Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.Greil betrifft, so braucht man wohl nur den Namen desselben zu nennen, Was die eigentliche Thätigkeit der Kammern betraf, so zeichnete sich die¬ Diese und die Jnterpellation des Abgeordneten Herz waren entschieden Was den Gesetzentwurf über den Geschäftsgang des Landtags anlangt, Die Herz'sche Jnterpellation betraf, wie die Leser wissen, die Kirchen¬ Um so glänzender und entschiedener erwies sich das Ergebniß. Denn die Greil betrifft, so braucht man wohl nur den Namen desselben zu nennen, Was die eigentliche Thätigkeit der Kammern betraf, so zeichnete sich die¬ Diese und die Jnterpellation des Abgeordneten Herz waren entschieden Was den Gesetzentwurf über den Geschäftsgang des Landtags anlangt, Die Herz'sche Jnterpellation betraf, wie die Leser wissen, die Kirchen¬ Um so glänzender und entschiedener erwies sich das Ergebniß. Denn die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0160" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192461"/> <p xml:id="ID_628" prev="#ID_627"> Greil betrifft, so braucht man wohl nur den Namen desselben zu nennen,<lb/> um die Unerhörtheit dieser Wahl zu charakterisiren. Er war es ja, der als<lb/> Budgetreferent einen Geschäftsbankerott der Kammer herbeiführte wie er bis¬<lb/> her noch ohne Gleichen ist, da man nach fünf Monaten noch kaum ein Drit¬<lb/> tel des Staatshaushalts erledigt hatte. Drastischer als durch diese Wahlen<lb/> hätte die patriotische Partei der Kammer kaum ausdrücken können, daß<lb/> die Ereignisse eines großen Jahres spurlos an ihr vorübergegangen find,<lb/> und wenn man noch vor Kurzem dort das Wort vernahm, daß die Gesetz¬<lb/> gebung hinter 1848 zurückgehen müsse, so zeigte nun die That, daß man<lb/> hinter 1870 zurückgeblieben war.</p><lb/> <p xml:id="ID_629"> Was die eigentliche Thätigkeit der Kammern betraf, so zeichnete sich die¬<lb/> selbe mehr durch negative, als positive Resultate aus und war vortrefflich<lb/> geeignet, um die Nothwendigkeit einer neuen, minder schleppenden Geschäfts¬<lb/> ordnung zu illustriren.</p><lb/> <p xml:id="ID_630"> Diese und die Jnterpellation des Abgeordneten Herz waren entschieden<lb/> die bedeutendsten Vorlagen, welche während der wenigen öffentlichen Sitzungen<lb/> zur Sprache kamen.</p><lb/> <p xml:id="ID_631"> Was den Gesetzentwurf über den Geschäftsgang des Landtags anlangt,<lb/> so war damit vor allem bezweckt, den schwerfälligen Apparat der 6 Ausschüsse<lb/> aufzuheben, und die unmittelbare Verhandlung vor dem Plenum zu erweitern.<lb/> Da die parlamentarischen Kräfte der Ultramontanen denen der Fortschritts¬<lb/> partei in keiner Weise gewachsen sind, während die vertrauliche Berathung<lb/> der Ausschüsse dem klerikalen Einfluß alle Chancen öffnet, so war man auf<lb/> den heftigsten Widerspruch der patriotischen Partei gefaßt. Allein auf der<lb/> anderen Seite hatten doch die letzten Wochen über die Untauglichkeit des bis¬<lb/> herigen Verfahrens ein so vernichtendes Zeugniß gefällt, daß selbst die vir¬<lb/> tuosesten Reactionäre nicht zu widersprechen wagten, und so ward der Ent¬<lb/> wurf der Regierung denn unverändert angenommen. Wie arg der geschäftliche<lb/> Marasmus in letzter Zeit geworden ist, mag man daraus entnehmen, daß<lb/> der Präsident am Schlüsse der Session geradezu für nöthig fand, das Nichts¬<lb/> thun der Kammer mit objectiven Hindernissen zu entschuldigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_632"> Die Herz'sche Jnterpellation betraf, wie die Leser wissen, die Kirchen¬<lb/> frage und forderte das Gesammtministerium heraus, seinen Standpunkt zur<lb/> altkatholischen Bewegung darzulegen. Die Aufregung in München war eine<lb/> ungeheure, ob und wie diese Antwort ertheilt werden würde und die Ver¬<lb/> zögerung derselben schärfte die Spannung.