Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.ren Mächte hatten nach ihrer Convenienz den Besitz eines kleineren Fürsten War das ein Resultat, das Bestand haben konnte, mit dem Ferdinand Es ist gar nicht zu verkennen, diese Annexion von Süditalien an das Auf der heimischen Halbinsel war inzwischen die Verschmelzung Castiliens ren Mächte hatten nach ihrer Convenienz den Besitz eines kleineren Fürsten War das ein Resultat, das Bestand haben konnte, mit dem Ferdinand Es ist gar nicht zu verkennen, diese Annexion von Süditalien an das Auf der heimischen Halbinsel war inzwischen die Verschmelzung Castiliens <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0175" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192476"/> <p xml:id="ID_682" prev="#ID_681"> ren Mächte hatten nach ihrer Convenienz den Besitz eines kleineren Fürsten<lb/> unter sich völlig getheilt. Ueber den Schwächeren waren ganz unprovocirt<lb/> die Stärkeren hergefallen und hatten ihn sich unterworfen.</p><lb/> <p xml:id="ID_683"> War das ein Resultat, das Bestand haben konnte, mit dem Ferdinand<lb/> sich begnügen durfte? Nicht lange dauerte der Friede und die Freundschaft.<lb/> Die Spanier wußten es einzurichten, daß sie in Neapel das numerische Ueber¬<lb/> gewicht über die französischen Truppen erlangten: ihr erster Feldherr, Gonzalo<lb/> de Cordova, führte den Befehl. Eine Zeit lang stand man ruhig neben ein¬<lb/> ander; inzwischen bereitete man die Lösung mit großer Umsicht und Behut¬<lb/> samkeit vor. Plötzlich gab es Streit zwischen den Soldaten der beiden Na¬<lb/> tionen: den Anlaß benutzten die Spanier: trotz tapferster Gegenwehr schlugen<lb/> sie die Franzosen zum Lande hinaus und überwältigten auch den Rest des<lb/> Königreiches, der ihnen bis dahin gefehlt. Und Ferdinand ist nun auch Kö¬<lb/> nig der beiden Sicilien geblieben; trotz der baroken Weise seines Eintrittes,<lb/> trotz der naiven Brutalität gegen seinen Mitbesitzer hat seine Herrschaft sich<lb/> behauptet: Frankreich hat in die vollendete Thatsache später sich zu fügen<lb/> gehabt.</p><lb/> <p xml:id="ID_684"> Es ist gar nicht zu verkennen, diese Annexion von Süditalien an das<lb/> spanische Reich ist vornehmlich durch die persönliche Geschicklichkeit Ferdinand's<lb/> Zu Wege gebracht. Indem er jede Gelegenheit, die sich bot, ausnutzte, indem<lb/> er jedes verfügbare Mittel ganz rücksichtslos verwerthete, hat er diesen Macht-<lb/> Suwachs Spaniens vollendet. Wie er dabei im einzelnen Augenblicke die<lb/> europäischen Gegensätze und Rivalitäten sich dienstbar gemacht, dies ist hier<lb/> aus einander zu setzen nicht möglich — im großen haben wir die Richtungen<lb/> bezeichnet, innerhalb deren er agirt, und die Mittel angedeutet, mit denen<lb/> ^ operirt.</p><lb/> <p xml:id="ID_685"> Auf der heimischen Halbinsel war inzwischen die Verschmelzung Castiliens<lb/> Und Aragons zu einer politischen Einheit mächtig gefördert, ein spanisches<lb/> ^ationalgefühl in den Kriegen gegen Granada und Frankreich und in Ita¬<lb/> lien, in den beutereichen Seefahrten über's Weltmeer erwacht und gehoben.<lb/> Was diesseit der Pyrenäen noch selbstständig war, durfte man hoffen auch<lb/> Uvah hinzuzugewinnen. Navarra war keinen Augenblick vor drohendem Ueber-<lb/> fall sicher-, ewe spanische Partei wurde daselbst von den Spaniern fortwährend<lb/> Unterhalten und gefördert. Mit Portugal stand es etwas anders: an eine<lb/> Eroberung dieses Königreiches war nicht zu denken, aber die vielfache und<lb/> Ununterbrochene Verflechtung der portugiesischen mit der spanischen Geschichte<lb/> ^atte bis dahin innere Schwierigkeiten einer Bereinigung nicht geschaffen,<lb/> ^ut wenn dies neue Spanien selbst durch dynastische Allianzen allmcilig sich<lb/> ^bildet, so lag doch auch der Gedanke nahe, durch ähnliche Vorkehrungen<lb/> ^ der nächsten Generation vielleicht das pyrenäische Reich zu vollenden.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0175]
ren Mächte hatten nach ihrer Convenienz den Besitz eines kleineren Fürsten
unter sich völlig getheilt. Ueber den Schwächeren waren ganz unprovocirt
die Stärkeren hergefallen und hatten ihn sich unterworfen.
War das ein Resultat, das Bestand haben konnte, mit dem Ferdinand
sich begnügen durfte? Nicht lange dauerte der Friede und die Freundschaft.
Die Spanier wußten es einzurichten, daß sie in Neapel das numerische Ueber¬
gewicht über die französischen Truppen erlangten: ihr erster Feldherr, Gonzalo
de Cordova, führte den Befehl. Eine Zeit lang stand man ruhig neben ein¬
ander; inzwischen bereitete man die Lösung mit großer Umsicht und Behut¬
samkeit vor. Plötzlich gab es Streit zwischen den Soldaten der beiden Na¬
tionen: den Anlaß benutzten die Spanier: trotz tapferster Gegenwehr schlugen
sie die Franzosen zum Lande hinaus und überwältigten auch den Rest des
Königreiches, der ihnen bis dahin gefehlt. Und Ferdinand ist nun auch Kö¬
nig der beiden Sicilien geblieben; trotz der baroken Weise seines Eintrittes,
trotz der naiven Brutalität gegen seinen Mitbesitzer hat seine Herrschaft sich
behauptet: Frankreich hat in die vollendete Thatsache später sich zu fügen
gehabt.
Es ist gar nicht zu verkennen, diese Annexion von Süditalien an das
spanische Reich ist vornehmlich durch die persönliche Geschicklichkeit Ferdinand's
Zu Wege gebracht. Indem er jede Gelegenheit, die sich bot, ausnutzte, indem
er jedes verfügbare Mittel ganz rücksichtslos verwerthete, hat er diesen Macht-
Suwachs Spaniens vollendet. Wie er dabei im einzelnen Augenblicke die
europäischen Gegensätze und Rivalitäten sich dienstbar gemacht, dies ist hier
aus einander zu setzen nicht möglich — im großen haben wir die Richtungen
bezeichnet, innerhalb deren er agirt, und die Mittel angedeutet, mit denen
^ operirt.
Auf der heimischen Halbinsel war inzwischen die Verschmelzung Castiliens
Und Aragons zu einer politischen Einheit mächtig gefördert, ein spanisches
^ationalgefühl in den Kriegen gegen Granada und Frankreich und in Ita¬
lien, in den beutereichen Seefahrten über's Weltmeer erwacht und gehoben.
Was diesseit der Pyrenäen noch selbstständig war, durfte man hoffen auch
Uvah hinzuzugewinnen. Navarra war keinen Augenblick vor drohendem Ueber-
fall sicher-, ewe spanische Partei wurde daselbst von den Spaniern fortwährend
Unterhalten und gefördert. Mit Portugal stand es etwas anders: an eine
Eroberung dieses Königreiches war nicht zu denken, aber die vielfache und
Ununterbrochene Verflechtung der portugiesischen mit der spanischen Geschichte
^atte bis dahin innere Schwierigkeiten einer Bereinigung nicht geschaffen,
^ut wenn dies neue Spanien selbst durch dynastische Allianzen allmcilig sich
^bildet, so lag doch auch der Gedanke nahe, durch ähnliche Vorkehrungen
^ der nächsten Generation vielleicht das pyrenäische Reich zu vollenden.
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