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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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und andere mehr! Meine gu. Herren aus dem Kloster in die Kirchen sehr
weit haben, und ist nicht geringer, als aus dem Schloß Wolgast bis an den
Wolgastischen Gottesacker. Wenn's regnet ist es ziemlich unstetig und kothig!"

Um die Ehre des Hauses zu wahren, sendet Herzog Johann Friedrich
bei nächster Gelegenheit die Marderfutter und erlaubt seinen Brüdern, den
Seiden-Atlas dazu von Nickel Kufner, dem berühmten Handelsherrn in
Leipzig, zu entnehmen. Die gewünschten "Klöpffer" werden den fürstlichen
Studenten aber nur unter der Bedingung versprochen: "daß die Herrn nicht
weiter, als in der Stadt, zur Kirchen und sonst des Reitens sie gebrauchen,
damit E. Liebden kein Unfall, Schaden oder Nachtheil widerfahre" -- woraus
der Hofmeister und Magister fleißig Aufmerkung haben sollen.

Die feierliche Jnscription der jungen Fürsten gibt zu solennen Lustbar¬
keiten Anlaß. Zum "Görlitzer Hause" -- wo schon Luther und seine Freunde
gern fröhlich waren -- wird ein festliches Gelag veranstaltet, bei dem
auch die Professoren-Frauen und Töchter zugegen sind und mit den Studen¬
ten wacker tanzen. Maskirte Umzüge, öffentliche Redeacte mit obligaten
Schmausereien, Comödien und Mufikgesellschaften, Landpartien und sonstige
Kurzweil wechseln lustig mit einander ab. Mit der ganzen Unbefangenheit
und Frohsinnigkeit unverdorbener Gemüther geben sich die fürstlichen jungen
Studenten dem Reiz des neuen Lebens hin. Der Wittenberger Himmel hängt
ihnen voll eitel goldner Geigen.

Studenten und Professoren beeifern sich, I. F. G. ihre Dienste anzu¬
bieten und sich ihnen angenehm zu machen -- um sie nebenbei ein wenig zu
schröpfen. Doctor Paulus Eberus schenkt ihnen seine Confession de s-iera-
insuw, schön in Gold gebunden, D. Caspar Peucerus. der Tochtermann
Philippi (Melanchthons), dem Herzog Barnim einen anzutun .isti'mwmicum
aus gutem Golde und dem Herzog Ernst Ludwig einen Sonnenzeiger von
Perlmutter, -- Magister Sebastianus Frvschell seine Predigten von den
Engeln und Teufeln, auch seinen Katechismus, schön in Gold gebunden,
3 Exemplare -- eins für die Herzogin Maria; und D. Kracow gar ein Faß
Zerbster Bier. Später ladet D. Kracow I. F. G. zum Gastmahl und gibt
ihnen dabei ziemlich deutlich zu verstehn, er erwarte, daß sie ihn für all' seine
Aufmerksamkeiten mit einem guten Pommerschen Klepper bedenken möchten,
dessen er zu seiner Reise an den Kurfürstlichen Hof gar zu benöthigt sei. --
Ein Anhaltischer Rentmeister rühmt ihnen seinen in Witrenverg studirenden
Sohn zur Aufnahme in ihr Haus: er schreibe eine reinliche Handschrift und
habe etwas auf der Laute gelernt!

Als Gegengeschenk an die Professoren schickt der regierende Herzog aus
Pommern -- Ochsen und getrocknete Fische, wie schon Herzog Philipp seinem
Freunde Melanchthon für Dedicationen verehrt hatte. Für die Inseription


und andere mehr! Meine gu. Herren aus dem Kloster in die Kirchen sehr
weit haben, und ist nicht geringer, als aus dem Schloß Wolgast bis an den
Wolgastischen Gottesacker. Wenn's regnet ist es ziemlich unstetig und kothig!"

Um die Ehre des Hauses zu wahren, sendet Herzog Johann Friedrich
bei nächster Gelegenheit die Marderfutter und erlaubt seinen Brüdern, den
Seiden-Atlas dazu von Nickel Kufner, dem berühmten Handelsherrn in
Leipzig, zu entnehmen. Die gewünschten „Klöpffer" werden den fürstlichen
Studenten aber nur unter der Bedingung versprochen: „daß die Herrn nicht
weiter, als in der Stadt, zur Kirchen und sonst des Reitens sie gebrauchen,
damit E. Liebden kein Unfall, Schaden oder Nachtheil widerfahre" — woraus
der Hofmeister und Magister fleißig Aufmerkung haben sollen.

Die feierliche Jnscription der jungen Fürsten gibt zu solennen Lustbar¬
keiten Anlaß. Zum „Görlitzer Hause" — wo schon Luther und seine Freunde
gern fröhlich waren — wird ein festliches Gelag veranstaltet, bei dem
auch die Professoren-Frauen und Töchter zugegen sind und mit den Studen¬
ten wacker tanzen. Maskirte Umzüge, öffentliche Redeacte mit obligaten
Schmausereien, Comödien und Mufikgesellschaften, Landpartien und sonstige
Kurzweil wechseln lustig mit einander ab. Mit der ganzen Unbefangenheit
und Frohsinnigkeit unverdorbener Gemüther geben sich die fürstlichen jungen
Studenten dem Reiz des neuen Lebens hin. Der Wittenberger Himmel hängt
ihnen voll eitel goldner Geigen.

Studenten und Professoren beeifern sich, I. F. G. ihre Dienste anzu¬
bieten und sich ihnen angenehm zu machen — um sie nebenbei ein wenig zu
schröpfen. Doctor Paulus Eberus schenkt ihnen seine Confession de s-iera-
insuw, schön in Gold gebunden, D. Caspar Peucerus. der Tochtermann
Philippi (Melanchthons), dem Herzog Barnim einen anzutun .isti'mwmicum
aus gutem Golde und dem Herzog Ernst Ludwig einen Sonnenzeiger von
Perlmutter, — Magister Sebastianus Frvschell seine Predigten von den
Engeln und Teufeln, auch seinen Katechismus, schön in Gold gebunden,
3 Exemplare — eins für die Herzogin Maria; und D. Kracow gar ein Faß
Zerbster Bier. Später ladet D. Kracow I. F. G. zum Gastmahl und gibt
ihnen dabei ziemlich deutlich zu verstehn, er erwarte, daß sie ihn für all' seine
Aufmerksamkeiten mit einem guten Pommerschen Klepper bedenken möchten,
dessen er zu seiner Reise an den Kurfürstlichen Hof gar zu benöthigt sei. —
Ein Anhaltischer Rentmeister rühmt ihnen seinen in Witrenverg studirenden
Sohn zur Aufnahme in ihr Haus: er schreibe eine reinliche Handschrift und
habe etwas auf der Laute gelernt!

Als Gegengeschenk an die Professoren schickt der regierende Herzog aus
Pommern — Ochsen und getrocknete Fische, wie schon Herzog Philipp seinem
Freunde Melanchthon für Dedicationen verehrt hatte. Für die Inseription


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/20>, abgerufen am 05.02.2025.