</p><lb/> <p xml:id="ID_633"> Um so glänzender und entschiedener erwies sich das Ergebniß. Denn die<lb/> Negierung hat sämmtliche Fragen der Fortschrittspartei bejaht und dem com<lb/> creten Fall eine principielle Tragweite gegeben, die heute noch unberechen¬<lb/> bar ist.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0160]
Greil betrifft, so braucht man wohl nur den Namen desselben zu nennen,
um die Unerhörtheit dieser Wahl zu charakterisiren. Er war es ja, der als
Budgetreferent einen Geschäftsbankerott der Kammer herbeiführte wie er bis¬
her noch ohne Gleichen ist, da man nach fünf Monaten noch kaum ein Drit¬
tel des Staatshaushalts erledigt hatte. Drastischer als durch diese Wahlen
hätte die patriotische Partei der Kammer kaum ausdrücken können, daß
die Ereignisse eines großen Jahres spurlos an ihr vorübergegangen find,
und wenn man noch vor Kurzem dort das Wort vernahm, daß die Gesetz¬
gebung hinter 1848 zurückgehen müsse, so zeigte nun die That, daß man
hinter 1870 zurückgeblieben war.
Was die eigentliche Thätigkeit der Kammern betraf, so zeichnete sich die¬
selbe mehr durch negative, als positive Resultate aus und war vortrefflich
geeignet, um die Nothwendigkeit einer neuen, minder schleppenden Geschäfts¬
ordnung zu illustriren.
Diese und die Jnterpellation des Abgeordneten Herz waren entschieden
die bedeutendsten Vorlagen, welche während der wenigen öffentlichen Sitzungen
zur Sprache kamen.
Was den Gesetzentwurf über den Geschäftsgang des Landtags anlangt,
so war damit vor allem bezweckt, den schwerfälligen Apparat der 6 Ausschüsse
aufzuheben, und die unmittelbare Verhandlung vor dem Plenum zu erweitern.
Da die parlamentarischen Kräfte der Ultramontanen denen der Fortschritts¬
partei in keiner Weise gewachsen sind, während die vertrauliche Berathung
der Ausschüsse dem klerikalen Einfluß alle Chancen öffnet, so war man auf
den heftigsten Widerspruch der patriotischen Partei gefaßt. Allein auf der
anderen Seite hatten doch die letzten Wochen über die Untauglichkeit des bis¬
herigen Verfahrens ein so vernichtendes Zeugniß gefällt, daß selbst die vir¬
tuosesten Reactionäre nicht zu widersprechen wagten, und so ward der Ent¬
wurf der Regierung denn unverändert angenommen. Wie arg der geschäftliche
Marasmus in letzter Zeit geworden ist, mag man daraus entnehmen, daß
der Präsident am Schlüsse der Session geradezu für nöthig fand, das Nichts¬
thun der Kammer mit objectiven Hindernissen zu entschuldigen.
Die Herz'sche Jnterpellation betraf, wie die Leser wissen, die Kirchen¬
frage und forderte das Gesammtministerium heraus, seinen Standpunkt zur
altkatholischen Bewegung darzulegen. Die Aufregung in München war eine
ungeheure, ob und wie diese Antwort ertheilt werden würde und die Ver¬
zögerung derselben schärfte die Spannung.
Um so glänzender und entschiedener erwies sich das Ergebniß. Denn die
Negierung hat sämmtliche Fragen der Fortschrittspartei bejaht und dem com
creten Fall eine principielle Tragweite gegeben, die heute noch unberechen¬
bar ist.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |