
Briefe eingeliefert. 1832 stieg der Ertrag auf 12736 Thlr,, 1840 auf 20,000
Thlr., 18S0 auf 30,000 Thlr. Im Jahre 1870 belief sie sich auf mehr als
200,000 Thlr. Die Verwaltung versäumte im Laufe der Zeit nicht, das
Stadtpostinstitut mit der fortschreitenden Steigerung des Verkehrs zu refor-
miren. 18S1 traten an die Stelle der nicht mehr ausreichenden Briefsamm¬
lungen vollständige Districts-Posterpeditionen, und zwar außer den fünf Post¬
ämtern an den Eisenbahnhöfen noch acht Posterpcditionen an den verschiede¬
nen Verkehrsbrennpunkten der Stadt. Die Briefeinlieferung wurde durch
Aufstellung von 127 Briefkasten erleichtert, welche regelmäßig von den Districts-
Postämtern aus abgeholt bzw. geleert wurden. Zwischen den letzteren Stellen
und dem Central-Postamte in der Königsstraße richtete man eine Schnellver¬
bindung durch regelmäßig coursirende einspännige Briefposten ein, welche zehn
Minuten vor jeder vollen Stunde das Central-Postamt verlassen, nach den
Districts-Postämtern diejenigen Briefe befördern, welche in den Briefträger-
Revieren des Districts zu bestellen, d. h. den Adressaten ins Haus zu senden
sind, und auf der Rückkehr nach dem Central-Postamte diejenigen Sendungen
mitnehmen, die in den Districtsstellen ausgeliefert wurden. Dieser Beförde¬
rungsdienst ist mit minutiöser Genauigkeit regulirt. Bis 1842 bestand nur
eine sechsmalige Briefbestellung während des Tages; feit 1831 wurde dieselbe
unter Verdoppelung der Zahl der Briefträger (jetzt 440) zu einer zwölfmaligen
erweitert. Zwölfmal des Tages wird auch jede Districtsstelle von dem Brief¬
postwagen des Centralamts berührt. Außer den Briefpostcn durcheilen noch
zahlreiche Packettransporte und Geldposttransporte (Güterposten) Berlin in
allen Richtungen. Täglich kommen auf den acht Eisenbahnhöfen der Metro-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0238" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192539"/>
          <p xml:id="ID_906" prev="#ID_905" next="#ID_907"> tung! Das Institut fand bei der großen Zahl seiner Mängel (namentlich<lb/>
Unsicherheit und Langsamkeit) wenig Anklang und ging ein, als 1806 die<lb/>
französische Armee in Berlin einrückte. Im Jahre 1823 ergriff die Postver-<lb/>
waltung die Initiative zur Befriedigung des localen Verkehrsbedürfnisses, und<lb/>
nach Beendigung der Vorarbeiten trat am 1. December 1827 die &#x201E;Stadt-<lb/>
post" zu Berlin in Wirksamkeit. An 60 Punkten in der Stadt wurden<lb/>
Briefsammlungen unter Controle der Staatspostanstalt eingerichtet; die Brief¬<lb/>
sammlungen nahmen Briefe jeder Art an, und beförderten solche durch Boten<lb/>
fünfmal des Tages nach dem Centralpostamte, von wo entweder die Abfin¬<lb/>
dung nach auswärts mit den Posten oder die Bestellung der nach Berlin<lb/>
selbst gerichteten Correspondenz durch die Briefträger in's Werk gesetzt wurde.<lb/>
Damals war Berlin in die bescheidene Anzahl von 36 Briefträger-Revieren<lb/>
getheilt. In den Vorstädten fungirten indeß besondere Briefträger, darunter<lb/>
ein &#x201E;reitender." Die neue Einrichtung war das El des Columbus; sie be¬<lb/>
währte sich vortrefflich und brachte schon 1828 eine Einnahme von 6593<lb/>
Thalern Stadtporto; gleich in den ersten Tagen der Stadtpost wurden 3000<lb/>
Briefe eingeliefert. 1832 stieg der Ertrag auf 12736 Thlr,, 1840 auf 20,000<lb/>
Thlr., 18S0 auf 30,000 Thlr. Im Jahre 1870 belief sie sich auf mehr als<lb/>
200,000 Thlr. Die Verwaltung versäumte im Laufe der Zeit nicht, das<lb/>
Stadtpostinstitut mit der fortschreitenden Steigerung des Verkehrs zu refor-<lb/>
miren. 18S1 traten an die Stelle der nicht mehr ausreichenden Briefsamm¬<lb/>
lungen vollständige Districts-Posterpeditionen, und zwar außer den fünf Post¬<lb/>
ämtern an den Eisenbahnhöfen noch acht Posterpcditionen an den verschiede¬<lb/>
nen Verkehrsbrennpunkten der Stadt. Die Briefeinlieferung wurde durch<lb/>
Aufstellung von 127 Briefkasten erleichtert, welche regelmäßig von den Districts-<lb/>
Postämtern aus abgeholt bzw. geleert wurden. Zwischen den letzteren Stellen<lb/>
und dem Central-Postamte in der Königsstraße richtete man eine Schnellver¬<lb/>
bindung durch regelmäßig coursirende einspännige Briefposten ein, welche zehn<lb/>
