Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.deines und Simonis das Gift, das sie mit sich führten. Es schien ihnen Die Insel ward von dem Euphrat und Tigris an der Stelle, wo beide Von den Söhnen dieser Priesterfamilie der Aphrodite starb Tigris davon, Die beiden Knaben Tigris und Euphrates sahen einander sehr ähnlich und Aber Damas erfuhr, was sich mit Nhodanes zugetragen und wie So¬ deines und Simonis das Gift, das sie mit sich führten. Es schien ihnen Die Insel ward von dem Euphrat und Tigris an der Stelle, wo beide Von den Söhnen dieser Priesterfamilie der Aphrodite starb Tigris davon, Die beiden Knaben Tigris und Euphrates sahen einander sehr ähnlich und Aber Damas erfuhr, was sich mit Nhodanes zugetragen und wie So¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0214" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192515"/> <p xml:id="ID_799" prev="#ID_798"> deines und Simonis das Gift, das sie mit sich führten. Es schien ihnen<lb/> besser zu sterben, als den Garmos zu sehen. Sorächos erfuhr durch eine<lb/> Dienerin ihre Absicht. Er goß deßhalb heimlich das tödtliche Gift aus, und<lb/> füllte den Becher mit einem Schlaftrünke. Als sie nun denselben getrunken<lb/> hatten und in tiefen Schlaf versunken waren, ließ er sie aus einen Wagen<lb/> setzen und fuhr mit ihnen gen Babylon. In der Nähe der Stadt wurde<lb/> Nhodanes durch ein Traumbild erschreckt, schrie auf und weckte die Simonis.<lb/> Als diese die Mauern von Babylon erblickte, stieß sie sich mit dem Schwert<lb/> gegen die Brust. Da fragte Sorächos nach ihrer ganzen Geschichte und jene<lb/> ließen ihn versprechen, sie nicht zu verrathen, und erzählten ihm Alles, und<lb/> er ließ sie frei und zeigte ihnen als Zufluchtsort das Heiligthum der Aphro¬<lb/> dite auf einer kleinen Insel, wo sich Simonis ihre Wunde heilen lassen sollte. —</p><lb/> <p xml:id="ID_800"> Die Insel ward von dem Euphrat und Tigris an der Stelle, wo beide<lb/> zusammenfließen, gebildet und von diesen beiden großen Strömen rings um-<lb/> flossen. Der Priester des Tempels der Aphrodite, welcher sich auf dieser Insel<lb/> befand, hatte drei Kinder: Euphrates. Tigris und Mesopotamia. Mesopota-<lb/> mia war ursprünglich häßlich, von Aphrodite aber zu einer großen Schönheit<lb/> umgestaltet worden. Um sie stritten sich drei Liebhaber, welche endlich den<lb/> Bochoros, den besten Richter jener Zeit, zum Schiedsrichter auserkoren. Die<lb/> Streitenden erhielten folgenden Schiedsspruch: Dem Einen sollte Mesopotamia<lb/> den Becher geben, aus welchem sie gewöhnlich trank; dann sollte sie ihren<lb/> Blumenkranz vom Haupte nehmen und ihn dem Andern aufsetzen; den Dritten<lb/> sollte sie küssen. Obwohl nun der, dem sie den Kuß gegeben, den Sieg da¬<lb/> von getragen hatte, so setzten die drei Nebenbuhler doch den Streit so lange<lb/> fort, bis sie sich gegenseitig getödtet hatten.</p><lb/> <p xml:id="ID_801"> Von den Söhnen dieser Priesterfamilie der Aphrodite starb Tigris davon,<lb/> daß er Rosen genascht hatte: es hatte nämlich unter den noch nicht entfalte¬<lb/> ten Rosenblättern eine Kantharide gesessen. Die Mutter des Knaben wendete<lb/> magische Kunst an und glaubte, dadurch ihren Sohn zu einem Halbgott ge¬<lb/> macht zu haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_802"> Die beiden Knaben Tigris und Euphrates sahen einander sehr ähnlich und<lb/> beiden sah wiederum Nhodanes ähnlich. Als daher Nhodanes und Simonis<lb/> auf der Insel ankamen, so schrie die Mutter des Tigris bei seinem Anblick<lb/> laut auf, ihr verstorbener Sohn sei wieder auferstanden. Nhodanes bejahte<lb/> das und machte sich die Einfalt der Jnselbewohner zu Nutze. —</p><lb/> <p xml:id="ID_803" next="#ID_804"> Aber Damas erfuhr, was sich mit Nhodanes zugetragen und wie So¬<lb/> rächos an ihm gehandelt hatte. Denn der Arzt selbst, den Sorächos heimlich<lb/> zur Heilung der Wunde der Simonis abgeschickt, hatte Alles dem Garmos<lb/> verrathen. Sorächos ward verhaftet und gen Babylon geführt. Der ver-<lb/> rätherische Arzt selbst ward mit einem Schreiben an den Priester der Aphro-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0214]
deines und Simonis das Gift, das sie mit sich führten. Es schien ihnen
besser zu sterben, als den Garmos zu sehen. Sorächos erfuhr durch eine
Dienerin ihre Absicht. Er goß deßhalb heimlich das tödtliche Gift aus, und
füllte den Becher mit einem Schlaftrünke. Als sie nun denselben getrunken
hatten und in tiefen Schlaf versunken waren, ließ er sie aus einen Wagen
setzen und fuhr mit ihnen gen Babylon. In der Nähe der Stadt wurde
Nhodanes durch ein Traumbild erschreckt, schrie auf und weckte die Simonis.
Als diese die Mauern von Babylon erblickte, stieß sie sich mit dem Schwert
gegen die Brust. Da fragte Sorächos nach ihrer ganzen Geschichte und jene
ließen ihn versprechen, sie nicht zu verrathen, und erzählten ihm Alles, und
er ließ sie frei und zeigte ihnen als Zufluchtsort das Heiligthum der Aphro¬
dite auf einer kleinen Insel, wo sich Simonis ihre Wunde heilen lassen sollte. —
Die Insel ward von dem Euphrat und Tigris an der Stelle, wo beide
zusammenfließen, gebildet und von diesen beiden großen Strömen rings um-
flossen. Der Priester des Tempels der Aphrodite, welcher sich auf dieser Insel
befand, hatte drei Kinder: Euphrates. Tigris und Mesopotamia. Mesopota-
mia war ursprünglich häßlich, von Aphrodite aber zu einer großen Schönheit
umgestaltet worden. Um sie stritten sich drei Liebhaber, welche endlich den
Bochoros, den besten Richter jener Zeit, zum Schiedsrichter auserkoren. Die
Streitenden erhielten folgenden Schiedsspruch: Dem Einen sollte Mesopotamia
den Becher geben, aus welchem sie gewöhnlich trank; dann sollte sie ihren
Blumenkranz vom Haupte nehmen und ihn dem Andern aufsetzen; den Dritten
sollte sie küssen. Obwohl nun der, dem sie den Kuß gegeben, den Sieg da¬
von getragen hatte, so setzten die drei Nebenbuhler doch den Streit so lange
fort, bis sie sich gegenseitig getödtet hatten.
Von den Söhnen dieser Priesterfamilie der Aphrodite starb Tigris davon,
daß er Rosen genascht hatte: es hatte nämlich unter den noch nicht entfalte¬
ten Rosenblättern eine Kantharide gesessen. Die Mutter des Knaben wendete
magische Kunst an und glaubte, dadurch ihren Sohn zu einem Halbgott ge¬
macht zu haben.
Die beiden Knaben Tigris und Euphrates sahen einander sehr ähnlich und
beiden sah wiederum Nhodanes ähnlich. Als daher Nhodanes und Simonis
auf der Insel ankamen, so schrie die Mutter des Tigris bei seinem Anblick
laut auf, ihr verstorbener Sohn sei wieder auferstanden. Nhodanes bejahte
das und machte sich die Einfalt der Jnselbewohner zu Nutze. —
Aber Damas erfuhr, was sich mit Nhodanes zugetragen und wie So¬
rächos an ihm gehandelt hatte. Denn der Arzt selbst, den Sorächos heimlich
zur Heilung der Wunde der Simonis abgeschickt, hatte Alles dem Garmos
verrathen. Sorächos ward verhaftet und gen Babylon geführt. Der ver-
rätherische Arzt selbst ward mit einem Schreiben an den Priester der Aphro-
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