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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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behaupten und in den weitesten Kreisen unserer gebildeten Welt die ihm ge¬
bührende Achtung und Anerkennung sich erwerben.

Mit der diplomatischen geht die militärische Geschichte Hand in Hand:
die Feldzüge selbst werden so weit erzählt, als es zur Beurtheilung der Si¬
tuation nothwendig ist. Dem Leser werden von dem nichtmilitärischen Schrift¬
steller nicht ungebührlich viel militärische Details zugemuthet. Die lichtvolle
Erläuterung der handelspolitischen Situation ist ein Seitenstück zu der mili¬
tärischen Geschichte: der Verfasser zeigt, daß alles, was zu seiner Aufgabe
von kriegsgeschichtlicher und nationalökonomischer Seite beigebracht werden
kann, ihm geläufig ist; und seine Meisterschaft über den Stoff verräth sich
dabei in der maßvollen und übersichtlichen Auswahl der hierhin gehörenden
Details, in der Gruppirung der von anderen verwandten Wissenschaften ent¬
lehnten Kenntnisse.

Einfach und klar, überzeugend und logisch ist die Anordnung des Gan¬
zen: das Knochengerippe einer guten Disposition trägt die Ausführung des
Einzelnen. Mit sicherer Hand ist jedem Abschnitt und jedem Detail der ihm
gebührende Platz angewiesen. Dagegen dürfen wir eine Ausstellung nicht
unterdrücken, deren Vorhandensein leider zugegeben werden muß; und das ist
der unebene, wenig geglättete und gesellte Styl des Verfassers. Irren wir
nicht, so hängt dieser Mangel gerade mit einem Vorzuge seiner Natur zu¬
sammen. Der Gedankenreichthum des Verfassers, die Fülle von Beziehungen
und Anspielungen, die sich ihm unwillkürlich in seinen einzelnen Satz hinein¬
zudrängen scheinen, dürfte wohl der Grund davon sein, daß es bisweilen
schwer ist, in einem Zuge größere Partien zu lesen: wer die Mühe nicht
scheuet, manchen Satz zu wiederholen, der wird sich reichlich belohnt finden
durch die originellen und selbstständigen Jdeenverbindungen, die dann erst
recht sichtbar werden. Niemand sollte sich von der Lectüre des Buches durch
diese stylistischen Anstöße wegschrecken lassen: reiche Belehrung und unverhoff¬
ten Genuß aris ihm stehen wir nicht an zu garantiren. Möchte in der Fort¬
setzung seines Werkes, hoffentlich auch in zweiter Auflage des ersten Bandes
der geehrte Autor diese eine Schwäche zu beseitigen keine Mühe scheuen: so
wird er sein Werk zu einem ganz vollkommenen zu gestalten im Stande sein.


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behaupten und in den weitesten Kreisen unserer gebildeten Welt die ihm ge¬
bührende Achtung und Anerkennung sich erwerben.

Mit der diplomatischen geht die militärische Geschichte Hand in Hand:
die Feldzüge selbst werden so weit erzählt, als es zur Beurtheilung der Si¬
tuation nothwendig ist. Dem Leser werden von dem nichtmilitärischen Schrift¬
steller nicht ungebührlich viel militärische Details zugemuthet. Die lichtvolle
Erläuterung der handelspolitischen Situation ist ein Seitenstück zu der mili¬
tärischen Geschichte: der Verfasser zeigt, daß alles, was zu seiner Aufgabe
von kriegsgeschichtlicher und nationalökonomischer Seite beigebracht werden
kann, ihm geläufig ist; und seine Meisterschaft über den Stoff verräth sich
dabei in der maßvollen und übersichtlichen Auswahl der hierhin gehörenden
Details, in der Gruppirung der von anderen verwandten Wissenschaften ent¬
lehnten Kenntnisse.

Einfach und klar, überzeugend und logisch ist die Anordnung des Gan¬
zen: das Knochengerippe einer guten Disposition trägt die Ausführung des
Einzelnen. Mit sicherer Hand ist jedem Abschnitt und jedem Detail der ihm
gebührende Platz angewiesen. Dagegen dürfen wir eine Ausstellung nicht
unterdrücken, deren Vorhandensein leider zugegeben werden muß; und das ist
der unebene, wenig geglättete und gesellte Styl des Verfassers. Irren wir
nicht, so hängt dieser Mangel gerade mit einem Vorzuge seiner Natur zu¬
sammen. Der Gedankenreichthum des Verfassers, die Fülle von Beziehungen
und Anspielungen, die sich ihm unwillkürlich in seinen einzelnen Satz hinein¬
zudrängen scheinen, dürfte wohl der Grund davon sein, daß es bisweilen
schwer ist, in einem Zuge größere Partien zu lesen: wer die Mühe nicht
scheuet, manchen Satz zu wiederholen, der wird sich reichlich belohnt finden
durch die originellen und selbstständigen Jdeenverbindungen, die dann erst
recht sichtbar werden. Niemand sollte sich von der Lectüre des Buches durch
diese stylistischen Anstöße wegschrecken lassen: reiche Belehrung und unverhoff¬
ten Genuß aris ihm stehen wir nicht an zu garantiren. Möchte in der Fort¬
setzung seines Werkes, hoffentlich auch in zweiter Auflage des ersten Bandes
der geehrte Autor diese eine Schwäche zu beseitigen keine Mühe scheuen: so
wird er sein Werk zu einem ganz vollkommenen zu gestalten im Stande sein.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/195>, abgerufen am 05.02.2025.