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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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von Damenhandschuhen, besonders der Daumentheile benutzen; auch der Hut¬
macher verschmäht nicht die Nattenfelle, die bei ihm dann die Rolle von
Biberfellen spielen.

Am Schluß dieser kleinen Rattologic kann ich nicht umhin, auch noch
der Rattenfänger und der Rattenkämpfe zu gedenken. Mayhow gibt uns in
seinem berühmten Werke "Loulou lÄdour tua I^onäcm 1'vor die Resultate
seiner Nachforschungen betreffs der Nattenpits (Ort, wo die Rattenkämpfe statt¬
finden), und der Ratten welche jährlich dort umgebracht werden. Er sagt:
es gibt in London vierzig öffentliche Rattenvits, die hauptsächlichen in Bier¬
häusern (public IwriLW). In jedem derselben werden wöchentlich gegen zwan¬
zig getödtet, was gegen 1000 jährlich ausmacht, oder eine Gesammt-
summe von 54,080 Ratten, welche jährlich in den Rattenkämpfen fallen. Er
constatirt ferner, daß er aus ganz sicherer Quelle erfahren habe, daß jährlich
in den privaten und öffentlichen Kämpfen gegen 104,000 ihr Leben lassen
müssen. Hierbei muß bemerkt werden, daß fast sämmtliche Thiere Feldratten
find, Kloakratten werden wegen eines möglichen giftigen Bisses nur sehr
selten bei den Kämpfen zugelassen -- die meistens von Gärtnern und kleinen
Farmern nach London gebracht werden. Londoner Rattenfänger gibt es etwa
fünfundzwanzig. Die Häupter unter ihnen sind die Herren Shaw und sadin
die sich rühmen, jeder jährlich zwischen 8-0000 Ratten zu fangen. Man
kann bei diesen Matadoren der Nattenfängerzunft 500--1000 Exemplare
zum Verkauf vorräthig finden und beide zahlen den Landleuten für den An¬
kauf derselben mehr als 200 Pfd. Sterl., also gegen 1400 Thlr. jährlich.
Zu weit würde hier sühren, wollten wir näher auf die Rattenkämpfe eingehen
und die Hunde und deren Dressur beschreiben, die in diesen Wettkämpfen neben
dem Frettchen eine Hauptrolle spielen.

Von den Provinzen ist Schottland, besonders in den kleinen Städten an
der Küste, wo" die rothen Heringe ausgenommen werden, von diesem Unge¬
ziefer überschwemmt. Hier leben sie zwischen Steinhaufen und in Felsenlöchern
am Meeresufer und kommen des Nachts in unzähligen Schaaren hervor, um
die stinkenden Fischüberreste zu fressen. Wenn die Fischzeit vorüber ist, so
ziehen diese Horden in dichten Massen davon. Einem Feinde gleich, der in
fremdes Gebiet einfällt, verbreiten sie sich über die Dörfer, Farmhäuser und
Korndiemen der Nachbarschaft; wenn aber die Zeit des Fischfanges wieder be¬
ginnt, fo erscheinen auch sie wieder an ihrer gewohnten Stätte, denn ihr
niemals irrender Jnstinct hat ihnen die rechte Zeit ihrer Ernte verkündet.


H. Ba-g.


von Damenhandschuhen, besonders der Daumentheile benutzen; auch der Hut¬
macher verschmäht nicht die Nattenfelle, die bei ihm dann die Rolle von
Biberfellen spielen.

Am Schluß dieser kleinen Rattologic kann ich nicht umhin, auch noch
der Rattenfänger und der Rattenkämpfe zu gedenken. Mayhow gibt uns in
seinem berühmten Werke „Loulou lÄdour tua I^onäcm 1'vor die Resultate
seiner Nachforschungen betreffs der Nattenpits (Ort, wo die Rattenkämpfe statt¬
finden), und der Ratten welche jährlich dort umgebracht werden. Er sagt:
es gibt in London vierzig öffentliche Rattenvits, die hauptsächlichen in Bier¬
häusern (public IwriLW). In jedem derselben werden wöchentlich gegen zwan¬
zig getödtet, was gegen 1000 jährlich ausmacht, oder eine Gesammt-
summe von 54,080 Ratten, welche jährlich in den Rattenkämpfen fallen. Er
constatirt ferner, daß er aus ganz sicherer Quelle erfahren habe, daß jährlich
in den privaten und öffentlichen Kämpfen gegen 104,000 ihr Leben lassen
müssen. Hierbei muß bemerkt werden, daß fast sämmtliche Thiere Feldratten
find, Kloakratten werden wegen eines möglichen giftigen Bisses nur sehr
selten bei den Kämpfen zugelassen — die meistens von Gärtnern und kleinen
Farmern nach London gebracht werden. Londoner Rattenfänger gibt es etwa
fünfundzwanzig. Die Häupter unter ihnen sind die Herren Shaw und sadin
die sich rühmen, jeder jährlich zwischen 8-0000 Ratten zu fangen. Man
kann bei diesen Matadoren der Nattenfängerzunft 500—1000 Exemplare
zum Verkauf vorräthig finden und beide zahlen den Landleuten für den An¬
kauf derselben mehr als 200 Pfd. Sterl., also gegen 1400 Thlr. jährlich.
Zu weit würde hier sühren, wollten wir näher auf die Rattenkämpfe eingehen
und die Hunde und deren Dressur beschreiben, die in diesen Wettkämpfen neben
dem Frettchen eine Hauptrolle spielen.