Minuten vor jeder vollen Stunde das Central-Postamt verlassen, nach den<lb/>
Districts-Postämtern diejenigen Briefe befördern, welche in den Briefträger-<lb/>
Revieren des Districts zu bestellen, d. h. den Adressaten ins Haus zu senden<lb/>
sind, und auf der Rückkehr nach dem Central-Postamte diejenigen Sendungen<lb/>
mitnehmen, die in den Districtsstellen ausgeliefert wurden. Dieser Beförde¬<lb/>
rungsdienst ist mit minutiöser Genauigkeit regulirt. Bis 1842 bestand nur<lb/>
eine sechsmalige Briefbestellung während des Tages; feit 1831 wurde dieselbe<lb/>
unter Verdoppelung der Zahl der Briefträger (jetzt 440) zu einer zwölfmaligen<lb/>
erweitert. Zwölfmal des Tages wird auch jede Districtsstelle von dem Brief¬<lb/>
postwagen des Centralamts berührt. Außer den Briefpostcn durcheilen noch<lb/>
zahlreiche Packettransporte und Geldposttransporte (Güterposten) Berlin in<lb/>
allen Richtungen. Täglich kommen auf den acht Eisenbahnhöfen der Metro-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0238] tung! Das Institut fand bei der großen Zahl seiner Mängel (namentlich Unsicherheit und Langsamkeit) wenig Anklang und ging ein, als 1806 die französische Armee in Berlin einrückte. Im Jahre 1823 ergriff die Postver- waltung die Initiative zur Befriedigung des localen Verkehrsbedürfnisses, und nach Beendigung der Vorarbeiten trat am 1. December 1827 die „Stadt- post" zu Berlin in Wirksamkeit. An 60 Punkten in der Stadt wurden Briefsammlungen unter Controle der Staatspostanstalt eingerichtet; die Brief¬ sammlungen nahmen Briefe jeder Art an, und beförderten solche durch Boten fünfmal des Tages nach dem Centralpostamte, von wo entweder die Abfin¬ dung nach auswärts mit den Posten oder die Bestellung der nach Berlin selbst gerichteten Correspondenz durch die Briefträger in's Werk gesetzt wurde. Damals war Berlin in die bescheidene Anzahl von 36 Briefträger-Revieren getheilt. In den Vorstädten fungirten indeß besondere Briefträger, darunter ein „reitender." Die neue Einrichtung war das El des Columbus; sie be¬ währte sich vortrefflich und brachte schon 1828 eine Einnahme von 6593 Thalern Stadtporto; gleich in den ersten Tagen der Stadtpost wurden 3000 Briefe eingeliefert. 1832 stieg der Ertrag auf 12736 Thlr,, 1840 auf 20,000 Thlr., 18S0 auf 30,000 Thlr. Im Jahre 1870 belief sie sich auf mehr als 200,000 Thlr. Die Verwaltung versäumte im Laufe der Zeit nicht, das Stadtpostinstitut mit der fortschreitenden Steigerung des Verkehrs zu refor- miren. 18S1 traten an die Stelle der nicht mehr ausreichenden Briefsamm¬ lungen vollständige Districts-Posterpeditionen, und zwar außer den fünf Post¬ ämtern an den Eisenbahnhöfen noch acht Posterpcditionen an den verschiede¬ nen Verkehrsbrennpunkten der Stadt. Die Briefeinlieferung wurde durch Aufstellung von 127 Briefkasten erleichtert, welche regelmäßig von den Districts- Postämtern aus abgeholt bzw. geleert wurden. Zwischen den letzteren Stellen und dem Central-Postamte in der Königsstraße richtete man eine Schnellver¬ bindung durch regelmäßig coursirende einspännige Briefposten ein, welche zehn Minuten vor jeder vollen Stunde das Central-Postamt verlassen, nach den Districts-Postämtern diejenigen Briefe befördern, welche in den Briefträger- Revieren des Districts zu bestellen, d. h. den Adressaten ins Haus zu senden sind, und auf der Rückkehr nach dem Central-Postamte diejenigen Sendungen mitnehmen, die in den Districtsstellen ausgeliefert wurden. Dieser Beförde¬ rungsdienst ist mit minutiöser Genauigkeit regulirt. Bis 1842 bestand nur eine sechsmalige Briefbestellung während des Tages; feit 1831 wurde dieselbe unter Verdoppelung der Zahl der Briefträger (jetzt 440) zu einer zwölfmaligen erweitert. Zwölfmal des Tages wird auch jede Districtsstelle von dem Brief¬ postwagen des Centralamts berührt. Außer den Briefpostcn durcheilen noch zahlreiche Packettransporte und Geldposttransporte (Güterposten) Berlin in allen Richtungen. Täglich kommen auf den acht Eisenbahnhöfen der Metro-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/238
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/238>, abgerufen am 05.02.2025.