Von den Provinzen ist Schottland, besonders in den kleinen Städten an
der Küste, wo" die rothen Heringe ausgenommen werden, von diesem Unge¬
ziefer überschwemmt. Hier leben sie zwischen Steinhaufen und in Felsenlöchern
am Meeresufer und kommen des Nachts in unzähligen Schaaren hervor, um
die stinkenden Fischüberreste zu fressen. Wenn die Fischzeit vorüber ist, so
ziehen diese Horden in dichten Massen davon. Einem Feinde gleich, der in
fremdes Gebiet einfällt, verbreiten sie sich über die Dörfer, Farmhäuser und
Korndiemen der Nachbarschaft; wenn aber die Zeit des Fischfanges wieder be¬
ginnt, fo erscheinen auch sie wieder an ihrer gewohnten Stätte, denn ihr
niemals irrender Jnstinct hat ihnen die rechte Zeit ihrer Ernte verkündet.


H. Ba-g.


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[0191] von Damenhandschuhen, besonders der Daumentheile benutzen; auch der Hut¬ macher verschmäht nicht die Nattenfelle, die bei ihm dann die Rolle von Biberfellen spielen. Am Schluß dieser kleinen Rattologic kann ich nicht umhin, auch noch der Rattenfänger und der Rattenkämpfe zu gedenken. Mayhow gibt uns in seinem berühmten Werke „Loulou lÄdour tua I^onäcm 1'vor die Resultate seiner Nachforschungen betreffs der Nattenpits (Ort, wo die Rattenkämpfe statt¬ finden), und der Ratten welche jährlich dort umgebracht werden. Er sagt: es gibt in London vierzig öffentliche Rattenvits, die hauptsächlichen in Bier¬ häusern (public IwriLW). In jedem derselben werden wöchentlich gegen zwan¬ zig getödtet, was gegen 1000 jährlich ausmacht, oder eine Gesammt- summe von 54,080 Ratten, welche jährlich in den Rattenkämpfen fallen. Er constatirt ferner, daß er aus ganz sicherer Quelle erfahren habe, daß jährlich in den privaten und öffentlichen Kämpfen gegen 104,000 ihr Leben lassen müssen. Hierbei muß bemerkt werden, daß fast sämmtliche Thiere Feldratten find, Kloakratten werden wegen eines möglichen giftigen Bisses nur sehr selten bei den Kämpfen zugelassen — die meistens von Gärtnern und kleinen Farmern nach London gebracht werden. Londoner Rattenfänger gibt es etwa fünfundzwanzig. Die Häupter unter ihnen sind die Herren Shaw und sadin die sich rühmen, jeder jährlich zwischen 8-0000 Ratten zu fangen. Man kann bei diesen Matadoren der Nattenfängerzunft 500—1000 Exemplare zum Verkauf vorräthig finden und beide zahlen den Landleuten für den An¬ kauf derselben mehr als 200 Pfd. Sterl., also gegen 1400 Thlr. jährlich. Zu weit würde hier sühren, wollten wir näher auf die Rattenkämpfe eingehen und die Hunde und deren Dressur beschreiben, die in diesen Wettkämpfen neben dem Frettchen eine Hauptrolle spielen. Von den Provinzen ist Schottland, besonders in den kleinen Städten an der Küste, wo" die rothen Heringe ausgenommen werden, von diesem Unge¬ ziefer überschwemmt. Hier leben sie zwischen Steinhaufen und in Felsenlöchern am Meeresufer und kommen des Nachts in unzähligen Schaaren hervor, um die stinkenden Fischüberreste zu fressen. Wenn die Fischzeit vorüber ist, so ziehen diese Horden in dichten Massen davon. Einem Feinde gleich, der in fremdes Gebiet einfällt, verbreiten sie sich über die Dörfer, Farmhäuser und Korndiemen der Nachbarschaft; wenn aber die Zeit des Fischfanges wieder be¬ ginnt, fo erscheinen auch sie wieder an ihrer gewohnten Stätte, denn ihr niemals irrender Jnstinct hat ihnen die rechte Zeit ihrer Ernte verkündet. H. Ba-g.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/191>, abgerufen am 05.02.2025.